Seit zehn Jahren können die Füchse keine Punkte in Kiel gewinnen Platz drei in der Bundesliga scheint verloren. Jetzt gilt die Konzentration dem Final Four im EHF-Pokal.
Es bleibt alles wie es ist, die Füchse können im Norden der Republik keine Punkte holen. Nicht in Flensburg, nicht in Kiel, nicht in dieser Saison. Speziell in der Landeshauptstadt Kiel konnten die Berliner in den zehn Jahren seit ihrem Aufstieg 2007 nicht ein einziges Mal punkten. Die Kieler Sparkassen-Arena ist die ganz persönliche Hölle des Nordens für die Handballer aus der Bundeshauptstadt.
Gleichbedeutend mit der 28:32-Niederlage der Füchse am vergangenen Wochenende in Kiel ist das erneute Verpassen der Champions-League-Qualifikation der Berliner. Denn das Duell in Kiel war ein kleines Endspiel. Es ging um Platz drei in der Bundesliga und die direkte Startberechtigung für die Königsklasse. Die behält jetzt erst einmal Kiel, Berlin bleibt Vierter mit drei Punkten Rückstand.
Vierter mit drei Punkten Rückstand
Dabei schien die Chance, den Rivalen aus dem Norden endlich einmal hinter sich zu lassen, nie größer. Die Kieler befinden sich gerade im Umbruch, aus der Champions League sind sie ausgeschieden, in der Bundesliga läuft es durchwachsen.
Und zu Beginn der Partie sah es auch durchaus so aus, als könnte der Negativ-Lauf zu Ende gehen. Die Füchse erwischten den deutlich besseren Start, weil Silvio Heinevetter wie ein Teufel hielt, sie ihre Angriffe clever ausspielten und im Abschluss kaum Schwächen zeigten. So führten die Gäste nach einer Viertelstunde mit drei Treffern (4:7). In der Folge leisteten sich die Berliner allerdings viele unnötige Fehler und Ballverluste und luden die Kieler damit zu einfachen Kontertoren ein, die selbst ein brillanter Heinevetter nicht verhindern konnte. So führten die Norddeutschen zur Pause mit drei Treffern (18:15).
Nach dem Seitenwechsel blieb es bis in die Schlussphase spannend, die Kieler konnten sich trotz mehrfacher Gelegenheit nie entscheidend absetzen jedenfalls bis kurz vor dem Ende nicht. Dann überschlugen sich jedoch die Ereignisse: Zunächst sah Füchse-Abwehrchef Jakov Gojun nach einem vergleichsweise harmlosen Foul die Rote Karte, nur wenig später wurden auch die Gebrüder Petar und Drasko Nenadic für zwei Minuten vom Feld geschickt. Obendrein schimpfte Trainer Velimir Petkovic so ausdauernd mit den Schiedsrichtern, dass diese darüber hinaus noch eine weitere Zeitstrafe gegen die Füchse-Bank verhängten. Phasenweise mussten es also drei Berliner Feldspieler mit sechs Kieler Akteuren aufnehmen. Das war gleichbedeutend mit der Niederlage.
Die Chance, den THW zu besiegen, war so groß wie vielleicht noch nie, das hatte Füchse-Kapitän Petr Stochl bereits vor der Partie gesagt. Die Füchse aus der Hauptstadt aber nutzten deren Schwäche nicht. Auch weil abgesehen von Petar Nenadic (acht Tore) aus dem Rückraum die Durchschlagskraft fehlte. "So einen Sieg in Kiel musst du erzwingen, wir sind wohl noch nicht so weit, aber auch nicht so weit weg", sagte Bob Hanning, Geschäftsführer der Berliner, nach der Partie. Sein Trainer Velimir Petkovic hatte ein ganz anderes Problem. "Mit diesen Schiris war es echt schwierig in Kiel", klagte Petkovic. "Besonders kurz vor Schluss, als wir die drei Zeitstrafen bekommen haben. Das war dann leider die Entscheidung."
Die Niederlage aber haben die Füchse sich selbst zuzuschreiben. Zu unkonzentriert, zu fahrig wurden sie in der entscheidenden Phase des Spiels. Dazu führte ein Reigen von individuellen Fehlern letztlich in die unlösbare Unterzahlsituation. Doch die Füchse können sich trösten. Das Ziel der Champions-League-Qualifikation müssen sie wohl abhaken für diese Saison, ein anderes Ziel ist aber noch greifbar: der Sieg im EHF-Pokal. Nach dem Titelgewinn 2015 stehen die Berliner Handballer zum dritten Mal im Final Four des EHF-Pokals, das am 20. und 21. Mai in Göppingen ausgetragen wird. Die Saison, die mit dem Weltpokaltitel unter dem früheren Trainer Erlingur Richardsson so vielversprechend begonnen hatte, könnte unter dessen Nachfolger Petkovic nun ein äußerst erfolgreiches Ende finden.
Dabei lässt sich das Finalturnier einigermaßen kurios an: Drei der vier Teilnehmer kommen aus Deutschland, lediglich der französische Vertreter von St.-Raphaël gibt dem Final Four eine internationale Note. Die anderen Mannschaften kommen aus Göppingen, Magdeburg und eben Berlin.
Der Gegner
im Halbfinale heißt
St. Raphael
Bob Hanning hatte eine Art Wunschliste für die Auslosung. Auf der stand "als Nummer eins für das Halbfinale St.-Raphaël, an zweiter Stelle Göppingen", sagte der Geschäftsführer des Handball-Bundesligisten und scherzte weiter: "Damit ist eigentlich schon ziemlich klar, dass wir Magdeburg zugelost bekommen".
Das Team aus Frankreich wünschte sich Hanning, weil es schließlich "das Halbfinale eines internationalen Wettbewerbs ist", zum anderen gibt es wohl etwas geradezurücken. Denn St.-Raphaël und die Füchse standen sich bereits in der Gruppenphase gegenüber. Das Heimspiel gewannen die Berliner mit 33:31, die Partie in Frankreich ging jedoch mit 21:27 "ziemlich deutlich verloren". Hannings Wunsch wurde erhört, der Revanche steht nichts im Weg, der Gegner im Halbfinale heißt tatsächlich St.-Raphaël.
Warum der SC Magdeburg nicht ganz oben auf Hannings Wunschliste stand, erklärt der Blick auf die Bundesliga-Tabelle. Die Füchse sind derzeit Vierter, Magdeburg mit nur einem Sieg weniger Fünfter, ein kleines Pünktchen trennen die Rivalen. Ende Oktober erkämpften die Berliner in der Liga auswärts ein 29:29, am 24. Mai werden die Magdeburger nach Berlin kommen, drei Tage nach dem Final Four in Göppingen. Die Partie könnte zur Revanche des EHF-Cup-Endspiels werden.
Ob Petar Nenadic das auf dem Spielfeld erleben wird, ist noch ungewiss. Im Spiel gegen Kiel knickte der Spielmacher der Füchse drei Minuten vor dem Ende unglücklich um und verletzte sich dabei am Sprunggelenk. Sein Ausfall wäre ein herber Verlust für die Berliner. Mut hingegen dürfte den Füchsen ein anderer Umstand machen: Das Final Four im EHF-Cup findet in Göppingen statt und das liegt bekanntlich nicht im Norden.
Eike Ahlhausen