Durch Lisa Unruhs Olympia-Silber ist Bogenschießen jetzt im Fokus. Eine freizeittaugliche Variante dieses Sports bietet der Biberburg-Parcours im Wald bei Berschweiler. Dank Ausrüstungsverleih und Betreuungs-angebot kann dort jeder auf den Spuren Robin Hoods wandeln.
Lutwin Meisberger hat seinen selbstgebauten Bogen dabei. Und eine Jahreskarte für den Biberburg-Parcours. Auf dieser ganz besonderen Sportanlage im malerischen Wald zwischen Marpingen und Berschweiler, wo sich auch der Premium-Wanderweg Biberpfad hindurchschlängelt, hat er sein persönliches Freizeitparadies gefunden. "Eigentlich kam ich über das Bogenbauen zum Bogensport", erzählt er. Den Biberburg-Parcours entdeckte er zufällig beim Spazierengehen. "Und da wars um mich geschehen." Das war 2014, als sich der Parcours noch im Aufbau befand.
Seit der offiziellen Eröffnung im Sommer 2015 hat Meisberger mitgezählt: "214 Mal bin ich ihn jetzt schon abgegangen." Sein roher Bogen ist aus heimischem Holunder, der "Eibe des kleinen Mannes", wie er scherzt. Eibenholz war einst das begehrteste Material für die legendären Langbögen zu Robin Hoods Zeiten. Heute beherrschen moderne Verbundwerkstoffe mit Glasfaser und Carbon den Bogenbau.
Auf derlei Hightech hat Meisberger keine Lust. "Früher schoss ich Luftgewehr, die Ausrüstung wurde immer umfangreicher", erzählt er. Das ist vorbei. Im Griffstück seines einteiligen Bogens sieht man noch den Markkanal des Astes, aus dem er ihn schnitzte. Bogen-Purismus. Zurück zu den Wurzeln. "Mein Ziel ist Entspannung, Ausgleich, Abschalten", sagt der Freizeitsportler. Dazu durchstreift er den Wald bevorzugt alleine, sucht die Ruhe in der Einsamkeit der Natur. "Obwohl der Parcours ein Stück des Premium-Wanderwegs Biberpfad nutzt, sind hier nur wenige Wanderer unterwegs." Seine selbstgemachten Bögen im Schlepptau, stellt er sich den Herausforderungen des Biberburg-Parcours: der Jagd nach Tierattrappen, die im Wald versteckt sind.
Besonderheit 3D-Bogenschießen
Jetzt ist der Bär an der Reihe, Ziel Nummer 20. Bedrohlich aufgerichtet steht er hangaufwärts. Der Holunderbogen wird gespannt. Auf das kurze Surren der Bogensehne folgt ein sattes Plopp. Treffer. Man kann es hören, ob der Pfeil ins Tier oder auf den Waldboden trifft. Die Tiere auf dem Biberburgparcours sind lebensgroße Attrappen aus einem Spezialschaumstoff. Weil hier nicht auf flache Scheiben, sondern auf dreidimensionale Ziele geschossen wird, heißt die Sportart 3D-Bogenschießen. Das ist der größte Unterschied zum TV-bekannten Olympischen Bogenschießen. Beim 3D-Sport steht der Spaß in freier Natur im Vordergrund. Erlaubt sind praktisch alle Bogenarten, vom selbstgebauten Flitzebogen über klassische Lang- und Recurvebögen bis hin zu modernen Compound-Schießmaschinen. Aber keine Armbrust. Die geht nicht als Sportgerät durch.
Die beliebteste Wettkampf-Disziplin im 3D-Sport ist die Dreipfeilrunde. Pro Ziel hat man drei Versuche. Auf den Tieren sind Trefferzonen markiert. Ziel ist ein Treffer ins sogenannte Kill, wo beim richtigen Tier Herz und Lunge wären. Eben wie bei einer Jagd. Ein Kill-Treffer bringt maximal 20 Punkte, der restliche Körper 18. Trifft man erst beim zweiten oder dritten Versuch, gibts vier oder acht Punkte weniger.
Der Biberburg-Parcours ist als knapp vier Kilometer langer Rundweg mit insgesamt 28 Stationen angelegt, so wie es auch bei internationalen 3D-Turnieren üblich ist. Jede Station bietet ein oder mehrere Ziele unterschiedlicher Größe in unterschiedlichen, jeweils unbekannten Schuss-Entfernungen von 5 bis 55 Metern. Hier ein einsamer Wolf, dort eine Wildschwein-Rotte. Hinzu kommen verschiedene Schusswinkel, mal bergauf, mal bergab. Das alles macht die Schwierigkeit und den besonderen Reiz dieser Sportart aus. Beim 3D-Bogenschießen wird von farbigen Holzpflöcken aus geschossen. Auf dem Biberparcours steht blau für kurze, einfachere Schüsse. Gelb ist am weitesten entfernt vom Ziel, rot dazwischen. So können auch gemischte Gruppen gemeinsam den Parcours nutzen. Zum Beispiel schießen die Erwachsenen von Rot und die Kinder anschließend von Blau.
