Beim 8. Hallen-Traditionsmasters in der Max-Schmeling-Halle spielen neben den Berliner Urgesteinen auch noch etliche weitere Fußballhelden der Vergangenheit auf.
Steffen Baumgart freute sich bereits vergangenen Oktober obwohl er damals gerade erst als Trainer beim Regionalligisten Berliner AK entlassen worden war. Auf das anstehende Hallentraditionsmasters im Januar angesprochen, brachte der Ex-Bundesligaprofi (225 Einsätze für Hansa Rostock und den VfL Wolfsburg) jedenfalls seine Vorfreude zum Ausdruck auch wenn die Gelenke nicht erst hinterher weh tun, wie der gerade 45 Jahre alt gewordene Baumgart zugibt. Doch wenn die Veranstalter des seit 2010 stattfindenden Turniers rufen, ist er dabei sofern es der Terminkalender zulässt.
Baumgart tritt dabei für die Traditionsmannschaft des 1. FC Union an von 2002 bis 2004 schnürte der Stürmer seine Fußballschuhe für die Köpenicker. Und man hat das Gefühl, dass alle Beteiligten gerne wieder an der Veranstaltung teilnehmen, bei der quasi die guten alten Zeiten wieder aufleben. Zur ersten Auflage im Jahr 2010 war der Hallenfußball an sich ja schon auf dem Rückzug. Zu eng war der Terminkalender vieler Vereine und deren aktiver Fußballer inzwischen auch im Winter geworden. Dazu scheute man zunehmend das Verletzungsrisiko des Kicks unterm Dach.
Das Turnier erwies sich schnell als Hit
Die Idee lag so durchaus nah, das Ganze statt mit Profis eben mit "Ehemaligen" durchzuführen. Ob diese Konstellation allerdings genug Anziehungskraft auf Fans und normale Interessierte ausüben würde, das stand seinerzeit noch in den Sternen. Das Turnier in Berlinerwies sich allerdings schnell als Hit. Schon bei der zweiten Auflage war man ausverkauft und blieb es bis heute. Nicht nur der Termin in der "spielfreien Zeit" lockt fußballhungriges Publikum zahlreich in die Max-Schmeling-Halle. Auch das Konzept mit den Ex-Profis funktioniert hervorragend.
Hautnah noch mal die Helden der Vergangenheit zu erleben ist gerade für die älteren Fans von ganz besonderem Reiz. Und diese "Legenden", wie sie in dem Zusammenhang vom Veranstalter genannt werden, geben sich in großer Zahl beim Hallen-Traditionsmasters ein Stelldichein. In der Auswahl des 1. FC Union laufen neben dem bereits erwähnten Steffen Baumgart, der einem bei Heimspielen der Eisernen auf dem Weg zur Alten Försterei schon mal auf dem Fahrrad begegnen kann, noch weitere echte Identifikationsfiguren auf.
Der inzwischen 42-jährige Ronny Nikol (von 1997 bis 2003 bei Union) ist ebenso nicht zum ersten Mal mit von der Partie wie der frühere Frankfurter Bundesligaspieler Marco Gebhardt (44 Jahre), der mit den Köpenickern gemeinsam den Weg über die Regionalliga, Dritte Liga bis in die Zweite Liga beschritt und dort als Kapitän seine Profikarriere beendete. Der fast zwei Meter große Abwehrhüne Christian Stuff, mit 34 Jahren so etwas wie der Youngster im Team, ist auch wieder dabei. Er ist nach acht Jahren als Aktiver bei Union mittlerweile im Trainerstab der U19 tätig.
Da mutet es beinahe schon merkwürdig an, dass einer im Traditionsteam des FCU bei der anstehenden Ausgabe des Hallenmasters erstmals teilnimmt: Die Rede ist von Torsten Mattuschka (36, 2005 bis 2014 bei Union), der den Begriff "Vereinslegende" in diesem erlauchten Kreis nochmal auf ein eigenes Niveau hebt. Mit 272 Einsätzen und 60 Toren für die Eisernen bewegt sich "Tusche" eher schon im Status eines Vereinswahrzeichens. Allein seine Teilnahme dürfte noch einige unentschlossene Unioner in die Spielstätte im Prenzlauer Berg locken.
