Wer glaubt, er kenne dieses Saarbrücker Kult-Quartier gut, wird überrascht sein, wenn er hier an einer kulinarischen Stadtführung teilnimmt. Dabei gibts nicht nur allerlei Leckereien, sondern auch jede Menge Wissenswertes rund ums Nauwieser Viertel.
Pünktlich zur Mittagszeit steht ein prallgefülltes Glas mit frisch zubereitetem Ratatouille vor mir. Überall um mich herum höre ich "Oh, das sieht ja lecker aus" und "Wie das duftet". Dem kann ich mich nur anschließen, denn spätestens nach dem ersten Bissen ist meine Entscheidung gefallen: Hier muss ich dringend wieder hin. "Das Lädchen Esplanade", direkt am Max-Ophüls-Platz in Saarbrücken, lässt wirklich keine Wünsche offen. In gemütlich-schickem Ambiente kann man dort sein Frühstück oder ein Mittagessen genießen. Und währenddessen durch die großen Glasfronten wunderbar dem alltäglichen Treiben im Nauwieser Viertel zuschauen.
Wie der Name verrät, gibt es im "Lädchen" auch hausgemachtes Müsli, Antipasti, ausgewählte Weine oder diverse Gewürze eben alles, was das Feinschmecker-Herz begehrt. Neben dem "Lädchen" finden sich in dem denkmalgeschützten Haus aus dem 19. Jahrhundert auch ein Restaurant, ein Gewölbekeller, eine Bar und Event-Räume.
Doch zurück auf Anfang. Alle Teilnehmer der kulinarischen Stadtführung treffen sich an diesem Vormittag an der Saarbrücker Johanneskirche. Paula Zmudowski, unsere kulinarische Stadtführerin für die nächsten drei Stunden, begrüßt uns lächelnd und mit ihrer sympathischen Art.
Bevor es allerdings mit dem Schlemmen losgeht, gibt sie uns ein paar interessante geschichtliche Informationen rund ums Nauwieser Viertel und dessen Entstehung. Im 19. Jahrhundert, während des wirtschaftlichen Aufschwungs St. Johanns und nach der Errichtung des Hauptbahnhofs, wurde auf der gesamten Nordseite der Saar kräftig gebaut. Das Bruch- und Wiesengelände "Nauwies" neue Wiese wurde sukzessiv trockengelegt. Die heutige Nauwieser Straße war damals der einzige Pfad, der durch das heutige Nauwieser Viertel führte. Nach und nach wurde drumherum alles aufgebaut.
Aber genug zur Geschichte. Denn das Wichtigste an der kulinarischen Stadtführung, wie auch Paula auf dem Weg zu unserer ersten Station betont, ist natürlich das Essen. Eine Bäckerei, deren Wurzeln bis ins Jahr 1906 reichen, hält die ersten frisch gebackenen Kostproben für uns bereit. Ich empfehle künftigen Tour-Teilnehmern, sich den Bauch am Anfang der Tour nicht direkt vollzuschlagen auch wenn es schwerfällt. Denn es gibt wirklich jede Menge Köstlichkeiten mehr im Verlauf der Stadtführung. Allerdings sollte man aber auch keine Kostprobe auslassen.
Auf dem Weg zu "Das Lädchen Esplanade" erfahren wir mehr über Max Ophüls einen bedeutenden deutsch-französischen Filmregisseur, an dessen Geburtshaus wir in der Försterstraße vorbeikommen. Als Neu-Saarbrückerin bin ich wirklich verblüfft, was dieses kleine Stadtviertel alles zu bieten hat. Dort angekommen, machen wir es uns erst einmal gemütlich und hören Jutta Lange vom "Esplanade" gespannt zu. Sie erzählt von der Firmenphilosophie und den Produkten, die hier verwendet werden. Diese kommen jede Woche frisch vom Stadtbauernhof Saarbrücken, denn dort wird sehr großen Wert auf eine nachhaltige Verarbeitung gelegt. Einen leckeren Espresso und eine schmackhafte Portion Ratatouille später machen wir uns wieder auf den Weg.
Am sogenannten Bermudadreieck des Nauwieser Viertels, unmittelbar vor unserer nächsten Station, erzählt uns Paula einiges über die verschiedenen Kneipen. Das "Gasthaus Bingert" zum Beispiel hat eine weitreichende Geschichte. Früher trafen sich dort Berufspolitiker wie Joschka Fischer, Ottmar Schreiner oder Oskar Lafontaine. Aber auch der normale Viertler fand sich dort ein, um auf die Weltrevolution zu warten, wie einige unserer älteren Tour-Teilnehmer berichten.
Zahlreiche Infos gibts im Vorbeigehen
Zwischen den ganzen Kneipen liegt unsere nächste Station: der kleine Feinkostladen "Saar-Lor-deLuxe". Inhaber Kilian Heinz begrüßt uns herzlich und wartet bereits mit zwei Tellern voller verführerisch duftender Kostproben. Neben französischen Madeleines gibt es Brothäppchen, bestrichen mit leckerem Walnuss-Pesto und sommerlicher Beerenmarmelade. So lecker, dass ich eine Woche später wieder dorthin bin, um mich mit Pesto und Marmelade einzudecken.
