2017 stehen zahlreiche spannende Entscheidungen an weltweit
Für viele schien das vergangene Jahr eines ständiger politischer Umwälzungen zu sein, sowohl innen- wie auch außenpolitisch. Wie immer bekommen in Demokratien die Regierungen, die sich mal geschickter, mal weniger fähig diesen Veränderungen gestellt haben, durch Wahlen die Quittung ausgestellt. Das gilt nicht nur für Deutschland, dessen föderales System mit unkoordinierten Wahlterminen aus der Bundesrepublik eine Nation im permanenten Wahlkampf macht mit allen damit verbundenen negativen Konsequenzen.
2017 ist für viele Bürger dieser Welt ein wichtiges Jahr, soweit es die Ausübung demokratischer Rechte angeht. Es lohnt sich daher, zum Jahresbeginn einen interessierten Blick auf wichtige Wahlgänge weltweit zu werfen.
Beginnen wir aber vor der eigenen Haustür. Die Wahl des neuen Bundespräsidenten am 12. Februar ist dabei noch ein Auftakt ohne Höhepunkte: Wir wissen bereits, wer das Amt bekleiden wird.
Spannender wird es am 26. März bei der Landtagswahl im Saarland, gefolgt im Mai durch die Wahlgänge in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, dem größten Bundesland. Quasi schon eine Vorentscheidung für die Bundestagswahl im Herbst, die dann der krönende Abschluss des Wahlmarathons ist. Bis dahin werden wir in vielen Regionen Deutschlands den Wald vor lauter Wahlplakaten nicht mehr sehen können. Ob es um die Kanzlerfrage geht, um weitere Erfolgen der AfD oder den Wiedereinzug der FDP in den Bundestag: Viele spannende Fragen werden eine Antwort bekommen.
Doch auch außerhalb Deutschlands finden Wahlen statt, die uns direkt oder indirekt beeinflussen werden. Die Parlamentswahlen in den Niederlanden am 15. März sind, wie in Deutschland, ein Kräftemessen zwischen rechtspopulistischen und gemäßigten Kräften. Am 23. April wählt Frankreich einen neuen Präsidenten, gefolgt von der Parlamentswahl am 11. Juni. Hier wird das Abschneiden des Front National unter der Führung von Marine Le Pen nicht nur in Deutschland aufmerksam verfolgt werden.
Für die EU ebenfalls wichtig sind die Präsidentschaftswahlen in Serbien im Mai mit der Frage, ob sich die russlandfreundlichen, ja beinahe -hörigen Kräfte weiter durchsetzen werden und die Parlamentswahlen in Albanien im Juni, denn damit werden möglicherweise auch Weichen für die weitere Entwicklung eines wichtigen Balkanstaates gestellt, was direkte Konsequenzen auf Migrationsbewegungen haben könnte.
Ebenfalls von großer Relevanz ist die Parlamentswahl in der Tschechischen Republik im Oktober, da dort auch Voraussetzungen für Art und Qualität der künftigen innereuropäischen Kooperation geschaffen werden.
Verlassen wir schließlich das europäische Haus, so könnte zuerst der Eindruck entstehen, dass nach der US-amerikanischen Präsidentschaftswahl 2016 so schnell nichts Wichtiges mehr kommen kann. Doch dem ist nicht so: Am 19. Mai wählt man im Iran einen neuen Präsidenten, was trotz restriktiver Rahmenbedingungen immer auch Ausdruck des Ringens zwischen Betonfundamentalisten und Reformern ist.
Die Parlamentswahl im ostafrikanischen Kenia am 8. August wirft das Schlaglicht auf die dominante Wirtschaftsmacht in der Region und kann daher sowohl stabilisierende wie auch destabilisierende Effekte auf die Nachbarn haben. Bei der Präsidentschaftswahl am 10. Oktober in Liberia geht es um die Frage, wer das Erbe der bisher einzigen afrikanischen Staatschefin antreten wird und ob der ehemalige Weltfußballer George Weah eine ernsthafte Chance hat, es im erneuten Anlauf zu schaffen.
Und schließlich ist da die Parlamentswahl im Libanon, einem Land, das bei der Bewältigung der syrischen Flüchtlingskrise und der Steuerung der sich daraus ergebenen Wanderungsbewegungen von zentraler Bedeutung ist und seit Jahren in einer heftigen innenpolitischen (und ökonomischen) Krise steckt.
Fazit: Das Jahr 2017 wird ein spannendes Wahljahr vor allem dann, wenn man nicht nur den eigenen Bauchnabel betrachtet, sondern auch über die deutschen Grenzen blickt. In einer Welt, in der alles mit allem zusammenhängt, sollte uns dieser Blick die Mühe auf jeden Fall wert sein.
Von Dirk van den Boom
Dirk van den Boom, geboren 1966 in Fürstenau, studierte Politikwissenschaft in Münster und arbeitet als Consultant in den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit, Migrationspolitik und Sozialpolitik. Er ist selbstständig, schreibt Romane und lebt in Saarbrücken.
POLITIK
picture alliance / blickwinkel/McPHOTO
Das Jahr der Wahlen
MEHR AUS DIESEM RESSORT
Nachrichten aus Wirtschaft und Politik (12.4.2024)
Drei Fragen ...
12.04.2024
Nach gedacht: Trennlinien
Der Mensch ist ein widersprüchliches Wesen, das alles ganz gerne einde ...
12.04.2024
Neuorientierung
Die Zeitenwende bei der Bundeswehr ist zwar finanziert, aber d ...
12.04.2024
Kinder müssen warten
Es sollte das große sozialpolitische Reformprojekt werden. Soz ...
12.04.2024
Mühsame Erfolgsgeschichte
20 Jahre ist die letzte große EU-Erweiterungsrunde her. Ein mü ...
12.04.2024
Nahaufnahme: Hass, Hetze, Gewalt
Die Sprache von Donald Trump wird noch aggressiver und sprengt ...
12.04.2024
Nachrichten aus Wirtschaft und Politik (5.04.2024)
In eigener Sache: unser Papier ...
05.04.2024
Nach gedacht: Schwierige Wahrheiten
Der Dauerregen kann schon ganz schön aufs Gemüt gehen. Das Saarland is ...
05.04.2024