Doch auch der Lokalrivale fährt regelmäßig reichlich namhaftes Personal auf, um beim Hallen-Traditionsmasters so erfolgreich wie möglich abzuschneiden. Hertha BSC punktet dabei besonders mit zahlreichen waschechten "Berliner Jungs" in seinen Reihen: den Schmidt-Zwillingen Andreas (43 Jahre, 275 Einsätze für Hertha) und Oliver (43/115), Sofian Chahed (33/89), "Zecke" Neuendorf (42/150), Ante Covic (41/74) und Michel Dinzey (44/60). Michael Hartmann (42/240) stammt dazu aus Hennigsdorf vor den Toren der Hauptstadt. Komplettiert wird der Kader der Blau-Weißen unter anderem durch "die Zaubermaus" Darius Wosz (47/85), das Rauhbein Maik Franz (35/16) und auch zum ersten Mal dabei Marko Pantelic. Der inzwischen 48-jährige ehemalige Torjäger kam auf 45 Torerfolge in 118 Einsätzen für Hertha, genoss aber bei den Fans vor allem auch durch seine Eskapaden schnell und bis heute Kultstatus.
Mattuschka
und Pantelic zum ersten Mal dabei
Es ist wohl auch das, was das Traditionsmasters auszeichnet: Für die Teams laufen viele Ex-Spieler auf, die lange bei ihrem Club waren oder in ihrer Zeit einen bleibenden Eindruck hinterließen. "Echte Typen", wie es immer heißt, die man im Systemfußball von heute kaum noch zu finden glaubt. In dieser Hinsicht ist dieses Event auch eine Reminiszenz an vergangene Tage, als der Hallenfußball alter Prägung noch als "Budenzauber" hohes Ansehen bei Fans, Spielern und sogar Offiziellen genoss. Inzwischen hat die Fifa mit Futsal längst eine moderne Variante des Indoor-Kicks offiziell in ihr Programm und damit der klassischen Version die Bedeutung genommen.
Das Publikum für einzelne Veranstaltungen dieser Art ist aber weiterhin vorhanden. In der Schmeling-Halle waren es in den vergangenen Jahren immer konstant 8.000 Besucher. Das Stadtduell zwischen Hertha und Union ist dabei gesetzt schon in der Vorrundengruppe treten die Erzrivalen traditionell gegeneinander an. Gespielt wird in zwei Dreiergruppen, die ersten zwei Teams jeder Gruppe ziehen ins Halbfinale ein. Da überlässt der Veranstalter nichts dem Zufall: Hertha gegen Union ist ein Muss für das Berliner Turnier, das mindestens einmal pro Veranstaltung über die Bühne gehen muss.
Hier können die lautstarken Fangruppierungen, die sich im regulären Ligabetrieb in den vergangenen Jahren nur noch selten über den Weg gelaufen sind, ihre Rivalität noch im gesanglichen Wettstreit ausleben. Selbst die teilnehmenden Fußballer schwärmen vor allem in Erinnerung an Siege über den Lokalrivalen. Aktueller Titelverteidiger ist allerdings der 1. FC Nürnberg, der vergangenes Jahr mit Marek Mintal auch den besten Spieler beziehungsweise Torjäger des Turniers stellte. Auch 2017 ist das "Phantom" wieder dabei, unterstützt von "Klub"-Legenden wie Driller, Eckstein, Kuka, Nikl, Martin Schneider, Störzenhofecker oder Andreas Wolf.
Mit dem Team "Iceland Legends" hat der Veranstalter dazu eine clevere Lösung gefunden. Der Fußball-Hype um die Isländer bei der EM 2016 findet hier gewissermaßen seine Fortsetzung. Die Zuschauer dürften zu diesem Anlass das seit vorigem Sommer ebenso bekannte wie beliebte "Hu!"-Ritual anstimmen. Ganz ohne Berlin-Bezug kommt die Auswahl der Nordmänner aber nicht angereist: Schließlich ist der ehemalige Hertha-Profi "Jolly" Sverrisson (48/196) nicht nur mit dabei, sondern hat das Team sogar zusammengestellt.
So wird auch diese Ausgabe des Traditionsmasters am Sonnabend (14. Januar, Beginn 12 Uhr) in Berlin wieder mit Sicherheit ein echter Publikumserfolg werden. Denn von ihren alten Helden bekommen Fußballfans eben nie genug.
Hagen Nickelé