Robert von Lucius, Henning Kreitel: Nochn Bier? ... Mitteldeutscher Verlag. ISBN: 9783954628827.
Nach dem Band "Uffn Bier", der sich vor allem den Altberliner Kneipen nördlich der Spree annahm, hat der Mitteldeutsche Verlag nun auf die Kritik der Leser reagiert und ein weiteres Buch herausgebracht, das sich den Altberliner Kneipen südlich der Spree widmet. Rund zehn Seiten beansprucht solch ein Kneipenporträt, wobei stimmungsvolle, oft grobkörnige Fotos der schummrigen Lokalitäten schon mehr als die Hälfte des Platzes beanspruchen. Die Auswahl zeugt von einer profunden Recherche: da sind der Leuchtturm im Crellekiez, Wilhelm Hoeck 1892 im tiefen Charlottenburg, das Wirtshaus Wuppke am Savignyplatz, das Yorckschlösschen, das noch übrig blieb am Kreuzberger Trampelpfad, das Narkosestübchen im Schöneberger Kiez oder Zum Goldenen Hahn.
Im Vorwort entschuldigt sich der Autor gleich, dass er stadtbekannte Kneipen wie das "Diener Tattersall", "Alter Krug Dahlem, die "Henne" oder die "Schöneberger Weltlaterne" nicht berücksichtigen könne, da diese streng genommen in die Kategorie Restaurant gehören. Während seiner Recherche, die ihn so einige Glas Bier kosteten, kamen dem Autor so einige Anekdoten zu Ohr. So saßen im Wirtshaus Wuppke in den 30er-Jahren Leute von der SA, in den 60er-Jahren dann die von der RAF und der Kommune 1, die ihr Domizil in Moabit hatte.
Aus langen Kneipennächten stammt wohl auch die Beobachtung, dass die älteren Stammgäste meist früh am Abend auftauchen, während sich zu später Stunde die Kneipe mit Studenten füllt, die zum einen die günstigen Bierpreise zu schätzen wissen, aber auch das "Echte" der früheren Jahre.
Dem vielzitierten Sterben der Altberliner Eckkneipe setzt der Autor in der Einleitung eine interessante Zahl entgegen: Gegen den Trend in Deutschland, nach dem die Zahl der Wirtshäuser zurückgeht, hat deren Zahl in Berlin sich nach 2000 nahezu verdoppelt! Die neuen Cocktailbars und Szene-Kneipen haben allerdings mit den ehrwürdigen Berliner Institutionen so wenig zu tun wie ein Currywurststand mit der Feinkostabteilung des KaDeWe.