Während Bundeskanzlerin Angela Merkel manche ihrer Entscheidungen mit "alternativlos" begründete, sprach Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier davon, er wolle Bürgern mehr "Mut machen". In diesem Zusammenhang kommt ein Buch gerade richtig: "Wer der Herde folgt, sieht nur Ärsche". Der Schauspieler und Dokumentarfilmer Hannes Jaenicke (57) fordert auf, mit Haltung und Rückgrat die Herde zu verlassen wenn es angebracht ist.
Jaenicke: "Es ist frustrierend. Sobald sich jemand traut, aus der Masse auszuscheren und eine neue, gute Idee zu artikulieren, wird er sofort zurückgepfiffen und wieder eingenordet." Anhand von Stefan Zweigs "Sternstunden der Menschheit" stellt Hannes Jaenicke fest, dass es unter all den beschriebenen Abenteurern und Entdeckern keinen Deutschen gab. Deutschland, ein Volk von brillanten Stubenhockern? Neid, Missgunst, Schadenfreude, das sei der deutsche Triathlon. Jaenicke: "Wir brauchen dringend Helden." Also: Männer und Frauen, die gegen den Strom schwimmen, bei Schwierigkeiten nicht sofort aufgeben.
Mit Humor zeigt Hannes Jaenicke auf, wie lächerlich käufliche Individualität sein kann. Beispiel: In München stünden so viele Porsche 911er und Range Rover im Stau, dass ein Ford Fiesta geradezu ins Auge steche. Oder: Einst ließen sich nur Außenseiter Tattoos stechen. Inzwischen gehe auch bei vielen Fußball-Profis, Supermarktverkäuferinnen und BWL-Studenten über dem Bauchnabel die Sonne auf. Es gelte also, auszubrechen aus dem Hamsterrad-Kreislauf. Tenor: Die Welt braucht Menschen, die sich nicht an medial gehypten Themen von Mord und Totschlag, Lug und Trug orientieren. Menschen, die dem Treiben des Bösen, Dummen und Gierigen nicht untätig zusehen.
Zitiert wird Albert Einstein: "Die reinste Form des Wahnsinns ist, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert." Damit fordert der Autor auf, aufzustehen und sich einzumischen.
Günther Wettlaufer