Professor Helmut Freitag, Musikdirektor an der Universität des Saarlandes, probt mit dem Uni-Chor das Werk "The Armed Man A Mass For Peace" des walisischen Komponisten Karl Jenkins. Am 5. Juli ist die Premiere.
Das Tempo ist nichts für Anfänger. Professor Helmut Freitag ist mit vollem Körpereinsatz dabei. Über 60 Leute machen es ihm nach. Was aussieht wie ein kleines Sportprogramm am Abend, gehört zum ersten Teil eines Gesangtrainings. Gerade mal zwölf Wochen bleiben dem Musikdirektor zum Proben innerhalb des Semesters. Dieses Mal stellt er sich zudem einer weiteren Herausforderung. Er öffnet den Uni-Chor für die Allgemeinheit. In Radio und Zeitungen warb er zu Beginn des Jahres um Teilnehmer. "Beim Friedensoratorium von Jenkins geht es um eine zentrale Botschaft, die Bitte um Frieden und darum, aufmerksam zu machen, dass Krieg keine Lösung ist. Diese Botschaft können viele mittragen, deshalb habe ich mich dazu entschieden, nur für dieses eine Projekt den Uni-Chor zu öffnen und für Interessierte zugänglich zu machen", erläutert der Professor seine Idee. Er habe sogar auf eine Altersbeschränkung sowie das einzelne Vorsingen verzichtet. Es konnte im Prinzip jeder kommen und mitmachen. Allerdings sind die Anforderungen hoch. "Es sind auch schon wieder welche abgesprungen, da ihnen das Tempo zu schnell ist", berichtet Freitag, "Wenn die Leute permanent falsch singen, kriegen die das sicher irgendwann hin, aber die Zeit habe ich nicht. Ich kann nicht auf sie warten und individuell fördern. Der Qualitätsanspruch ergibt sich von alleine. Ich habe nur zwölf Wochen im Semester, um ein großes Werk so auf die Bühne zu bringen, dass es sich gut anhört und ein Aushängeschild der Uni ist. Wir können uns da nicht blamieren."
Der Musikdirektor schafft es, selbst einer Atemübung einen melodischen Klang zu entlocken. Der von den über 60 Teilnehmern gesungene Buchstabe "F", gleicht bereits dem Rauschen einer Meeresbrise. Geprobt wird jeden Montagabend. Der Uni-Chor setzt sich in der Regel aus Studierenden unterschiedlichster Fachrichtungen zusammen. Teilweise können die Studenten Bachelor-Points erwerben, aber nur wenn diese beim Vorsingen überzeugen konnten. Professoren und Verwaltungsmitarbeiter sind ebenfalls Teil des Chores. 15 externe Sänger sind im aktuellen Projekt dabei, hinzukommen etwa 20 Schüler vom Leibniz-Gymnasium aus St. Ingbert.
"Diese Botschaft tragen viele mit"
Über die Auswahl des Werkes erklärt Freitag: "Die Leute aus den täglichen Nachrichten wie Erdogan, Trump und Assad, mit ihren aggressiven Tönen und kriegsähnlichen Szenarien in ihren Köpfen, kann ich nicht mehr hören. Warum kommen die nicht zur Vernunft?" Jenkins "The Armed Man: A Mass for Peace" ist es ein Antikriegsstück. Es basiert auf Texten der katholischen Messliturgie, die Jenkins mit anderen Quellen verband. "Das Stück ist angelegt wie eine katholische Messe, gemischt mit Texten aus anderen Sprachregionen und Glaubensrichtungen", erklärt der Chorleiter. "Es beginnt mit dem altfranzösischen Chanson Lhomme armé, es folgt ein Ruf eines Muezzins. Dann kommt ein römischer Messteil modern vertont, dazu etwas aus der romantisch-englischen Literatur, wo es um Kriegsverherrlichung geht. Dann wendet sich das Blatt des Stückes, die Erde ist zerstört. Das Resümee ist: Lasset uns auf die Suche nach Frieden gehen. Das Ganze dauert etwa eine Stunde und ist sehr fetzig."
Die musikalische Begleitung ist reduziert. Es werden drei Schlagzeuger sowie drei Trompeter, ein Cellist, Keyboarder, Pianist sowie Flöte/Piccolo dabei sein. Zudem wird ein syrischer Flüchtling den Ruf des Muezzins singen. Im Original von Jenkins läuft parallel ein Videofilm zur Musik. Abgepasste Bildsequenzen mit marschierenden Soldaten aus verschiedenen Kulturen und Nationen, von römischen Feldherren bis zum Atompilz. "Das ist eine logistische Schwierigkeit. Die Laufgeschwindigkeit des Videos muss synchron mit der Musik sein. In dem Moment, wo ich es live aufführe, kann es ja sein, dass das Tempo ein anderes ist. Mich selbst stört es, wenn der Besucher nur auf das Visuelle eingeschossen ist, die tolle, aufwendige Musik geht fast verloren, dass trägt für mich nicht zum Erfolg bei. Deshalb wird es bei uns nur einzelne Bilder-Sequenzen geben", erklärt der Musikdirektor seine Entscheidung. Die Friedensmesse "The Armed Man" wird zwei Mal aufgeführt.
"Es soll niemand eine Hürde haben, das Konzert besuchen zu können", sagt Freitag. "Ich hoffe, dass wir zweimal 800 Gäste begeistern können."
Marny Meyer