Begeistert höre ich Kilian Heinz zu, wie er uns einige seiner Produkte genauer vorstellt. Alle stammen von Manufakturen aus der Großregion. In Heinz Feinkostladen findet man alltägliche Produkte wie Nudeln oder Marmelade, aber auch viele Gin- oder Biersorten für besondere Anlässe. Wer ein Geschenk sucht, wird hier fündig. Wer würde sich schließlich nicht über solche Leckereien freuen? Ab und an finden dort auch Verkostungen statt, bei denen regionale Produzenten ihre Ware persönlich vorstellen. Wer lieber bequem von zu Hause aus shoppt, findet alle Angebote des "Saar-Lor-deLuxe" auch im hauseigenen Onlineshop. Allerdings entgehen einem dann die köstlichen Probier-Häppchen.
Anschließend führt uns unser Weg in einen kleinen Innenhof. Dort sitzen wir geschützt unter Bäumen und probieren uns durch verschiedene Quiche-Sorten. Währenddessen lauschen wir Wernfried Werle, einem der Teilnehmer unserer kulinarischen Stadtführung, der erzählt, wie er das Nauwieser Viertel in seiner Kindheit erlebt hat. Seine Eltern hatten ihm untersagt, sich im Viertel rumzutreiben, denn Drogen spielten damals hier eine große Rolle, wie er erzählt. Wirklich interessant zu erfahren, wie viele die Entwicklung des Viertels über die Jahre erlebt haben. Ich mit meinen 25 Jahren muss gestehen, dass ich eigentlich nur das Nachtleben im Viertel kenne. Aber nicht nur mir geht es so. Zwei junge Männer blicken sich ebenfalls erstaunt um: "Oh, hier sieht es ja im Hellen ganz anders aus!".
Kurz vor dem Ende der Tour wartet noch ein süßes Highlight auf uns. Vegane Brownies in "Tante Emmas Veganeria". Eine Teilnehmerin unserer Tour kann leider nur glutenfreie Produkte essen, aber auch sie kommt auf ihre Kosten. Sven Zimmer, der Inhaber, ist bestens vorbereitet und hat zwei Stücke seines glutenfreien Kuchens für sie zur Seite gestellt. Die Freude ist sichtlich groß. Die Kuchen und Torten werden von Svens Ehefrau Anna Zimmer, der Backfee des Hauses, gezaubert. Aber nicht nur Süßes findet man in der kleinen, urig eingerichteten "Veganeria", auch herzhafte Produkte wie vegane Wurst steht dort im Kühlregal. Und lecker Mittagessen kann man dort auch.
Currywurst mit Süßkartoffel-Pommes
Um zu unserer letzten Station zu gelangen, verlassen wir das Nauwieser Viertel und schlendern Richtung St. Johanner Markt. Und ich muss sagen ein wirklich krönender Abschluss. Eine solch leckere Currywurst wie in der "Kalinski Wurstwirtschaft" habe ich noch nie gegessen. Frischer Schnittlauch oben drauf, unfassbar gute Süßkartoffel-Pommes dazu, und ich bin glücklich. Auch hier wird größten Wert auf Regionalität und qualitativ hochwertige Produkte gelegt. Neben Currywurst oder Pommes bieten die Kalinski-Brüder auch Gerichte wie Käsespätzle oder Pulled-Pork-Burger an. Darüber hinaus kommen auch Gin-Fans hier auf ihre Kosten. Ein Abend, um sich durch alle Sorten durchzuprobieren, reicht definitiv nicht aus.
Nachdem wir unsere Currywurst verdrückt haben, gehts schweren Herzens an die Verabschiedung. Alle sind total begeistert von Paula und ihrer kulinarischen Stadtführung. Deshalb kann ich die Führung nur jedem wärmstens ans Herz legen egal ob man nun schon ewig in Saarbrücken wohnt oder von außerhalb ist. Man bekommt einen Einblick in Geschäfte und Restaurants, die man vorher gar nicht auf dem Schirm hatte, und lernt nebenbei noch etwas über die Geschichte des Nauwieser Viertels.
Übrigens ist die Tour deutlich länger als an dieser Stelle beschrieben. Aber wir wollen ja nicht zu viel verraten. Wer mehr erfahren will, sollte unbedingt selbst mal daran teilnehmen. Die Tour findet im Rahmen von "eat-the-world" statt. Ich werde auf jeden Fall weitere Touren in anderen Städten mitmachen.
Katharina Schwarz
INFO:
Das Lädchen ESPLANADE
Nauwieserstraße 5
66111 Saarbrücken
Telefon 0681-8596562
info@esplanade-sb.de
www.esplanade-sb.de
Öffnungszeiten:
Mo. bis Fr. 9 bis 18 Uhr
Sa. 12 bis 18 Uhr
Tante Emmas Veganeria
Anna und Sven Zimmer
Rotenbergstraße 28
66111 Saarbrücken
Telefon 0681-93585434
genussemma@gmail.com
www.veganeria-sb.de
Öffnungszeiten:
Mo. bis Fr. 10 bis 18 Uhr
Sa. 9.30 bis 14 Uhr
Saar-Lor-deLuxe
Nauwieserstraße 9
66111 Saarbrücken
Telefon 0171-7243501
Info@saar-los-deluxe.com
www.saar-lor-deluxe.com
Öffnungszeiten:
Mi. bis Fr. 13 bis 18.30 Uhr
Jeden 1. Samstag im
Monat 10 bis 14 Uhr
KALINSKI Wurstwirtschaft
Kaltenbachstraße 4
66111 Saarbrücken
Telefon 0681-37997572
info@kalinskibrueder.de
www.kalinskibrueder.de
Öffnungszeiten:
Mo. bis Do. 11 bis 23 Uhr
Fr. 11 bis 3 Uhr
So. 9.30 bis 22 Uhr