Bisweilen klingen einer schmerzhaften Trennung abgetrotzte Alben komplett verzweifelt, manchmal rasend zornig, ab und an reuevoll oder erschöpft, selten nur rundum hoffnungsvoll. "Stitch Of The World" birgt alle diese Anteile in fein austarierten, gleichwohl hoch intensiven Dosierungen in sich. Schon die Songtitel zeugen davon: "Heartache Is An Uphill Climb", "Love Soldiers On", "My Boat", "Proclamation Bones", der Title-Track ...
Was der Singer-Songwriterin Tift Merritt dabei durchweg gelang: den Kopf hoch zu halten. "Empty your pockets of stones / that light-hearted you may go (for you must go) rät die hoch gehandelte Singer/Songwriterin im zentralen Titel-Song: den hemmenden Ballast loszuwerden und nach vorne blickend weiterzugehen. Was bleibt einem auch anderes übrig? Eben.
Es ist ein Genuss, Zeuge dieses Prozesses zu sein. Zum einen, weil die als Catherine Tift Merritt geborene 41-Jährige schon lange zur Speerspitze der Country/Folk-Szene zählt und ihre charismatisch-grazile Stimme genauso verlässlich in den Bann zieht wie makelloses Liedgut oder immense Fähigkeiten an Tasten und Saiten. Aber auch, weil ihr mit Eric Heywood (Pedal Steel), Sam Bean (Produktion), Marc Ribot (Gitarre, Ukulele, Banjo), Jay Bellerose (Schlagzeug) und Jennifer Condos (Bass) die Crème de la Crème besagter Sparte zur Seite stand. Egal, ob die Kalifornierin tief ins Country-Fach eintaucht und dafür die Pedal-Steel schwelgen lässt, ob sie zarte Melodieverliebtheit zelebriert oder auch einmal polternde Offensiv-Kräfte entfaltet alles hier hat genauso viel Stilwillen wie Herzblut. Und Würde. Dazu passt, dass es sich die Musikkünstlerin nicht nehmen ließ, den Text des Info-Zettels der Promo-CD höchst selbst zu verfassen. Darin gesteht Tift Merritt augenzwinkernd, dass sie besorgt war, die ganze Welt könne ihr bisheriges Leben nun für einen einzigen, klassischen Country-Song halten. Und wenn, sollte es doch wenigstens ein richtig guter gewesen sein ...
Keine Sorge, Tift Merritt, nur wenige Werke enthalten so viele herausragend gute Country-Songs wie das Album "Stitch Of The World".
Andreas Lüschen-Heimer