Gesundes Essen wächst oft einfach am Wegesrand. Wie man Wildkräuter findet und was man mit ihnen machen kann, das lernt man beispielsweise bei Kräuterfrau Heidemarie Fritzsche, die einmal im Monat in Berlin-Buch unterwegs ist.
Treffpunkt ist der Bahnhofsvorplatz in Berlin-Buch um 13 Uhr. Mehr weiß ich auch nicht, denn die Organisatorin der Wildkräuterwanderung, Heidemarie Fritzsche, habe ich vorab nicht sprechen können. Daher bin ich ziemlich gespannt, was mich nach der langen S-Bahn-Fahrt in den Norden Berlins erwartet. Rund eine Viertelstunde vor Beginn der Wanderung warten am Treffpunkt bereits etwa 20 Personen eine bunt gemischte Truppe, Frauen und Männer zwischen Anfang 20 und Ende 60. Und dann kommt Kräuterexpertin Heidemarie angeradelt. Deutlich im Rentenalter aber unglaublich vital wirkend. Sie begrüßt jeden mit Handschlag, bietet das "Du" an.
Dann gehts auch schon los. Nur ein paar Minuten laufen wir und sind auch schon im Wald. Die Luft fühlt sich frisch und rein an, wir stehen in üppiger Natur obwohl noch in Berlin. Und Heidemarie erzählt uns zunächst, wie sie vor Jahren ihre Ernährung umstellte auf Rohkost aus gesundheitlichen Gründen. Wesentlich besser ginge es ihr seitdem, sie hacke sogar selbst Holz, sagt die ehemalige Grafikerin stolz.
Ihre Einführung ist sehr ausführlich mit vielen Informationen zu den hier wachsenden Kräutern und zu deren Heilwirkung. Denn vieles, was selbst in Berliner Wäldern wächst, kann zu Tees oder Smoothies, zu Aufgüssen, Salben oder Tinkturen verarbeitet werden. Zum Beispiel die Brennnessel. Fast eine halbe Stunde stehen wir vor einem solchen Feld und Heidemarie erklärt ausführlich, was man alles mit der "Königin der Wildpflanzen" machen kann.
Die ist überaus gesund gerade für diejenigen, die kein Fleisch essen. Ein Eisenlieferant par excellence mit circa 2,2 Milligramm pro 100 Gramm, ungefähr die Eisenmenge in einem frischen 100 Gramm Rinder-Steak. Auch beim Kalzium liegt die Brennnessel ganz weit vorn und viele weitere Vitamine und Mineralstoffe sorgen dafür, dass die Pflanze bei vielen Beschwerden und Krankheiten helfen kann zum Beispiel bei Rheumatismus, Gicht oder Magenproblemen. Aber, auch darauf macht Kräuterfrau Heidemarie aufmerksam, die Dosierung sei bei der Pflanze das "A und O" genauso wie bei anderen Wildkräutern auch.
Als nächstes Kraut lernen wir das Scharbockskraut kennen, ich höre zum ersten Mal davon. Ein wichtiger Vitamin-C-Träger, sagt Heidemarie Fritzsche und deutet auf die bis zu 20 Zentimeter hohen Pflanzen mit ihren gelben Blüten. Früher nahmen Seeleute das Scharbockskraut mit auf Reisen, denn es half ihnen, lange Fahrten ohne Skorbut zu überstehen. Und Kräuterkundige verwenden die Pflanze heute auch gern gegen Hautunreinheiten.
Insgesamt vier Stunden dauert die Kräuterwanderung
Wenn Kräuterführerin Heidemarie sich erst einmal warm geredet hat, dann hört sie so schnell nicht auf. Und guckt dann ein wenig streng, wenn Gruppenteilnehmer zwischendurch miteinander ins Gespräch kommen. Aber dennoch gibt die etwa vier Stunden lange Wanderung einen guten Überblick über die heimische Kräuterwelt. Am Ende weiß ich nicht nur, wie Gundelrebe, Knoblauchrauke, Ruprechtskraut und Spitzwegerich aussehen, sondern habe auch erfahren, wie die Pflanzen am besten gesammelt, aufbewahrt und weiterverarbeitet werden. Heidemarie schärft uns ein: Wildkräuter nicht an Straßen oder im Stadtzentrum sammeln; im Schatten trocknen und nicht einfrieren, denn so erhalten sich ihre Inhaltsstoffe am besten. Und gesammelte Kräuter halten sich in einem Glas im Kühlschrank circa eine Woche. Kräuter müsse man nicht unbedingt waschen, sagt Heidemarie, was einige skeptische Blicke aus der Gruppe hervorruft.
Es ist ganz schön warm und ein bisschen stickig, und die Mücken starten ihre Angriffe. Ein Teil der Gruppe macht sich auf den Rückweg, andere laufen mit Heidemarie bis Röntgental weiter. Dort endet die Wildkräuterwanderung auf einer Wiese, kurz hinsetzen und die Füße ausruhen lassen. Und Heidemarie hat zum Abschluss noch ein paar Tipps parat: unbedingt regelmäßig Wildkräuter in den Speiseplan aufnehmen, am besten roh und frisch.
Als ich mich auf den Rückweg zur S-Bahn mache, ist es noch immer angenehm warm. Die Sonnenstrahlen fluten den Waldboden, und mein Weidenkörbchen ist gut gefüllt. Mit Brennnesseln, Giersch, Knoblauchsrauke, Spitzwegerich und Löwenzahn. Morgen gibt es Wildkräuter-Salat.
Paulina Sos
Info:
Wildkräuterwanderungen in Berlin
Mit Heidemarie Fritzsche durchs Panketal:
Zeit: Jeden ersten Samstag im Monat, 13 Uhr ganzjährig
Treffpunkt: Bahnhofsvorplatz S-Bahnhof Berlin-Buch
Kosten: Wertschätzung/Spende
Web: www.wildkraeuterfruehstueck.de
Mit Elisabeth Westphal im Biesenthaler Becken:
Zeit: Frühjahr, Sommer, sonntags, 10 bis 15 Uhr
Treffpunkt: Wendeschleife am Ende Langerönner Weg Biesenthal
Kosten: sieben Euro
Infos: andreas_krone@t-online.de