Viele sehen die CDU in Schleswig-Holstein auf ziemlich verlorenem Posten. Doch aussichtslos ist ihr Wahlkampf dennoch nicht.
Die schleswig-holsteinische CDU kämpft. Lag sie einer Infratest Dimap-Umfrage zufolge im März mit 27 Prozent noch sechs Punkte hinter der SPD, konnte sie den Abstand im April auf drei Punkte verkürzen. Sie liegt nun bei 30, die SPD weiter stabil bei 33 Prozent. Gegebenenfalls hat den Christdemokraten auch das gute Ergebnis ihrer Parteifreunde im 750 Kilometer entfernten Saarland etwas genutzt. Zumindest hat es dafür gesorgt, dem bundesweiten Hype um Martin Schulz einen ersten Dämpfer zu verpassen was sich bis Mitte April nicht nur auf die bundesweiten SPD-Umfragewerte auswirkte. Möglicherweise kann es auch für die Nord-CDU einen Effekt bis zum Wahlabend am 7. Mai haben. Etwas schärfer formuliert es der Bundestagsabgeordnete Gero Storjohann, der vor seiner Zeit in Berlin bis 2002 Mitglied des Landtages in Schleswig-Holstein war: "Die Saarland-Wahl hat den Sozialdemokraten ihre Überheblichkeit genommen. Wir sind weiterhin sehr zuversichtlich, stärkste Kraft in Schleswig-Holstein zu werden". Abwegig erscheint das nicht, jedoch müsste die CDU sich dann Koalitionspartner suchen. Wobei die Grünen aufgrund ihrer Koalitionsaussage zugunsten der Fortsetzung der so genannten "Küsten-Koalition" mit SPD und SSW als Partner wegfallen dürften. Für Verhandlungen über die von CDU-Partei- und Fraktionschef Daniel Günther ins Spiel gebrachte Jamaika-Koalition (CDU, Grüne und FDP) dürfte daher wenig Platz bleiben. Zumal die Grünen die CDU auch als Hauptgegenspieler etwa in der Agrar- und Umweltpolitik sehen.
Hoffnung auf gutes SignaI für die CDU Richtung Berlin
Die Wähler stehen eher zur amtierenden Koalition aus SPD, Grünen und SSW: Mitte März gaben 45 Prozent der Befragten an, mit der Küsten-Koalition zufrieden zu sein. Eine Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FPD empfanden nur 29 Prozent als attraktiv.
An ihrem Spitzenkandidaten Daniel Günther hat die CDU indes keine Zweifel. Der 43-Jährige ist seit 2009 Mitglied des Landtags in Schleswig-Holstein, wurde 2014 Fraktionsvorsitzender und ist seit November 2016 auch Landesvorsitzender der Partei. Auch die Bundespolitiker seiner Partei sehen ihn als richtigen Mann zur rechten Zeit. Dazu Sabine Sütterlin-Waack, Abgeordnete im Deutschen Bundestag: "Für die Wahl in Schleswig-Holstein hoffe ich auf einen "Günther-Effekt", denn wir haben mit ihm einen jungen, entscheidungsfreudigen und sympathischen Spitzenkandidaten, dem viele Bürger den Spitzenjob in der Staatskanzlei in Kiel zu Recht zutrauen". Für den gebürtigen Kieler geht es darum, die seit fünf Jahren regierende Küsten-Koalition kraftvoll aufzubrechen. Vielversprechende Themen, die er dazu als Hebel ansetzen kann, gibt es in Schleswig-Holstein zuhauf, wie der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesinnenminister, Ole Schröder, analysiert: "Der Wahlkampf in Schleswig-Holstein ist stark geprägt von landespolitischen Themen, wie Stillstand im Bereich der Infrastruktur, Probleme bei der Sicherheit durch Wohnungseinbrüche, fehlende Investitionen in Bildung." Können Günther und seine CDU die Wähler von ihren Konzepten und Lösungen für die genannten Probleme überzeugen, dann hätte der Wahlerfolg auch über das nördlichste Bundesland hinaus Auswirkungen, wie der Bundestagsabgeordnete Thomas Stritzl erklärt: "Schleswig-Holstein kann ähnlich wie das Saarland oder NRW ein positives Signal für die Bundestagswahl und die Arbeit der CDU-geführten Bundesregierung und des Deutschen Bundestages setzen." Einschränkend stellt er dann allerdings auch klar, dass eine Vorentscheidung oder gar ein verbindlicher Trend für die Bundestagswahl in der Regel nicht mit den Landtagswahlen verbunden seien. Auch Ole Schröder sieht im Ergebnis vom 7. Mai nur eine begrenzte Aussagekraft für die Bundestagswahl im Herbst.
