Ein Band-Trio aus dem Saarland, Sängerin Franziska Weber und die Gitarristen Dirk Raber und Christoph Brachmann, setzen auf Emotionen und Atmosphäre: "Me in the forest" ist eine Band mit einer großen Portion Authentizität.
Der letzte Abend vor den Dreharbeiten stürzt Franziska Weber in ein modisches Dilemma. "Kurzerhand griff ich zum Telefon und klingelte bei allen meinen stilsicheren Freundinnen durch", sprudelt es aus der Sängerin heraus, während sie die kleine Seitenstraße Richtung Landwehrplatz überquert. Es steht gerade eine weitere Probe der Band "Me in the forest" an. Den kurzen Weg zum Proberaum Franziska wohnt in direkter Nähe nutzt die quirlige Frontfrau, um von ihren kleinen Eskapaden rund um das erste Video "We wont get useless" zu berichten. In einen schwarzen Mantel eingewickelt, fährt die junge Frau mit melodischer Stimme fort: "Dabei ging es um mein Outfit, also den Look, in dem ich mich in unserem ersten Video präsentieren wollte." Lässig sollte er sein, authentisch und mühelos so wie die Musik der Band. Doch auf einmal scheint am Abend vor dem Dreh nichts mehr gut genug zu sein. "Natürlich traf ich eine Vorauswahl an Kostümen", fügt die Sängerin leicht verlegen hinzu und wirft dabei eine schwere Haarsträhne über die Schulter. Ihre dichte blonde Mähne lässt an Brigitte Bardot denken, die zahlreichen Nuancierungen ihrer Stimme erinnern an die verstorbene britische Sängerin Amy Winehouse. "Die meisten Frauen werden diese Probleme kennen", berichtet sie mit einem breiten herzhaften Lächeln, "wenn auf einmal nichts zueinander zu passen scheint."
Der weibliche Freundeskreis zeigte sich verständnisvoll und half der Sängerin aus ihrer "Krise". Mit einem Koffer voll ausgeliehener Klamotten ging es für die dreiköpfige Band in aller Frühe zum Drehort. Dafür wählten die Musiker eine idyllische Heide am Schwarzwaldrand. Ein Storyboard gab es für das erste Video nicht. Auch keinen genauen Drehablauf. Es war eine klassische Low-Budget-Produktion basierend auf Improvisation. Das Filmteam bestand aus Freunden. Sie halfen auch der Sängerin mit ihren Kleidern, schleppten die Koffer auf die Wiese. Gebraucht wurden die Berge bunter Sommerkleider, edler Oberteile und schicker Röcke, gespickt mit zahlreichem Schmuck im Endeffekt doch nicht.
Augenblicke
genießen
"Als wir endlich angekommen waren, ging auf einmal alles von alleine", berichtet die Sängerin leicht nostalgisch. Der warme Sommermorgen gab dem Team einen eigenen Rhythmus vor, die Band passte sich der Stimmung an. "Es hat sich einfach alles sehr natürlich zusammengefügt", schildert Franziska ihre Eindrücke. Zum Einsatz kam ein zart beiges Oberteil, eines ihrer Lieblingsstücke kombiniert mit einer dunklen Hose. "Der Look sollte auch nicht von der Musik ablenken", erklärt die Sängerin ihre Auswahl, "das Video sollte das Wesentliche widerspiegeln die Atmosphäre. Alles andere lenkt doch nur ab."
Damit greift Franziska parallel zu ihrer Musikerkarriere studiert die vielseitige Sängerin Soziale Arbeit die Philosophie ihrer Band auf. "Bei uns geht es um den Moment. Wir möchten die Hörer kurz anhalten, zur Ruhe kommen lassen und einfach nur den Augenblick genießen. Schließlich ist unsere Welt dynamisch genug. Die meisten Eindrücke bleiben flüchtig, ziehen einfach so vorbei und das ist sehr schade."
Die Band "Me in the forest" gibt es seit zwei Jahren. Neben Sängerin Franziska Weber gehören die beiden Gitarristen Dirk Raber und Christoph Brachmann zur Formation. Christoph schreibt die vielseitig interpretierbaren Texte.
