Wohnraum im Großherzogtum wird immer teurer. Immer mehr Luxemburger kaufen und bauen in Nachbarländern, treiben damit die Preise in die Höhe. Und die Saarländer? Sie zieht es ins derzeit noch günstigere Lothringen.
In Luxemburg arbeiten und viel Geld verdienen, in Frankreich günstig Wohneigentum erstehen und in Deutschland einkaufen: In der Großregion ist das gang und gäbe. Das Großherzogtum Luxemburg ist für viele zwar attraktiv, weil lukrativ zum Arbeiten. Zum Wohnen wird es aber selbst den Einheimischen zu teuer. Wohnraum in Zentrumsnähe ist für Otto Normalverbraucher mittlerweile unerschwinglich geworden. 8.000 bis 10.000 Euro und mehr für den Quadratmeter einer neuen Eigentumswohnung sind in Luxemburg-Stadt keine Seltenheit mehr. Das hat schon etwas vom Münchener oder Frankfurter Preisniveau. Und selbst weit außerhalb der Stadt muss man nach Angaben des Luxemburger Observatoire de lHabitat durchschnittlich 6.000 Euro pro Quadratmeter auf den Tisch legen. Da wundert es kaum, dass viele bau- oder kaufwillige Luxemburger den Sprung über die Grenzen wagen. Es sei denn, sie haben geerbt oder sind gut betucht. Nach Angaben des Landesamts für Zentrale Dienste des Saarlandes leben inzwischen rund 4.000 Luxemburger im Saarland, vornehmlich im Landkreis Merzig-Wadern. Tendenz steigend, allen voran in der Gemeinde Perl, die direkt an Luxemburg angrenzt und rund 800 Luxemburger zählt.
Das Saarland ist
noch günstiger
Gleiches gilt für die Gemeinden aus Rheinland-Pfalz nahe Luxemburg wie Okfen, Ayl oder Wintringen. Selbst in der Stadt Trier, in der in bester Wohnlage bereits 4.000 Euro für den Quadratmeter einer Eigentumswohnung bezahlt werden müssen, kommt das den Luxemburger Nachbarn wie ein Schnäppchen vor. "Das Saarland ist sogar noch günstiger", erklärt Peter Becker von der LBS Landesbausparkasse Saar. Zwischen 2.700 und 3.200 Euro kostet der Quadratmeter Wohneigentum im Durchschnitt in Saarbrücken und auch in Saarlouis steht die Drei vor dem Quadratmeterpreis.
Dabei haben die Immobilienpreise in den vergangenen Jahren deutlich angezogen. Von 2015 auf 2016 habe allein der Landkreis Merzig-Wadern mehr als zehn Prozent zugelegt, in Merzig sogar 15 Prozent, betont der Regionaldirektor Becker. Das Saarland hat nach jahrelanger Flaute gegenüber der bundesdeutschen Entwicklung deutlich Nachholbedarf und so könnten die Immobilienpreise vor allem in Städten wie Saarbrücken, Saarlouis, Merzig, St. Ingbert, Homburg und St. Wendel weiter zulegen: Zur Freude der Kapitalanleger, zum Leidwesen der Bau- oder Kaufwilligen.
Denn die Nachfrage nach Wohnraum steigt. Und das hat seine Gründe. Das anhaltend niedrige Zinsniveau, die Unsicherheiten auf den Finanzmärkten, die Eurokrise und politische Unwägbarkeiten weltweit veranlassen immer mehr Menschen dazu, ihr Geld in "Beton" zu investieren. Zumindest diejenigen, die es sich leisten können. Denn die Immobilienpreise steigen, und das nicht nur aufgrund der genannten Faktoren. Neben der großen Nachfrage nach Wohneigentum ist ein überproportionaler Anstieg der Baukosten in den vergangenen Jahren zu verzeichnen. Hinzu kommen die verschärften Auflagen der Politik angefangen bei der Energieeinsparverordnung, die immer mehr Energieeffizienzmaßnahmen verlangt, über die Anforderungen an Brand-, Klima- und Schallschutz bis hin zum verpflichtenden Nachweis von inzwischen zwei Stellplätzen für Autos pro Wohnung. Das treibt die Baupreise massiv in die Höhe.
