Nachdem vor Jahren schon die Psychologie des männlichen Tanzens untersucht wurde, haben britische Wissenschaftler jüngst veröffentlicht, was Frauen zu guten Tänzerinnen macht: ausladender Hüftschwung und asymmetrische Beinbewegungen.
Kolumbiens Pop-Queen Shakira, die auf der Bühne stets auch mit ihrem berühmten Hüftschwung für Begeisterungsstürme zu sorgen pflegt, scheint es schon immer intuitiv gewusst zu haben: Hips dont lie. In ihrem so betitelten Hit-Song aus dem Jahr 2006 offenbarte sie nicht nur das Geheimnis, dass Hüften nicht lügen können, sondern forderte die Betrachter ihrer gymnastischen Darbietungen sogar dazu auf, die Zeichen ihres Körpers genau zu lesen. Womit sie gewissermaßen schon die Vorarbeit für eine Psychologie des weiblichen Tanzes geleistet hatte.
Mit der hat sich jüngst ein Forschungsteam um den Psychologen Kristofer McCarthy von der britischen Northumbria University in Newcastle upon Tyne wissenschaftlich beschäftigt und das Ergebnis seiner Studien im Februar im Fachmagazin "Scientific Reports" veröffentlicht. Die Wissenschaftler wollten herausfinden, welche Signale Frauen beim Tanzen aussenden und haben dabei entdeckt, was Frauen zu guten Tänzerinnen werden lässt. Tanz spiele in allen menschlichen Kulturen eine wichtige Rolle, so die Forscher. Er habe keine unmittelbare Überlebensfunktion, spiele aber häufig bei der Partnerwahl eine Rolle. Und genau das sei der Grund, weshalb sich auch Wissenschaftler, die die Evolution menschlichen Verhaltens untersuchten, für das Tanzen interessierten. Bislang sei noch kaum erforscht oder bekannt gewesen, was einen Tanz besonders attraktiv erscheinen lasse.
McCarthy und sein Team ließen für ihre Untersuchung 39 Frauen vor der 3D-Kamera zu einem einfachen Beat tanzen. Sie erfassten mit Hilfe reflektierender Marken die Bewegungen der Körper. Mit Hilfe der aufgezeichneten Daten erzeugten sie dann am Computer virtuelle Charaktere, sogenannte Avatare. Die Umwandlung der realen Personen in grafische, geschlechtsneutrale Computerfiguren hatte den alleinigen Zweck zu gewährleisten, dass die männlichen und weiblichen Jury-Mitglieder allein die Bewegungen und nicht unbewusst andere Qualitäten der Tänzerinnen wie gutes Aussehen in ihre Bewertungen einfließen lassen sollten. Die Jury verteilte dann Punkte zwischen eins und sieben. Anschließend überprüften die Wissenschaftler, welche Tanzbewegungen zu einer besonders guten Bewertung geführt hatten.
Das Ergebnis: Sowohl Männern als auch Frauen gefielen Tänzerinnen, die ihre Hüften ausladend geschwungen hatten. Wichtig war dabei auch, dass sich die Beine, genauer gesagt die Oberschenkel, unabhängig voneinander und möglichst asymmetrisch bewegen sollten das alles in Kombination mit deutlich geschwungenen Armen. Speziell der Hüftschwung sei ganz elementar, weil Beobachter daran das Geschlecht erkennen könnten, so die Forscher. "Typische feminine Tanzeigenschaften", sagt McCarty, "verbessern die Bewertung der Attraktivität. Beobachter können darin Fruchtbarkeit erkennen, je nachdem in welcher Phase des Zyklus sie sich befindet".
Anzeichen für mögliche Erkrankung
Auch Informationen über den Gesundheitszustand der Tänzerinnen würden unbewusst vermittelt. Eine asymmetrische Bewegung der Gliedmaßen signalisiere eine gute Kontrolle der Motorik solange keine "unkontrollierten pathologischen" Bewegungen dabei herauskämen. Bewegungsstörungen könnten Hinweise auf Krankheiten sein.
Die einzelnen Tanz-Merkmale konnten bei gleicher Bewertung auf unterschiedliche Weise miteinander kombiniert sein. Tänzerinnen mit einem eher schwachen Hüftschwung und stark asymmetrischen Beinbewegungen erreichten daher beispielsweise die gleichen Noten wie solche mit ausgeprägtem Hüftschwung und geringen Beinbewegungen. Es gebe nicht nur eine einzige optimale Konfiguration für eine gute Tanz-Bewertung, sondern mehrere Möglichkeiten, diese zu erreichen. Dank der aktuellen Studie wisse man nun, so das britische Forscher-Team, was Frauen zu guten Tänzerinnen mache: "Wir sind nun in der Lage, den eventuellen Signalwert dieser Bewegungsmuster genauer zu betrachten, etwa den Zusammenhang zwischen den Bewegungen und der Fortpflanzungsfähigkeit der Frau."
Die Studie reihe sich, so Denis Temme vom Institut für Tanz und Bewegungskultur an der Deutschen Sporthochschule in Köln, in eine Vielzahl von Untersuchungen zur Attraktivität von Bewegungen ein. Wenn es um die Frage gehe, was guter Tanz sei, lasse sich dies aber nicht auf einzelne Bewegungen reduzieren: "Ein guter Tänzer", sagt Temme, "zeichnet sich aus durch eine ausgeprägte Fähigkeit zur Körper- und Bewegungswahrnehmung. Er kann nicht nur eine bestimmte Bewegung ausführen, sondern er entscheidet, ob und falls ja, wie er sie realisiert. Und er ist sich dessen bewusst, wie seine Bewegungen jeweils wahrgenommen werden können. Eine solche bestimmte Bewegung kann durchaus ein Hüftschwung sein, aber wenn der Tänzer in jedem Tanz einen Hüftschwung einsetzt, wäre das sicher kein Zeichen für ein Tanzkönnen oder einen differenzierten Umgang mit den Bewegungsmöglichkeiten des Körpers".
Innerhalb ihrer Forschungen hatten die Wissenschaftler der Universität in Newcastle anno 2010 bereits tanzende Männer untersucht und das Ergebnis in den "Biology Letters" publiziert, sprich sich auf die Suche nach den biomechanischen Feinheiten von attraktivem Männertanz begeben. Dazu hatten sie 19 Männer im Labor zu einem einfachen Rhythmus tanzen lassen und die Bewegungsdaten mittels des Motion Capture Systems auf Avatare übertragen. Deren Tanz wurde anschließend 35 heterosexuellen Frauen am Monitor ohne jegliche Musikuntermalung vorgeführt. Das Ergebnis: Besonders attraktiv fanden es die Frauen, wenn die Männer ihren Rumpf, ihre linke Schulter und ihren Hals großzügig und abwechslungsreich bewegten. Auch die Geschwindigkeit, der perfekte "Twist" des rechten Knies war für sie ein wichtiger Indikator, ob sie den Tanz der Männer gut fanden oder nicht. Allerdings ließen sich daraus, so seinerzeit die Forscher, noch keine Schlüsse ziehen, welche männlichen Merkmale Frauen konkret mit den verschiedenen maskulinen Tanzstilen in Verbindung bringen. Aber: "Die Männer in der ganzen Welt werden daran interessiert sein, welche Tanzbewegungen bei Frauen gut ankommen. Mit dem Wissen können sie entsprechend trainieren und damit ihre Chancen bei Frauen verbessern".
Peter Lempert