Der US-Elektroautohersteller Tesla könnte seine angekündigte Europafabrik im ehemaligen Hauptsitz von Saab in Trollhättan eröffnen. Schwedens Regierung bestätigt, dass es ernste Bemühungen gibt, Tesla anzulocken. An dem Standort werden bereits Elektroautos gebaut.
Trollhättan in Südschweden stand seit 1949 für den schwedischen Autobauer Saab. Dementsprechend groß war der Schock im Ort, als nach zahlreichen vergeblichen Rettungsversuchen 2011 klar wurde, dass Saab für immer seine Pforten schließt. Über
3.700 Menschen verloren ihre Arbeit. Nun gibt es neue Hoffnung. Der amerikanische Elektroautobauer Tesla will eine Fabrik in Europa für Elektroautos und Batterien errichten und die Wahl könnte auf die Autostadt Trollhättan fallen.
Trollhättan hat schon einen Elektroautobauer
Schwedens sozialdemokratischer Wirtschaftsminister Mikael Damberg hat kürzlich im öffentlich-rechtlichen Radio Schweden (SR) bestätigt, dass es Bemühungen gibt, Tesla nach Trollhättan zu locken. Daran beteiligen sich der Wirtschaftsverband Business Sweden und die Lieferantenorganisation FKG. Schweden biete bereits gute Infrastrukturen. Seit chinesische Investoren den Autobauer Volvo Personvagnar im nahen Göteborg übernommen haben, befinden sich Volvo und die Autozuliefererindustrie der Region wieder im Aufschwung. Auch gebe es gerade für Elektroautos und Batterien fortgeschrittene Strukturen, lautet die Argumentation. So produziert in den Fertigungshallen von Saab bereits der Elektroautohersteller Nevs. Da gebe es Kapazitäten, um Teslas Fertigung schnell in Gang zu bekommen, so ein namentlich nicht genannter schwedischer Akteur gegenüber dem SR. "Auch wenn die bestehende Fabrik in Trollhättan umgebaut werden müsste, stellen die bereits bestehenden Fertigungsanlagen einen Standortvorteil dar", so der Fachmann. "Wir haben dazu Kontakte mit Tesla bereits seit dem Frühling 2016", sagt er. Nevs will die Angaben nicht näher kommentieren, bestätigt aber gegenüber der Regionalzeitung "Sydsvenkskan", dass man gerne auch Elektroautos für andere Marken produzieren möchte.
Großfabrik für Batterien geplant
Eine Gruppe um den einstigen Tesla-Vizechef Peter Carlsson hat kürzlich auch Pläne für eine Gigafactory in Schweden bestätigt. Carlsson hat das Unternehmen Northvolt gegründet, das die für das Werk benötigten knapp vier Milliarden Euro bei Investoren einsammeln will. Ab 2020 sollen Lithium-Ionen-Batterien produziert werden. Bis 2023 soll eine Größenordnung von 32 Gigawattstunden erreicht werden. Damit käme das schwedische Werk annähernd in die Größenordnung der von Tesla im Bau befindlichen Fabrik in Nevada. Auch dieses Projekt könnte die Standortentscheidung für Tesla positiv beeinflussen, hoffen die Schweden. Aber auch Finnland, die Niederlande, Portugal und Deutschland haben Interesse an einer Tesla-Fabrik angemeldet.
Am Standort werden elektrische Antriebe gebaut
Trollhättan hat sich bislang besser ohne das Saab-Werk behaupten können als erwartet. Von den 3.700 Menschen, die nach dem Saab-Konkurs ihre Arbeit verloren, haben rund zwei Drittel schon nach drei Jahren wieder eine Anstellung gefunden. Heute ist die Arbeitslosenrate niedriger als vor dem Saab-Konkurs. Die EU hatte Geld bewilligt, damit sich die Arbeiter weiterbilden konnten, während sie Arbeitslosengeld erhielten, erklärt die Gewerkschaft IF Metall den Erfolg.
Viele profitierten von der guten Entwicklung bei Volvo in Göteborg. Auch in Trollhättan gibt es neue Arbeitgeber. So hatten sich Ingenieure der Entwicklungseinheit von Saab nach dem Konkurs mit der Firma E-AAM selbstständig gemacht. Diese entwickelt heute erfolgreich elektrische Antriebe, die ursprünglich aus der Forschung für ein Saab-Elektroauto stammen. Die Zahl der Angestellten stieg schnell von 18 auf inzwischen 140 an. "Der erfinderische Saab-Geist prägt noch immer unsere Stadt", sagt Ingenieur Anders Tysk von E-AAM der Zeitung "Dagens Nyheter". Schweden stellt sich auf das Zeitalter der Elektroantriebe ein.
André Anwar