Im Wettbewerb mit Fernbussen hat die Deutsche Bahn in kürzester Zeit jede Menge Kunden auf der Schiene verloren. Die Verluste trägt der Staat. Quasi-Monopolist Flixbus boxt die Konkurrenz weg und vernichtet Arbeitsplätze. So kann die Liberalisierung des Fernbusverkehrs nicht gelingen.
Wenn in einer Marktwirtschaft ein Unternehmen 67,4 Prozent Marktanteil innehat, ist das eine Hausnummer. Gibt aktuell der zweitstärkste Konkurrent mit seinen 12,9 Prozent auf, verbessert dies die Lage nicht. Wird ein weiterer Konkurrent mit 6,8 Prozent Marktanteil vom Marktführer aufgekauft, dann muss man keine höhere Mathematik studiert haben, um eins und eins zusammenzählen zu können. Auf dem deutschen Fernbusmarkt ist nun quasi ein Monopol entstanden, das so nicht geplant aber durchaus zu erwarten war.
Flixbus kauft Konkurrenz auf
Aber von vorn: In der vergangenen Wahlperiode des Bundestages wurde der Fernbusmarkt liberalisiert. Bis 2012 war es in Deutschland untersagt, dass Linienbusse im Inlandsfernverkehr parallel zu bestehenden Bahnstrecken auf Tour gehen können. Ausnahmeregelungen galten für "Berlin-Verkehre". Dies war einer Sonderregelung aus Zeiten, als die Mauer noch stand und die Stadt geteilt war, geschuldet.
Von CSU bis Grünen war man sich im Verkehrsausschuss einig, dass die zusätzliche Konkurrenz das Fernverkehrsgeschäft beleben werde. Die Fahrpreise gerade für jüngere Fahrgäste wurden billiger. Richtig ist auch, dass die Bahn mehrfach auf Preissteigerungen verzichtete und Bus-Tickets von neun bis
19 Euro quer durch Deutschland die Runde machten.
Doch wer zahlt die Zeche? Ein Beispiel: Fährt ein Fernzug der Bahn auf dem Netz der DB, muss die "DB-Fernverkehr", die eigenwirtschaftlich arbeitet, für jeden gefahrenen Kilometer eine Gebühr bezahlen. Dies gilt im Übrigen auch für alle anderen Bahnbetreiber. Jeder Halt auf einem Bahnhof kostet eine weitere Gebühr. Und die Fernbusse? Sie zahlen keine Autobahngebühr, obwohl sie Straßen und Brücken genau wie Lkw belasten und auch die Bushaltestellen werden kostenfrei angefahren. Größtenteils haben die Kommunen noch in die eigene Tasche greifen müssen, um die Fernbuslinien in ihre Stadt zu bekommen.
Und noch ein Kostenfaktor: Während die Bahn nach und nach jeden noch so entlegenen Bahnsteig barrierefrei umgestaltet, können Rollstuhlfahrer die Fernbusse nicht nutzen. Zwar wurde bei der Gesetzesnovelle 2012 vereinbart, dass ab 2019 alle Busse auch ein bis zwei Plätze für Rollstuhlfahrer bereithalten müssen. Tatsächlich bietet die Fahrzeugindustrie seit Jahren Einstiege über Hebebühnen an. Diese kosten jedoch Geld, das die Fernbusbetreiber nicht investieren wollen. Ob es tatsächlich dazu kommt, dass die Fernlinienbusse auch für Rollstuhlfahrer nutzbar werden, bleibt also abzuwarten. Andere europäische Länder wie Großbritannien sind da schon deutlich weiter.
Zurück zum Monopol: Marktführer "Flixbus", gegründet als "Mein Fernbus" mit seinen grünen Reisebussen, hat sein Ziel fast erreicht und bei der Übernahme der Firma "Megabus" sein wahres Gesicht gezeigt. Erste Amtshandlung war die Kündigung fast aller Mitarbeiter der übernommen Firma. Während andere Fernlinienbusunternehmen eigene Fahrzeuge und eigenes Personal haben, läuft es bei "Flixbus" anders: Hier werden Lizenzen erworben und externe Unternehmen mit der Abwicklung der Verkehrsleistung unter dem Label "Flixbus" beauftragt. Und so diente der Aufkauf der fast bankrotten Firma "Megabus" auch nur dem Zweck, ein anderes Unternehmen vom Markt zu werfen. Was aus den Mitarbeitern wird, spielte hierbei keine Rolle.
Einzig verbliebener Konkurrent auf den Autobahnen ist ausgerechnet die Deutsche Bahn, die allerdings schon zurückrudert. Derzeit werden die Linien ihrer neuen IC-Busse genau überprüft, wie defizitär sie fahren. Und was sich nicht rechnet, wird auch da gestrichen. Der Anspruch der Fernbusliberalisierung, auch Regionen anzusteuern, die abgelegen und somit vom Fernverkehr abgekoppelt sind, wird zunehmend ad absurdum geführt. Fernlinienbusse rechnen sich nur, wenn sie zwischen den großen Metropolen pendeln. Und wenn direkt an der Autobahn eine Kreisstadt liegt, dann ist ein kurzer Halt möglich. Mehr wird zukünftig nicht zu erwarten sein.
Ein Gastbeitrag von Thomas Lutze (Linkspartei),
Mitglied des Verkehrsausschusses im Bundestag
Thomas Lutze (47) ist seit 2009 Mitglied des Verkehrsausschusses des Bundestages und wohnt seit 1991 in Saarbrücken.