Der saarländische Profiboxer Jürgen Doberstein hat die Niederlage gegen Robin Krasniqi abgehakt. Nun wartet er auf ein Signal des Kontrahenten. Zuvor soll allerdings noch ein "Zwischenkampf" stattfinden.
Es ist unglaublich. So einen warmen Tag habe ich hier noch nie erlebt", schwärmt Jürgen Doberstein gut einen Monat nach seinem bisher wohl größten Profi-Boxkampf. "Ich liebe dieses Wetter und habe schon vor Wochen darüber gelesen, dass diese Woche so heiß werden würde. Ich finds cool", ergänzt er laut lachend. Noch heißer als Ende August in Dobersteins Garten ging es nur Mitte Juli in der Saarlandhalle her. Dort unterlag der Supermittelgewichtler aus Kleinblittersdorf dem Münchner Robin Krasniqi (SES Boxing) vor 2.500 Zuschauern denkbar knapp nach Punkten (113:116, 111:116, 114:114). Bundesweit sorgte der Kampf um den zuvor von Doberstein gehaltenen WBA-Intercontinantal-Titel und den vakanten WBO-Interconti-Titel für Aufsehen. Dazu trug bei, dass er im Internet live und später im Sat.1-Fernsehen übertragen wurde. Von einer "grandiosen Ringschlacht" war danach zu lesen.
Abgehakt hat Doberstein diese bittere Niederlage noch nicht. Er will seine Lehren daraus ziehen. Dennoch konnte er im Familienurlaub erst einmal abschalten. "Ich war mit meiner Frau und meinem Sohn eine Woche im Urlaub auf Mallorca. Allein schon zu dritt intensiv zusammen zu sein, war richtig schön. Das habe ich gebraucht, und jetzt kann es wieder losgehen", berichtet der Boxer. Die Enttäuschung über die knappe Niederlage ist aber noch nicht ganz ausgemerzt: "Ich dachte schon während des Kampfes, dass ich gewinnen würde oder dass es schlimmstenfalls unentschieden endet. Diese Einschätzung haben mir auch viele bestätigt, die sich mit dem Boxen auskennen", sagt Doberstein über die zwölf wohl temporeichsten Runden seiner Karriere. "Mit der Veranstaltung waren wir sehr zufrieden", sagt Dobersteins Promoterin Anja Marx. "Es gab Steigerungen in allen Bereichen. Die Tatsache, dass Sat.1 den Kampf im Fernsehen übertragen hat, war ein großer Schritt. Die Stimmung in der Halle war fantastisch." Das Ergebnis entspricht nicht ganz den Hoffnungen, aber Marx ist sich sicher: "Das war Werbung für den Boxsport. Es war ein spannender Kampf zweier Jungs auf Augenhöhe." Sie hält das Ergebnis der Ringrichter trotz eines Ausreißers für vertretbar.
"Es bringt einfach nichts, sich noch länger darüber aufzuregen und traurig durch die Gegend zu laufen. Ich bin nicht der Erste und nicht der Letzte, dem so etwas passiert", sagt auch Doberstein und ergänzt: "Es ist schön, dass der Kampf allen gefallen hat. Das war sehr wichtig, aber für mich war natürlich das Wichtigste, ihn zu gewinnen. Dazu hat es leider nicht ganz gereicht." Dass er den mit 50 Profikämpfen (46 Siege) erfahreneren Robin Krasniqi (Doberstein: 24/20) bis an dessen Grenzen forderte, musste der 29-Jährige nach dem Gong eingestehen: "Es war megaschwer, großer Respekt an meinen Gegner. Aber jetzt bin ich wieder da", sagte Krasniqi.
"Wenn er so weiter trainiert, kann er ganz oben landen"
Die Videostudie hilft Doberstein und seinem Trainer Artur Grigorian bei der Analyse: "Ich habe mir den Kampf noch einmal angeschaut und gesehen, was ich falsch gemacht habe. Die Leute reden viel von der elften Runde. Da wurde ich hart getroffen, aber ich habe es überstanden." Das hat vielen Zuschauern gefallen. Nach gut einer Minute musste Doberstein einen Wirkungstreffer einstecken. Krasniqi legte nach und hämmerte gut 40 Sekunden auf den Saarländer ein. Der wackelte, blieb aber auf beiden Beinen. Erst, als Krasniqis Muskeln aufgrund der Schläge übersäuerten, ließ dieser von Doberstein ab. Nach dem Kampf hagelte es Lob in höchsten Tönen für diese Nehmerqualitäten. "Man kann nicht wegen einer Runde den Kampf verlieren", findet der "Dobermann", um wenig später einzugestehen: "So ist das halt im Boxen. Ich hätte es deutlicher machen müssen, um gegen einen größeren Namen zu gewinnen. Ich weiß, dass ich es besser kann." Das erklärte Ziel ist ein Rückkampf, "bei dem ich es klarer machen werde und den Sieg hole." Dafür will der 27-Jährige einige "große Veränderungen" in seiner Trainingsarbeit vornehmen: "Es geht nicht nur darum, noch härter zu trainieren. Es geht mehr um taktische Dinge, die ich weiter verbessern muss, um mich weiterzuentwickeln."
Die im Krasniqi-Kampf gewonnene Erfahrung soll ihn antreiben. "Ich bin hochmotiviert und optimistisch", sagt er. Auch Promoterin Marx weiß: "Der Kampf hat gezeigt, dass einige Kleinigkeiten umgestellt werden müssen. Von daher ist diese Erfahrung im Nachhinein schon positiv. Seine Trainer werden das nun auswerten und die richtigen Schlüsse ziehen." Drei stehen bereits fest: Er muss aggressiver werden, häufiger schlagen und sollte sich mit unnötigen Provokationen des Gegners nicht selbst aus dem Konzept bringen. Ein Trainingslager vor dem nächsten Kampf soll den Fokus verstärken. Wo dies stattfinden soll, steht noch nicht fest. "Nur so kann ich komplett abschalten und mich auf die Arbeit konzentrieren. Es geht schließlich um alles", meint Doberstein.
Das Athletiktraining hat schon wieder begonnen. Bis zum nächsten Kampf dauert es aber noch ein paar Monate. Zunächst steht Anfang Dezember in Hamburg ein Zwischenkampf an, der Gegner noch nicht. Danach soll der Weg für eine Revanche gegen Krasniqi freigemacht werden. Die soll wieder im Saarland stattfinden. "Krasniqis Promoter Ulf Steinforth hat schon vor dem Kampf gesagt, dass sie offen für einen Rückkampf sein werden, sofern der Kampf sehr spannend sein sollte. Und das war ja der Fall. Von daher hoffe ich, dass das Wort zählt", sagt Doberstein, der auch direkt nach dem Kampf von seinem Gegner eine Zusage erhalten haben will: "Ich habe gesagt: Lass uns noch mal kämpfen. Und er sagte: Ja, machen wir. Ich hoffe, dass das bis Mitte nächsten Jahres klappt." Anja Marx formuliert das nächste große Ziel von Jürgen Doberstein so: "Wir hoffen, dass wir bald um einen größeren Titel boxen und den wieder gewinnen können". Danach traut sie ihm alles zu: "Er ist ein Topsportler und diszipliniert. Wenn er so weitertrainiert und an zwei, drei kleinen Stellschrauben arbeitet, kann er durchaus ganz oben landen".
Sebastian Zenner