Er nennt sich Dada Madhuvidyanada, durch Meditieren im Bundestag will er die Welt friedlicher machen. Seine Partei heißt Menschliche Welt, das ist auch sein Programm, er hat viel Verständnis für fast alles.
Ein Mann in orangener Mönchskutte, mit Turban und Rauschebart sitzt auf einer Wiese mitten in einer Berliner Parkanlage und meditiert. Die Hunde und Kinder um ihn herum bringen den 54-jährigen Dada Madhuvidyanada nicht aus der Ruhe. Er ist in seiner Welt versunken. Neben ihm die 23-jährige Tien Thuy Mai, auch sie im Schneidersitz, hoch konzentriert, beide mit geschlossenen Augen Wahlkampf einmal ganz anders.
Diese Szene zeigt: Man muss nicht immer laut sein und mit Parolen um sich werfen. Auch mit Bedächtigkeit lässt sich Aufmerksamkeit erzeugen. Passanten bleiben stehen, gucken, und in einzelnen Gesprächen wird darüber sinniert, wie lange der Mann in Orange die Position noch durchhält. Plötzlich bewegt sich Tien, erhebt sich langsam, geht auf die Menschen im Park zu, stellt sich als die Schnupper-Praktikantin im Ashram vor, die nun für den Yoga-Mönch in den Ring steigt.
Im Alltag ist sie Krankenschwester, nun macht sie Wahlkampf für die Partei "Menschliche Welt". Ihre Eltern haben die im Süden Vietnams geborene Tien für verrückt erklärt. Aber das stört die 23-Jährige nicht weiter. Seit einem halben Jahr lebt sie bei einer Yoga-Nonne in Berlin-Neukölln doch Dada ist ihr Lehrmeister. Natürlich träumt Tien davon, nach dem 24. September in einem Bundestagsbüro mit Blick auf die Spree meditieren zu können. Ihr Meister Dada Madhuvidyanada glaubt ganz fest daran, "denn mit der Kraft des Geistes und einem starken Willen lassen sich selbst schwierigste Aufgaben bewältigen" erzählt der 54-jährige Yoga-Mönch mit leiser Stimme. Er weiß, wovon er spricht. Er hat schon als Helfer in den Krisengebieten der Welt gearbeitet, so in Ex-Jugoslawien oder als Erdbeben-Nothelfer im Irak. In Albanien gründete er eine Nothilfe-Organisation, um den Hunger zu lindern. Vier Mal am Tag meditierte er und sammelte bei Mantra-Gesang so die Kraft für die anstehenden Aufgaben im Krisengebiet.
Die Krise der geistigen Leere im Bundestag
Sein zukünftiges Krisengebiet soll der Bundestag sein, dort so der Yoga-Mönch bestehe die Krise in Form der geistigen Leere: "Ich habe den Eindruck, vielen Abgeordneten geht es im Bundestag nicht um die Menschen, von denen sie gewählt worden sind, sondern um Macht und noch mehr Macht, um noch größeren Einfluss, um dann noch mehr Macht ausüben zu können." Dada ist sich sicher, so kann es keinen Frieden geben auf der Erde, wenn die Menschen, vor allem die Politiker, nicht mit sich selbst "Zu-Frieden" sind, wie er betont.
Mit bürgerlichem Namen heißt Dada Michael Moritz. Seit 30 Jahren nennt er sich Dada Madhuvidyanada, trägt statt Jeans und Hemd nur noch orangefarbene Mönchskutten samt Turban. Er lebt enthaltsam in einem Ashram bei Ravensburg. Geboren wurde er in Braunschweig, und seine Eltern waren keine Hippies oder sonst irgendwie anders als andere Eltern. Kurzum, er kommt aus ganz normalen Verhältnissen. Als junger Mann merkte er, dass er sich in der Leistungsgesellschaft nicht wohlfühlt. Eine Reise nach Indien brachte den damals 19-Jährigen "auf meinen richtigen Weg", wie er sagt.
Selbstverständlich ist er Veganer. Sein gelernter Beruf ist tatsächlich Yogamönch und spiritueller Coach. Damit hat Dada für seine Begriffe die ideale Voraussetzung, um sein Wahlziel umzusetzen: "Die vorrangige Forderung ist Friedenspolitik. Wir setzen uns auch für die Erhaltung unserer natürlichen Lebensgrundlagen ein. Uns geht es darum, unsere Führung anzubieten." Das wird die etablierten Parteien im Bundestag freuen. Dabei besteht Dada darauf, dass seine Partei überkonfessionell ist und nichts mit dem Marxismus zu tun hat, sondern Politik rein durch Bewusstseinserweiterung machen möchte.
Die Partei "Menschliche Welt" nimmt in Bremen, Baden-Württemberg und Berlin an der Bundestagswahl teil. Damit wird es knifflig, die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen. Dada aber glaubt fest an seine spirituellen Fähigkeiten, mit denen er dies schaffen kann. An dieser Stelle nickt Yoga-Praktikantin Tien heftig mit dem Kopf, sie spürt förmlich die positive Energie, die ihr Yoga-Meister ausstrahlt.
Sven Bargel