Die Tapas-Bar "La Cantina" gehört seit vielen Jahren fest zum Ortsbild von St. Arnual. Seit Anfang des Jahres hat Victoria Fursov die Leitung übernommen und führt die Kultur der schmackhaften Kleinigkeiten zu einem Glas Wein weiter.
In vielen Ländern am Mittelmeer ist es üblich, eher viele Kleinigkeiten statt einer großen Portion zu essen. Spanien ist für seine Tapaskultur weltberühmt. Dort ist es normal, abends durch die Bars zu ziehen und überall von der abwechslungsreichen Tapaskarte einige Kleinigkeiten zu kosten. Ich erlebte vor 20 Jahren bei einem Besuch im Landesinneren, in Andalusien dort, wo es kaum Touristen gibt , dass Tapas selbstverständlich zum Getränk gereicht werden. Einfach, weil das dort in dieser Gegend schon immer so war...
Auch in St. Arnual wird die spanische Tapaskultur gepflegt. Im "La Cantina" stehen rund 50 Tapas auf Karte und Tableau. Von Kapernäpfeln, Alcaparrones genannt, über Serranoschinken-Carpacchio mit Limettensaft, marinierten Paprikas mit Basilikum, Meersalz-Kartöffelchen mit Paprika-Dip, Boquerones Vinagre in Zitronen-Essig-Marinade, Riesen-Gambas in Chili und Knoblauch gebraten oder gebackenem Schafskäse die Karte enthält so ziemlich alles, was das Tapas-Herz begehrt. Für alle, die sich nicht entscheiden können oder wollen, bietet die Betreiberin verschiedene ausgewählte Teller an.
Zum Jahreswechsel hat Victoria Fursov hier das Ruder übernommen. Sie stammt aus Russlands Süden, aus Vinogradniy im Temrukskiy-Gebiet am Schwarzen Meer. Nicht weit von Sotschi entfernt. Dieser Landstrich liegt auf dem gleichen Breitengrad wie etwa Norditalien oder Südfrankreich. Zuhause sagen sie: "Wir leben zwischen drei Meeren: dem Schwarzen Meer, dem Asowschen Meer und dem Weinmeer."
Und mit Wein ist sie groß geworden. Sie zeigt mir ein Buch. Darin ihr Vater, eine Koryphäe in der einheimischen Weinszene. Victoria erzählt: "Mein Vater Victor ist zuhause ein berühmter Mann im Weinbau. Er hat viele wissenschaftliche Arbeiten über Wein geschrieben. Früher, in der Sowjetunion, hat er auch als Direktor von staatlichen Weinbetrieben gearbeitet. Heute entwickelt er für verschiedene Kellereien den Wein- und Sektanbau. Der Sekt wird dort nach der Champagnermethode hergestellt."
Victoria Fursov selbst hat auch studiert, eine ähnliche Ausbildung wie ihr Vater absolviert. Später arbeitete sie viele Jahre im Labor verschiedener Kellereien. 2001 kam sie mit ihrem Mann ins Saarland. Dieser hatte ein Angebot einer
St. Ingberter Softwarefirma. Anfangs war es schwierig mit der Sprache. In Saarbrücken, an der Volkshochschule, lernte sie Deutsch. In einer Gruppe mit einer Japanerin, einer Afrikanerin, einer Mexikanerin und einer Frau aus der Ukraine. Zunächst war die Verständigung schwer, doch die schlauen Frauen hatte eine Idee. Jede kochte einmal die Woche Gerichte aus ihrem Heimatland. Nach ein paar Wochen lief das so gut, dass auch ihre Männer zum Essen kamen. Beim Esen war dann die Verständigung einfacher....
Victoria lernte die Mentalität im Saarland schätzen: "Hier ist das einfacher als zuhause. Bei uns sind die Menschen zurückhaltender. Da lädt man nicht einfach Leute aus andern Ländern zum Essen ein. Davon abgesehen, dass es gar nicht viele Menschen aus andern Ländern gibt. Das ist hier im Saarland sehr sympathisch. Ich liebe die Gegend. Frankreich und Luxemburg sind in der Nähe, ein Paradies. Du bist offen, die Leute sind offen." Sie wollte alles probieren aus dem Dreiländereck. Und nicht nur von hier. Schon bald fuhr ihre ganze Familie zum Urlaub nach Spanien. Immer wieder, in die Nähe von Tarragona. Dort geht es dann morgens auf den Markt, und dann wird im Appartement gekocht. Schon die Anreise dahin ist wohldurchdacht. Das Kennenlernen der französischen Küche gehört stets zum Fahrplan. Victoria Fursov: "Wir fahren mittlerweile immer nachts in Saarbrücken weg, damit wir am nächsten Mittag Mèze am Étang de Thau, das ist in der Nähe vom südfranzösischen Sète, erreichen. Dort gibt es ja eine weltberühmte Austernzucht. Bessere Austern als dort habe ich noch nie gegessen."
Sie mag das Saarland, was ihr fehlt, ist das Meer. Sie kennt die Meeresküche aus ihrer Heimat, deshalb fiel es ihr nicht schwer, die mediterrane Küche in ihr Leben zu integrieren. Das Resturant in
St. Arnual existiert schon seit mehr als zehn Jahren erfolgreich. 2010 fing Victoria Fursov an, in "La Cantina" zu arbeiten, kennt diese Tapasküche also schon längere Zeit.
Als die ehemaligen Betreiber Anfang des Jahres verkaufen wollten, weil sie das Alt-Saarbrücker Bistro "Zum Adler" übernahmen, entschloss sie sich, "La Cantina" als Chefin fortzuführen. Sie schwärmt von der Tapasküche: "Ich liebe diese Konzepte mit Tapas. Eine Kleinigkeit bei einem guten Glas Wein. Dies mit Liebe gemacht das ist das Beste für einen gemütlichen Abend."
Sie will ihre Tapaskarte weiterentwickeln, immer mal wieder neue Tapas aufs Tableau setzen. Zusätzliche Tagesangebote anbieten. Als Weinfachfrau hat sie auch genaue Vorstellungen, welche Rebsorten zu welchen Tapas passen. Ob das immer spanische Reben sein müssen oder ob sie vielleicht auch mal die südfranzösische Rebe Viognier anbietet, ist Teil ihrer Überlegungen.
"Ich finde, das kann man noch ein wenig erweitern! Vielleicht auch immer wieder neue spanische Weine anbieten. Etwa als ,Wein der Woche oder auch mal ein Lammragout oder Kaninchen auf dem Tableau anbieten", betont Victoria Fursov.
Sie kocht, mit Unterstützung ihrer Mitarbeiter, jeden Abend. Sonntagsabends gibt es ein kalt-warmes Buffet, der beste Tag, um die Vielfältigkeit ihrer Küche kennenzulernen. Sie verweist auch auf ihren Qualitätsanspruch: "Es muss alles frisch sein, gerade bei Fisch. Und gute Produkte. Es müssen auch nicht unbedingt kleine Tapas sein. Da bin ich auch flexibel."
Rolf Klöckner ist Ehrenmitglied des Europäischen Instituts für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften. Entscheidend für die Ernennung waren seine langjährigen und erfolgreichen Bemühungen, Kindern das Kochen als grundlegende Kulturtechnik zu vermitteln.
INFO:
La Cantina
Saargemünder Straße 83
66119 Saarbrücken-St. Arnual
Telefon 0681-9604260
www.la-cantina-tapasbar.de
Öffnungszeiten:
Donnerstag bis Sonntag ab 18 Uhr