Den Naturschutz und gleichzeitig die Bekämpfung von Armut unter einen Hut zu bringen: Das klingt fast zu gut, um wahr zu sein. Und doch haben das fünf afrikanische Staaten in Angriff genommen. Kavango-Zambesi, kurz Kaza, ist das größte Naturschutzgebiet Afrikas und das zweitgrößte Landschutzgebiet der Welt.
Auf einer Fläche, die größer ist als ganz Deutschland, gibt es vor allen Dingen viel Natur und wenige Arbeitsplätze. Mit Kaza, dem Schutzgebiet Kavango-Zambesi, soll sich das in den nächsten Jahren bedeutend ändern. Denn das Großprojekt setzt genau an der Kombination dieser beiden Faktoren an. Dafür unterzeichneten im August 2011 die Staatsoberhäupter Angolas, Botswanas, Namibias, Sambias und Simbabwes den Kaza-Staatsvertrag. So wurde aus 36 Nationalparks, Reservaten und Schutzgebieten ein großes grenzübergreifendes Schutzgebietsnetz offizielle Einweihung war im März 2012.
Kaza, das sich zwischen den Flüssen Kavango und Zambesi im Süden Afrikas befindet, bildet die Heimat für die Hälfte der gesamten afrikanischen Elefantenpopulationen. Damit hat Kaza mit etwa 250.000 Tieren auch heute noch die meisten Elefanten, trotz der Tatsache, dass auch dieses riesige Schutzgebiet vor Wilderern nicht gefeit ist. Neben den Dickhäutern leben dort Tiere, die für Afrika sinnbildlich sind: Büffel, Löwen, Giraffen, Leoparden, Nashörner und Flusspferde in Savannen, Feuchtgebieten und Wäldern mit 3.000 verschiedenen Pflanzenarten.
Und genau auf den Tieren und den großen Flächen unberührter Natur baut die Idee hinter Kaza auf: Vorgesehen ist, die Gebiete zu verbinden und die lokale Bevölkerung am natürlichen Reichtum teilhaben zu lassen. Tatsächlich leben im Schutzgebiet 80 Prozent der Afrikaner als Kleinbauern in der Savanne, die sie sich mit den tierischen Bewohnern teilen. Doch um die Idee überhaupt umzusetzen, braucht es ein funktionierendes System gerade in Anbetracht fünf unterschiedlicher Staaten, von denen zwei politisch schwierig aufgestellt sind.
Die Menschen vor Ort sollen teilhaben
Auf eine mögliche Lösung ist vor über20 Jahren Chris Weaver, Leiter des WWF Namibia gekommen. Mit sogenannten Conserancys, auf Deutsch Gemeindeschutzgebieten, wollte er erreichen, dass die Menschen in Namibia vom Naturschutz leben können. "Der Grundgedanke ist, dass man nur schützt, wovon man profitiert", schreibt der WWF. Und profitieren können die Gemeindeschutzgebiete am besten vom Naturtourismus. Der Verdienst muss dabei in der jeweiligen Gemeinde bleiben, was bedeutet, dass beispielsweise eine Lodge nur mit lokalen Angestellten und Zahlung an die Gemeinde betrieben werden darf. Wenn es zu wenige Wildhüter gibt, müssen Menschen aus den dazugehörigen Dörfern dazu ausgebildet werden. Auf diese Weise wird der Tourismus zum Arbeitgeber für ganze Regionen. Was mit dem erwirtschafteten Geld passiert, obliegt den Gemeinden selbst, ohne dass irgendwer Vorschriften machen darf.
In den 90er-Jahren startete die Umsetzung mit fünf Gemeindeschutzgebieten in Namibia, heute sind es dort bereits über 60. Dieses erfolgreiche Konzept soll nun in ganz Kaza zum Tragen kommen. Das ist allerdings mit jeder Menge Arbeit und Kosten verbunden, denn die Bewohner der Dörfer und Gebiete müssen geschult werden. Dafür wird Personal ausgebildet, das wiederum andere Lehrkräfte oder die Bauern vor Ort unterrichtet. Auch die Wildhüter müssen ihren Job erst lernen, Arbeitsmittel werden benötigt, mobile Einsatztrupps müssen her, die zwischen Mensch und Tier vermitteln, Wildtierkorridore müssen eingerichtet werden und vieles mehr.
