Fünfzig ist das perfekte Alter, um noch mal etwas Neues anzufangen. Bei Ford Saarlouis bereitet man sich schon seit einiger Zeit auf das Zeitalter der Elektromobilität vor.
Ein halbes Jahrhundert sind sie alt, die Bilder von der Grundsteinlegung für die Ford-Werke in Saarlouis. Damals Symbol für einen zentralen Schritt im Strukturwandel hin zum Autoland Saarland. In den vielen Jahren gab es immer wieder Diskussionen um den Standort und die dort produzierten Modelle. Nun steht mit dem Elektro-Zeitalter der nächste große Umbruch in der Automobilbranche an und die Ford-Werke Saarlouis sind vorn mit dabei.
Am 16. September 1966, also vor 50 Jahren, wurde durch den Ford-Generaldirektor Robert G. Layton der Grundstein für die Ford-Werke Saarlouis auf dem ehemaligen Flugplatzgelände Röderberg gelegt. Vier Jahre später lief der erste Saarlouiser Ford Escort vom Band, ein neues Kapitel saarländischer Industriegeschichte war aufgeschlagen. Es folgten die Sport-Legende Capri, die erste Modellreihe des Fiesta, bis hin zum Focus und C-Max, die heute die Produktion in Saarlouis prägen. Einer der großen Standortvorteile des Werkes ist seit 1998 der Industriepark. Die Ansiedlung von Zulieferern direkt am Ford-Werk ermöglicht seither eine Just-in-sequence-Produktion: Teile, die in einem bestimmten Moment gebraucht werden, können nicht nur auf den Tag, sondern auf den Arbeitsablauf genau angeliefert werden. Das spart Lagerkapazitäten und Transportkosten. Momentan beschäftigt dieser Industriekomplex rund um Ford mehr als 8.000 Mitarbeiter; davon rund 2.000 Menschen in den Zulieferunternehmen im "Supplier Parc" was Ford zu einem der größten und wichtigsten Arbeitgeber des Saarlandes und der Großregion macht.
Focus Electric wird in Saarlouis gebaut
Trotzdem gleicht die Ford-Geschichte in Saarlouis keinem lupenreinen Erfolgsmärchen. Immer wieder war das Werk auch Mittelpunkt von Standortdebatten. 2010 verlor man das Modell C-Max an das Werk in Valencia, bekam dafür allerdings exklusiv den Ford Focus zugesprochen. Vor zwei Jahren dann die "Heimkehr" des C-Max nach Saarlouis. Zuletzt verhandelten das Werk und der Betriebsrat mit dem europäischen Ford-Management über ein neues Presswerk für die Produktion des neuen Ford Focus. Zunächst sah es so aus, als würde das rumänische Werk Craiova den Zuschlag erhalten, doch am Ende setzte sich Saarlouis durch. Über die genauen Gründe wollte die Kölner Ford-Pressestelle keine Auskunft geben und verweist auf betriebsinterne Prozesse, die nicht nach außen getragen werden sollen. Nur so viel war aus Köln zu erfahren: das Werk in Saarlouis ist gut ausgelastet und der Saar-Standort gesichert. Diese Sicherheit bringt unter anderem das neue Presswerk, für das Ford in Saarlouis
44 Millionen investiert, um die neue Generation Focus in einer leichteren Bauweise produzieren zu können. Das Presswerk soll 2018 fertiggestellt werden.
Auch beim Thema Elektromobilität spielt Saarlouis mit. In einem neuen Programm zur Elektromobilität wird der Autobauer in den nächsten Jahren rund 4,5 Milliarden US Dollar weltweit in die Elektrifizierung seiner Modellpalette investieren. Bis zum Jahr 2020 sollen 13 Elektromodelle zum Produktportfolio hinzukommen. Damit wären 40 Prozent aller Ford-Modelle bereits in gut drei Jahren auch als Stromer-Variante für den Kunden verfügbar. Aktuell ist der Focus Electric noch das Modernste, was Ford im E-Segment zu bieten hat und gebaut wird auch diese Focus-Variante an der Saar. Viel Zuspruch bekommt der Öko-Focus aber bisher nicht. Genaue Zahlen darüber, wie viele Focus Electric tatsächlich das Werk verlassen, waren offiziell nicht zu erfahren, die Rede ist allerdings davon, dass sich der Absatz aktuell im Bereich "homöopathischer Dosen" bewegt.
Bei der Großinvestition in Elektromobilität geht es auch um Reichweite. Der neue Focus Electric soll mit einer Akku-Ladung gut 300 Kilometer und damit fast doppelt so weit fahren können wie sein Vorgänger. Um die E-Ford-Modelle attraktiver zu machen, soll es eine neue Gleichstromladeoption geben, mit der in einer halben Stunde die Akkus schon zu 80 Prozent aufgeladen sein sollen. Doch müssen auch die Preise stimmen. Den großen Sprung aufs Elektroparkett will Ford daher erst wagen, wenn die Preise für den Kunden und das Unternehmen interessant sind. Derzeit, so die Einschätzung bei Ford, fehle für Elektroautos vielfach noch die Akzeptanz.
Jens John