Etwas anders beurteilt es Gero Storjohann jedenfalls für den Fall, dass die Küstenkoalition ihre Mehrheit verliert. Dann könne der Ausgang der Landtagswahl durchaus enorme Auswirkungen haben: "Falls die jetzige Koalition aus SPD, Grünen und SSW ihre Mehrheit im Parlament verliert und Herr Albig seine Ankündigung wahr macht, in diesem Fall mit den Linken eine Koalition aus vier Fraktionen zu bilden, dann ist das ein starkes Signal für eine rot-rote Regierung auch auf Bundesebene."
Eine Regierungskoalition aus den genannten vier Fraktionen wäre nach dem Saarland ein erneuter Versuch, eine rot-rote Regierung in einem westdeutschen Bundesland zu initiieren (unter Mitwirkung von Grünen und SSW). Da die Linken jedoch seit Jahresbeginn bei mageren vier Prozent rangieren und daher um ihren Einzug in den Landtag bangen müssen, ist dieses Szenario voraussichtlich eher nicht zu erwarten. Somit würde dann auch der entsprechende Effekt für Rot-Rot auf Bundesebene entfallen.
Frank M. Wagner
"Wunschpartner FDP"
Wie Daniel Günther, CDU-Spitzenkandidat in Schleswig-Holstein, die Küsten-Koalition aus SPD, Grünen und SSW besiegen will.
Herr Günther, was bedeutet das Ergebnis an der Saar für den Landtagswahlkampf in Schleswig-Holstein?
Das Ergebnis im Saarland zeigt, dass Umfragen heutzutage sehr ungenau sind und dass ein intensiver und direkter Wahlkampf vor allem Nichtwähler mobilisieren und wahlentscheidend sein kann. Genau diese Art des Wahlkampfes werden wir in den kommenden Wochen in Schleswig-Holstein auch machen und für unser Programm kämpfen.
Was ist Ihr konkretes Wahlziel in Schleswig-Holstein?
Wir als CDU wollen stärkste Kraft im schleswig-holsteinischen Landtag werden und Regierungsverantwortung für unser Land übernehmen.
Stehen landespolitische Themen im Vordergrund?
Die Menschen im Land sind unzufrieden mit der Bildungspolitik, die SPD, Grüne und SSW von der Kita bis zur Hochschule zu verantworten haben. Viele Straßen und Brücken im Land sind marode und bei wichtigen Verkehrsprojekten wie der A20 und der Fehmarnbeltquerung geht es unter SPD, Grünen und SSW einfach nicht voran. Neben der inneren Sicherheit sind die Bildungs- und die Verkehrspolitik daher die zentralen Themen in diesem Wahlkampf.
Was sind Ihre wichtigsten Themen im Wahlkampf?
Unsere zentralen Wahlkampfthemen sind mit Bildung, Infrastruktur und innerer Sicherheit genau die Themen, die die Menschen im Land am meisten bewegen. Wir halten das Ziel "Abitur für alle" für einen Irrweg. Wir wollen mehr Zeit für Bildung und setzen uns daher für eine Rückkehr zum Abitur nach 13 Jahren ein. Wir werden unserem Land eine neue Dynamik geben und wieder mehr in unsere Straßen, Hochschulen, Krankenhäuser und schnelles Internet investieren. Wir wollen, dass sich die Menschen in Schleswig-Holstein sicher fühlen. Daher werden wir die Polizei stärken und deren Rückzug aus der Fläche beenden.
Spüren Sie den "Schulz-Effekt" in Schleswig-Holstein?
Der sogenannte Schulz-Effekt hat sich lediglich in Umfragen nach der Nominierung von Herrn Schulz niedergeschlagen. Im direkten Gespräch mit den Menschen auf der Straße und auf unseren Wahlkampfveranstaltungen im Land ist davon nichts zu spüren.
Warum wären Sie der bessere Ministerpräsident als Torsten Albig?
Herr Albig reist durchs Land und redet über Politik, überlässt das Regieren aber anderen. Das werde ich anders machen. Ich werde politische Verantwortung selbst übernehmen und unserem Land eine neue Dynamik geben.
Wie sieht Ihre Machtoption in Kiel aus? Wäre eine starke FDP ein möglicher Partner?
Ich kämpfe für ein starkes Ergebnis der CDU, um in der nächsten Landesregierung möglichst viele CDU-Positionen umsetzen zu können. Dabei sind wir als CDU grundsätzlich gegenüber allen demokratischen Parteien abseits der extremistischen Ränder gesprächsbereit. Mein Wunschpartner ist die FDP.
Interview: Frank Behrens