Damit dieses Projekt gelingen kann, unterstützt der WWF Kaza jährlich mit zwei Millionen Euro. Und auch die deutsche Bundesregierung konnte für die Unterstützung gewonnen werden, die sie über die KfW-Entwicklungsbank zunächst mit 20 Millionen Euro förderte. Dieses Geld wird über mehrere Jahre nach Kaza fließen.
Kaza erfordert also einen ganzen Satz verschiedener Bauteile, die, wenn sie irgendwann alle zusammengefügt werden, zum Gelingen des Projektes beitragen können. Das erfordert viel Einsatz vor Ort, nicht zuletzt deshalb, weil die Menschen erst lernen müssen, wie touristische Dienstleistungen funktionieren oder wie sie mit bestimmten Situationen umgehen. Dass die Natur schützenswert ist und die Tiere wichtig sind für den Tourismus und das neue wirtschaftliche Konzept, das ist für viele neu. Jäger werden beispielsweise zu Rangern, aber das muss auch im Kopf stattfinden.
In Namibia zeigen die schon einige Jahre länger erprobten Gemeindeschutzgebiete bereits beachtliche Erfolge. Zweistellige Millionenbeträge konnte Namibia bisher mit dem Naturtourismus erwirtschaften, die Wilderei hingegen ging deutlich zurück. Ein Erfolg, der Hoffnung macht.
Damit dies auch in den anderen vier Staaten gelingt, sind unter anderem mobile Einsatztrupps mit WWF-Rangern vor Ort unterwegs.
Besonders in Botswana gibt es so viele Elefanten, dass die Tiere sich sogar ihren eigenen Lebensraum zerstören. Aber auch die Anwohner haben Probleme mit ihnen: Mit großem Hunger verwandeln die Dickhäuter Felder in Orte der Verwüstung. Für die Bauern vor Ort kann das den Verlust ihrer gesamten Existenz bedeuten. Nicht selten endete der Kampf gegen die Elefanten für beide Seiten tödlich nun zeigen die Ranger den Menschen, wie sie die Tiere effektiv vertreiben können. Auch in der besseren Nutzung ihrer eigenen Ressourcen werden die Bauern geschult, um zum Beispiel ihre Felder besser zu nutzen.
Chili-Bomben gegen Elefanten
Die Vertreibung der Elefanten gelingt heute übrigens ganz erfolgreich mit sogenannten Chili-Bomben. Dabei handelt es sich um Elefantenmist, vermischt mit Wasser und Chili, der in einen Eimer gepresst und anschließend in der Sonne getrocknet wird. In eine kleine Mulde werden glühende Kohlestückchen gelegt. Die ökologischen Waffen stehen dann vor den Maisfeldern und halten mit ihrem beißenden Geruch die Elefanten ab.
Der WWF ist nun dabei, die Farmer zu schulen, damit sich das Elefantenproblem großflächig lösen lässt. Wegen der Überpopulation in manchen Regionen sollen außerdem die derzeit noch bestehenden "Flickenteppiche" über Straßen und Ländergrenzen hinweg verbunden werden, damit die Elefanten wandern und in Tierpopulationen zusammenleben können.
Im Jahr 2013 ehrte der WWF übrigens das Land Namibia mit der Auszeichnung "Gift to the Earth" (Geschenk für die Erde). Er honorierte damit die seit mehr als 20 Jahren andauernde Umsetzung der Gemeindeschutzgebiete und Namibias außergewöhnliche Leistungen im Naturschutz, die heute eine große Vorbildfunktion darstellen.
Nadine Bröcker
Weitere Informationen zu Kaza gibt es online unter www.wwf.de