Plötzlich bricht Franziska ihre Erzählung ab. "Wir sind da", kündigt sie freudig an und drückt auf eine weiße Türklingel. Sie steht vor einem Wohnhaus, mitten im Herzen von St. Arnual. "Ich weiß, die meisten Musiker proben in ausgelagerten Räumen", erklärt die Sängerin. Doch diese Band ist anders: Geübt wird beim Musikerkollegen Christoph.
Eine Wendeltreppe führt in die zweite Etage. Die Wohnungstür von Dirk steht sperrangelweit offen. Die gemütliche Dreizimmerwohnung erhellen kleine weiße Lichterketten. Auf Deckenlicht verzichtet die Band gänzlich. "Schließlich sind wir nicht beim Verhör", witzelt Dirk.
Im Wohnzimmer präsentieren sich dem Eintretenden zahlreiche Gitarren. Mittendrin steht ein dunkler Couchtisch. Darauf platzierte der zuvorkommende Gastgeber schon mal die Kaffeetassen und einen Aschenbecher. Leise Hintergrundmusik rundet die gemütliche Atmosphäre ab.
Ein Glücksfall bringt die Bandkollegen vor zwei Jahren zusammen. Zu diesem Zeitpunkt spielen die Musiker noch in unterschiedlichen Bands, proben jedoch auf der gleichen Etage. Nach ersten Hörproben die Musik geht im wahrsten Sinne des Wortes durch die Wand
nähern sich die zukünftigen Bandmitglieder an. Zwei Musik-Combos lösen sich auf manche Mitglieder gehen gänzlich der Rest findet sich zur neuen Band. Ihre Musikrichtung: Entspannter Indie Folk mit einer ordentlichen Portion hippiesker Melodie-Seligkeit und einem Hauch von Soul.
Auch die Namensfindung blickt auf einen kuriosen Ursprung. "Jedem, dem wir unsere Stücke zu diesem Zeitpunkt hatten wir nur wenige Lieder
vorgespielt haben, schlug sofort eine Parallele zur Natur", berichtet Dirk weiter. "Wald, Wiese, Bäume alles war vertreten. Deswegen auch der Name: Me in the forest".
Mit der ersten Videoauskopplung startet die neue Formation durch. Es folgen kleine Konzerte im Raum Saarbrücken. Einen der emotionalsten Auftritte erlebt die Band bei einem Wohnzimmerkonzert. "Eigentlich wollten wir nur für ein paar Freunde spielen", fasst Dirk das Chaos zusammen. Doch bei den Einladungen über Facebook kommt es zu einer Panne: Plötzlich wird die Veranstaltung öffentlich, die Musiker haben keine Kontrolle mehr über die Liste ihrer Gäste. Sie kommen in Scharen, das bestuhlte Wohnzimmer muss komplett ausgeräumt werden.
"Es war eine unglaublich schöne Erfahrung", schwärmt Franziska. Jugendliche, ältere Menschen und Kinder genießen an diesem Abend das romantische Programm von "Me in the forest". Aufgrund der Enge schaffen es manche Gäste nicht mal bis ins Wohnzimmer und drücken sich in den Eingangsbereich der Wohnung. "Das haben wir uns nicht träumen lassen", gesteht die Sängerin, "umso größer war unsere Begeisterung."
Christoph schenkt heißen Kaffee nach. Franziska drückt ihre Zigarette aus und greift zum Mikrofon. Es ist fast zehn Uhr und die Musiker müssen morgen früh raus, die Arbeit ruft. Das pure Musikerleben kann man sich dann doch nicht leisten. Geprobt wird aber trotzdem.
"Wir haben zwar eine sehr rege Musikerszene im Saarland, aber von der Musik leben können hier nur die Wenigsten", erklärt Christoph. Als Urgestein der Band Christoph arbeitete bereits als Produzent, spielte in zahlreichen Bands mit kennt der Gitarrist seine Szene. "Aber das ist auch nicht unser Anspruch, von Musik leben", fährt Christoph fort. "Viel lieber leben wir mit der Musik, sehen sie als eine emotionale Ergänzung, und das soll auch so bleiben. Freude an Musik kommt für uns vor Geld und Charme vor Perfektion. Ich glaube das macht uns auch aus."
Julia Indenbaum