Und auch die Regierungen auf Landes- und Kommunal-Ebene langen kräftig zu. Mit 6,5 Prozent Grunderwerbsteuer liegt das Saarland in Deutschland inzwischen mit an der Spitze, in Rheinland-Pfalz sind es derzeit nur fünf Prozent. Grundsteuer, Notarkosten und Umsatzsteuer sind ebenfalls gestiegen. Im Gegenzug haben die Bundesregierungen der vergangenen Jahre steuerliche Anreize und Eigenheimzulage gestrichen. Während Politiker jeglicher Couleur die Bürger gerne dazu auffordern, sich Wohneigentum zuzulegen, verkennen sie durch ihr Handeln anscheinend die Lage. Für junge Familien etwa bleibt Wohneigentum fast unerreichbar und für die Älteren ebenso, denn sie bekommen schlicht und ergreifend oftmals gar keinen Kredit mehr. Zu alt, zu wenig Sicherheiten, aus der Traum von den eigenen vier Wänden, anders ausgedrückt: zu wenig Restlaufzeit. Andersherum ist es nicht besser: zu jung, zu wenig Eigenkapital, unsichere Joblage. Pech gehabt, auch hier vergeben die Banken ungern Kredite.
Wenn es dann mit dem Eigenheim im Saarland nicht klappt, bleibt immer noch der Schritt nach Frankreich. Dort sind nach Aussage von Marc Siebert von der LBS Saar durchaus noch Schnäppchen zu machen. Die Preise im grenznahen Raum wie Forbach oder Sarreguemines für ein Einfamilienhaus seien vergleichbar mit denen einer Etagenwohnung in Saarbrücken. Der Durchschnittspreis einer Immobilie in Forbach liege bei 1.150 Euro pro Quadratmeter und auch die Nebenkosten für Strom, Wasser, Gas seien um die Hälfte günstiger. Da erstaunt es nicht, dass die Nachfrage von Deutschen nach Immobilien im benachbarten Lothringen groß ist. Die Kaufnebenkosten unterscheiden sich von den deutschen, denn die Preise schwanken zwischen sieben bis acht Prozent für gebrauchte Immobilien und nur zwei bis drei Prozent bei neuen Objekten, da die Grunderwerbssteuer nicht so stark zu Buche schlägt. Aber Vorsicht: Wohn- und Grundsteuer sind in Frankreich deutlich teurer als in Deutschland.
Preisgefälle in den Grenzregionen
Laut französischem Statistikinstitut INSEE wohnen bereits über 4.600 Saarländer in Lothringen, die meisten im Departement Moselle. Aber auch hier gibt es erhebliche Preisgefälle, vor allem im Dreiländereck um Thionville macht sich die Luxemburger Konkurrenz bemerkbar. Der Quadratmeterpreis für ein Haus liegt dort zwischen 1.800 und 2.100 Euro und ist damit teurer als in Metz oder Nancy.
Luxemburg bleibt beim Wohneigentum zumindest für Normalverdiener außen vor. Selbst Immobilienmakler raten dort eher zur Miete und fragen erst einmal nach, wie lange man denn in Luxemburg bleiben möchte. Abschreckend wirken zudem die hohen Kaufnebenkosten, die schnell weit über zehn Prozent mit Notarkosten erreichen können, sechs Prozent Grunderwerbssteuer und den Maklerkosten. Da bleiben die meisten Pendler aus Frankreich, Deutschland und Belgien dann doch lieber in ihrer Heimat wohnen.
Wer sich für ein Haus in Frankreich interessiert: Einen guten Überblick geben die Internetseiten www.meilleursagents.com/prix-immobilier/lorraine.
Armin Neidhardt