In der 3D-Animationskomödie "Happy Family" nach dem Romanbestseller von David Safier lässt Regisseur Holger Tappe eine disharmonische Familie von der Leine. Die wird von einer Hexe in Monster verwandelt und muss sich ins Abenteuer stürzen, um ihr Glück zurückzugewinnen.
Keine Frage, eine Familie ist der beste Beweis, dass frau/man auch mit ungehobelten Mitgliedern auskommen kann. Es ist in der Tat "wesentlich leichter sein, ein Königreich zu regieren, als die eigene Familie", wie ein chinesisches Sprichwort deklariert. Aber Angehörige dürfen niemals jemandem gehören. Das Verb "gehorchen" besitzt eine negative Konnotation, aber "hören" und "zuhören" sollte man schon. Das unheilvolle Vorzeichen des Miteinanders erlebt Familie Wünschmann tagtäglich, irgendwie, irgendwo sind in dieser sympathischen Sippe alle unglücklich. Mama Emma (gesprochen von Ulrike Stürzbecher, im Original: Emily Watson) betreibt einen von der Pleite bedrohten Buchladen. In der gleichnamigen Romanvorlage von Bestsellerautor David Safier heißt es: "Ja, wir Wünschmanns waren mal eine glückliche Familie gewesen. Aber irgendetwas war uns in den letzten Jahren verloren gegangen. Bedauerlicherweise hatte ich keine Ahnung, um was genau es sich dabei handelte, und dementsprechend noch viel weniger Ahnung, wie ich dieses Etwas je wiederfinden konnte. Dabei wünschte ich es mir so sehr. Während ich mich nach den alten Zeiten zurücksehnte, ging am Fenster meines Buchladens ein junger Mann mit einem faszinierenden Hintern vorbei. Ich rückte meine Brille zurecht und betrachtete ihn mir genauer. Knackiger Po, was?", bemerkte meine alte Angestellte Cheyenne, die eigentlich Renate hieß, aber auf diesen Namen nicht hörte und mit ihren Blumen im Haar und ihren wallenden Kleidern wohl die älteste Hippiefrau des uns bekannten Universums war. Ähem, ich habe keinen Po gesehen, flunkerte ich nicht sonderlich überzeugend. Cheyenne lächelte nur verschmitzt. Daher fügte ich schnell hinzu: Abgesehen davon, war der ein bisschen zu knochig."
Knochenarbeit leistet ebenso ihr chronisch überforderter Ehemann und Anwalt Frank (Tobias Meister/Nick Frost) in der Filmversion. Denn Töchterchen Fee (Marie Christin Morgenstern/Jessica Brown Findlay) verwöhnt ihre Familie just durch die Hochphase ihrer Pubertät, die den Charme und die Umgänglichkeit eines NATO-Bandstacheldrahtes besitzt. Darunter leidet insbesondere ihr kleiner Bruder Max (Maximilian Ehrenreich/Ethan Rouse), der sowieso wegen seiner isolierenden Hochbegabung unter den hänselnden Anfeuerungen seiner liebevollen Mitschüler den alltäglichen Mobbing-Parcours überstehen muss. Um das familiäre Ungemach zu bereinigen und die Lieben wieder zusammen zu schweißen, kommt Emma auf die glorreiche Idee, gemeinsam das großangekündigte Familienevent im Madison Square Garden zu besuchen. Die Musical-Karten sind zwar kostspielig, der Einlass zur Fete jedoch frei. Der sonst so muntere Clan ist alles andere als begeistert, aber Emma hat die nötigen Monsterkostüme schon beschafft: "Jede Widerrede ist zwecklos, es wird uns allen guttun, einmal wieder etwas als Familie zu unternehmen", fährt sie ihre Lieben resolut an.