Ansprechpartner David Kossmann
Dass es hier im Wald überhaupt so einen Parcours gibt, den einzigen im Saarland, ist David Kossmann zu verdanken. Er ist von Beruf Bogenbauer, zertifizierter Trainer und Sachverständiger für Bogensportanlagen. Im benachbarten Urexweiler betreibt er seine Bogenmanufaktur DK Bow-Factory. Er eröffnete im Frühjahr vergangenen Jahres eine Bogensportschule und im Sommer den Parcours. "Dreieinhalb Jahre dauerte das Genehmigungsverfahren", erzählt er. Die Gemeinde Marpingen hatte so ihre Schwierigkeiten mit dem Plan des Jungunternehmers. Bogenschießen im öffentlichen Wald, noch dazu entlang eines touristisch attraktiven Premium-Wanderweges? "Dabei ist diese Sportart praktisch gefahrlos, wenn man bestimmte Regeln beachtet", erklärt David.
Tierfreundlich: Geschossen wird auf Attrappen
Auf dem Biberparcours stehen zum Beispiel alle Schützen mit dem Rücken zum Wanderweg. Kein Pfeil kann einen Weg kreuzen. Zusätzlich weisen Warnschilder auf den Parcours hin. Tatsächlich zeigen auch die positiven Erfahrungen in anderen Ländern wie etwa Österreich und den USA, wo der 3D-Bogensport sehr populär ist, dass es auf fachgerecht betriebenen Parcours praktisch nie zu Unfällen kommt.
Familientauglicher Outdoor-Sport
"Bogenschießen ist gut für Körper und Geist und auch prima für Kinder und Jugendliche geeignet", sagt David Kossmann. In seiner Bogensportschule Saar sind mehrere Generationen am Start. So wie Familie Hoffmann, die gerade gemeinsam über den Parcours streift. Als Mitglieder der Bogensportschule können sie den Parcours ganzjährig kostenfrei nutzen. "Ich kam über das therapeutische Bogenschießen zum Sport", erzählt Vater Marko Hoffmann. Er wollte etwas gegen seine Rückenverspannungen und gegen den Berufsstress tun. Später steckte er seine Frau Simone Hoffmann und Sohn Jan mit seiner Begeisterung an. Auf dem Parcours treffen sie oft Bekannte.
Viele bevorzugen traditionelle Bögen
Die beiden Erwachsenen schießen traditionelle Bögen aus edlen Hölzern, alle in Kossmanns Bogenmanufaktur handgefertigt. Die Optik der Bögen passt am besten zu so einem Parcours im Grünen, finden sie. Ihr Sohn dagegen bevorzugt einen modernen Jagdbogen aus Carbon, der dem olympischen Bogen ähnelt, jedoch ohne Visier auskommt. Die meisten Schützen auf dem Parcours bevorzugen den traditionellen Schießstil ohne Visier. Auch Madeleine Kunz. "Für mich ist der Bogensport eine tolle Möglichkeit, abzuschalten, loszulassen", sagt sie. "Man kann den Sport in der Natur und gemeinsam mit Freunden betreiben. Und hier in diesem wunderschönen Waldstück macht es besonders viel Spaß."
Mittlerweile hat sich die Psychologiestudentin beim Deutschen Feldbogensportverband (DFBV) zur Bogensportleiterin ausbilden lassen, im Herbst steht der Trainerlehrgang an. So hilft sie ihrem Freund David Kossmann als Co-Trainerin. Kossmann selbst verfolgt derweil schon weitere Pläne: Auf dem wenige Kilometer entfernten Schaumberg in Tholey soll bald ein zusätzlicher, noch größerer Parcours entstehen. Hermann Josef Schmidt, der Bürgermeister von Tholey, hat den touristischen Mehrwert des Vorhabens erkannt. Noch in diesem Jahr soll das Gelände erschlossen werden.
Ausrüstung leihen? Anruf genügt
Der Einstieg zum Biberparcours ist identisch mit dem des Premiumwanderwegs Biberpfad: das Naturerlebniszentrum Biberburg in Berschweiler. Im Wald oberhalb des Zentrums markiert ein Einschießplatz mit Infotafel Start und Ende des Parcours. Ab kommenden Winter plant David Kossmann einen neuen Startpunkt mit eigenem Parkplatz. Der Eintritt zum Parcours kostet für Erwachsene zehn Euro, für Jugendliche fünf Euro. Kinder zahlen nichts. Es gibt Monats-, Halbjahres- und Jahreskarten. Auch interessierte Bogensport-Laien können den Biberburg-Parcours nutzen. David Kossmann verleiht für fünf Euro Pfeil und Bogen samt Schutzausrüstung. "Zumindest am Anfang empfehle ich, sich die richtige, sichere Schießtechnik zeigen zu lassen", sagt der Trainer. Er bietet für Einzelpersonen und Gruppen Bogenstunden an.
Für größere Gruppen und Firmen gibt es zusätzliche Trainer. Es kann durchaus passieren, dass man als Besucher des Biberburg-Parcours auf Betriebsausflüge und Kindergeburtstage trifft. Vor der ersten Anreise heißt es also auf jeden Fall: erst anrufen, dann schießen.
Von Peter Böhnel
Kontakt: David Kossmann, Telefon 0177-1652485, www.dk-bowfactory.de
Info:
Schnupperbogenschießen am Samstag, 17. September, von 10 bis 17 Uhr, Bogensportschule Saar, Remmesweilerstraße 20a, 66646 Marpingen-Urexweiler
Wer sich für das 3D-Bogenschießen interessiert, kann es an diesem Tag unter Anleitung gratis ausprobieren. Auf der großen Trainingswiese der Bogensportschule Saar. Am Ortsausgang von Urexweiler Richtung Remmesweiler rechts abbiegen. Der Eintritt ist frei.