Das Globus-Drama geht in die nächste Runde: In der frisch formierten Bürgerinitiative "Pro Betzenhölle Für Natur und Leben in den Ortskernen" fordern rund 30 Mitglieder den Erhalt ihres Naturschutzgebietes und warnen vor politischen Automatismen.
Ob es nun eine Verharmlosung war oder eine mutwillige Täuschung das kann Werner Schorr nicht genau bestimmen. Dass die von Globus genannten Zahlen allerdings so nicht stimmen können, erfuhr der Neunkircher Maler kürzlich von einem Insider. "Angedacht war eine relativ überschaubare Fläche", erinnert sich das Mitglied der frisch gegründeten Bürgerinitiative (BI) an die Unterhaltung mit einem städtischen Mitarbeiter. "Damals wurde mir versichert, dass wir, also die direkten Anwohner, davon nicht betroffen wären", betont Schorr. Das Gespräch aber öffnete ihm die Augen und versetzte den 60-Jährigen in eine Schockstarre. "Scheinbar möchte Globus bis zu 65.000 Quadratmeter Waldfläche abholzen", platzt es aus Schorr bei der ersten Pressekonferenz der Bürgerinitiative heraus. "Mit einer überschaubaren Ansiedlung hat das nichts mehr zu tun", betont Schorr weiter. "Was hier entstehen soll, ist eine gigantische Kaufkraft-Abfangmaschine ohne Rücksicht auf Verträge oder die Natur."
"Eine Kaufkraft-Abfangmaschine"
Bislang zeigt sich die Betzenhölle als ein noch naturbelassener Ort mit zahlreichen Tierarten. "Nachts streifen schon mal Rehe, Füchse und sogar Dachse an unserem Grundstückszaun vorbei", ergänzt Daniela Kirsch die Aussagen ihres Mannes. Das Haus der Familie Schorr/Kirsch befindet sich in direkter Nähe zum gefährdeten Waldstück. "Wir haben sogar Fledermäuse gesehen", berichtet die 48-Jährige. Doch wie lange die Idylle noch währen kann, ist fraglich die Globus SB-Warenhaus Holding hat die Absicht, das Waldstück für eine weitere Globus-Ansiedlung zu nutzen.
Für viele Bürger ein Horrorszenario, dem die 30-köpfige Bürgerinitiative gegründet von Dr. Daniela Kirsch, Arno Deubel und Christian Bohr jetzt massiv gegensteuert. In einem emotionalen Appell versucht Kirsch die Gemüter aufzurütteln. "Leute, wacht bitte auf", fordert die engagierte Frau, "es geht hier um viel mehr als nur um leckere Fleischkäs-Wecks." Rund 30.000 Autofahrer sollen dann täglich nach der Zählung von Kirsch durchbrettern, um ihre Einkäufe zu tätigen. Mit Naturschutz habe das dann nichts mehr zu tun.
Dabei ist das ein wichtiges Stichwort: Das Waldgebiet "Betzenhölle" ist ein ausgewiesener Bereich des Naturschutzgroßprojektes LIK.Nord und befindet sich zudem weit außerhalb der Stadt auf der "grünen Wiese".
"Daher fordern wir als Bürgerinitiative, alle Vorbereitungen zum Globus-Projekt in der Betzenhölle zu stoppen", zählt der ehemalige Stadtplaner Arno Deubel die Punkte des Forderungskataloges auf. Des Weiteren solle mehr Transparenz geboten werden und die betroffenen Bürger umfassend über die Pläne und Auswirkungen der potenziellen Globus-Ansiedlung informiert werden. "Vor allem das vorliegende Gutachten zur Standortbewertung des Warenhauses darf nicht länger geheim gehalten werden", so Deubel. Zudem erwartet die Initiative eine detaillierte Begründung, warum die Stadt das erst 2013 verabschiedete Einzelhandelskonzept bereits zwei Jahre später wieder umgeschrieben hat. Rechtzeitig und günstig für Globus. "Außerdem soll Oberbürgermeister Jürgen Fried auch erklären nachdem er eine Sortimentsbeschränkung ins Spiel gebracht hat welche Sortimente davon betroffen wären."
"Gutachten nicht länger geheim halten"
Ob die Forderungen der Aktivisten erfüllt werden, steht noch in den Sternen. Doch eins ist für die derzeit 30 BI-Mitglieder jetzt schon klar: Wenn sie jetzt nichts unternehmen, greifen bei dieser Ansiedelung politische Automatismen. "Dann wird dieses Projekt unaufhaltsam", warnt Kirsch.
Julia Indenbaum