Gesagt, getan! Camoufliert als Vampir-Lady (Emma), Frankenstein (Frank), Mumie (Fee) und Werwolf (Max) treffen die Wünschmanns dort auf die (reale) Hexe Baba Yaga (Martina Treger/Catherine Tate), die sie kurzerhand verflucht und in jene Monster verzaubert, deren Outfit sie gerade zur Schau stellen. Gemeinsam jagen sie fortan die grässliche Hexe über den halben Globus, um wieder in ihre ursprüngliche Gestalt zurückverwandelt zu werden. Was die unfreiwillig Verzauberten auf ihrem rasanten Trip zwischen schwäbischen Pauschaltouristen und pittoresken Fabelwesen, wie Wirbelsturmerzeuger Imhotep (Daniel Ben Zenou) nicht ahnen konnten: Baba Yaga wurde von Dracula (Hape Kerkeling/Jason Isaacs) und seinem Lakaien (Oliver Kalkofe/Ewan Bailey) beauftragt, die Wünschmanns mit der Prämisse "Hilfe, ich wohne im falschen Körper!" zu verzaubern.
Der Fluch kann nur durch Zusammenhalt beendet werden
Der berühmte Vampir hegt sehr eigene Pläne und hat mit seinem Charme und den spitzen Beißerchen Emma ins libidinöse Visier genommen. Die wiederum kann den Fluch nur beenden und ihre Liebsten retten, indem sich alle auf gemeinsamen und gemeinschaftlichen Zusammenhalt konzentrieren.
Kraftvoll konzentriert kommt auch dieser atemlose und zwerchfellerschütternde 3D-Familienfilmknüller aus der hannoverschen Animationsschmiede Ambient Film über die Leinwand gerast, die auch schon mit ihren ausgefeilten CGI-Künsten Popcornbuster wie "Die Konferenz der Tiere" (2010) und "Tarzan 3D" (2013) adelten. Um auf dem hart umkämpften Weltmarkt aber zu reüssieren, musste Autor David Safier ("Mieses Karma hoch 2", "Traumprinz") seinen Roman "filmgerecht" modifizieren.
Drehbuchspezialistin und Produzentin Catharina Junk ("Die dunkle Seite des Mondes") machte beispielsweise aus den "Wünschmanns" die "Wishbones" und verlagerte das turbulente Geschehen an den Big Apple, um internationale Fans in die Kinopaläste zu locken. Vier harte Jahre wurde an "Happy Family" gewerkelt, gefeilt, aus-und nachgebessert. "Man irrt gewaltig, wenn man denkt, das Drehbuch für einen Animationsfilm würde sich schneller schreiben. Gewiss, man muss nicht die Kosten für aufwendige Locations und spektakuläre Verfolgungsjagden bedenken, auch keine Diskussionen mit Schauspielern führen. Doch es wäre naiv zu glauben, dass dies ein leichter Job wäre: Selbstverständlich sind, nur unteren anderen Vorzeichen, die Kosten relevant, ist der Rhythmus und die Umsetzung so entscheidend, dass bis zuletzt während der laufenden Dreharbeiten noch am Buch gefeilt wird", resümierte Safier unlängst vor der Fachpresse.
Übrigens: Besagte Sexszene mit Dracula im Whirpool ("Dann küsste er mich wieder und zog mich langsam aus ...") bleibt selbstverständlich nur den Leseratten vorenthalten. Bei einer FSK ab sechs Jahren bleibt Emma Wünschmann im Kino angezogen und zieht aber dennoch mit ihrer durchgeknallten Mischpoke durch diverse Versatzstücke der Filmgeschichte Jung und Alt in den Bann. Versprochen.
Jean Lüdeke
Info:
Happy Family
DE 2017?/?Animations-Komödie?/?Fantasy-Abenteuer
Regie: Holger Tappe
Drehbuch: Catharina Junk, Benedikt Niemann, nach dem Roman von David Safier
Länge: 96 Minuten
Synchron-Schauspieler: Ulrike Stürzbecher, Hape Kerkeling, Oliver Kalkofe, Tobias Meister, Marie Christin Morgenstern, Martina Treger, Maximilian Ehrenreich
FSK: frei ab 6 Jahren
Bundesweiter Kinostart:
24. August 2017
Im Internet:
www.warnerbros.de/kino/
happy_family.html