Das „Canapé" war einst eine Adresse für Genießer in St. Arnual. Doch längst haben die Pächter gewechselt und der Name ist neu: Dagmara Wozniak und Kolin Schult verwöhnen in der „Auberge Rouge" ihre Gäste mit einer frischen und authentischen Küche.
Dagmara Wozniak und Kolin Schult heißen seit rund 18 Monaten die Betreiber des ehemaligen „Canapé". Doch den Namen wollten sie nicht übernehmen, also tauften sie ihr Baby „Auberge Rouge". Beide stammen aus der Filmbranche und sind durch mehrere Zufälle auf das Haus aufmerksam geworden. Doch erst mal zurück zu den Anfängen: Dagmara Wozniak wurde in Polen geboren und kam 1986 nach Saarbrücken. Zuerst ging sie hier zur Schule und studierte danach an der Universität des Saarlandes. Nebenbei jobbte sie in der Gastronomie, um das Studium zu finanzieren.
Langenfeld und St. J. in Saarbrücken und Monsieur Hulot in Dudweiler waren ihre Stationen. Nach dem Studium zog sie nach Nordrhein-Westfalen, wo sie Kolin Schult kennenlernte. Sein Vater ist der Aktionskünstler HA Schult. Kolin Schult erzählt: „Neben diesen großen Aktionen, die mein Vater auf die Beine stellte, gab es natürlich auch immer gutes Essen. Ich kochte mit meiner Mutter damals schon immer. So lernte ich auch kochen. Alfred Biolek ist mit meinen Eltern befreundet, und als dieser seine Fernsehsendungen startete, hab’ ich bei ihm einen Job bekommen. Ich wurde seine Küchenhilfe."
Kolin Schult stammt aus München und studierte in Berlin Regie. 1994 drehte er seinen ersten Film „The Big Pink". Der Streifen lief etliche Male im ZDF und bescherte ihm den Adolf-Grimme-Preis. Meine Hochachtung!
Er ist Dokumentarfilmer und war auf dem Weg nach Freiburg, um dort einen Job zu bekommen. Daraus wurde aber nichts – sein Leben nahm eine extreme Wende.
Bei einem Besuch in Saarbrücken kam er mit Gastronomen ins Gespräch, die ihre Karte umgestalten wollten. Er schlug ihnen vor, Tartes auf die Karte zu setzen. Die befreundeten Gastronomen meinten, dass Schult doch die Tartes für sie machen könne. Gesagt, getan. Täglich bestellten sie mehr Tartes. Schults Idee kam an. Als Renner entpuppte sich die Tarte mit Mangold, Thymian und Oliven. Weitere Aufträge folgten: Für einen runden Geburtstag, der auf dem Theaterschiff gefeiert wurde, bereitete er ebenfalls Tartes zu. Darauf folgte ein Auftrag für eine Hochzeitsgesellschaft – wieder sollte er Tartes machen. Irgendwann hieß es nun, sie brauchen eine Küche und gründeten eine Catering-Firma.
Kleinere Veränderungen vorgenommen
Sie fragten im „Canapé", das damals leerstand, ob sie die Küche mieten könnten. Das klappte allerdings nicht, da Vermieterin Ute Schmidt-Regitz Pächter für das Lokal suchte.
Fündig wurden sie auf dem Saarbrücker Wackenberg im Landesamt für Umwelt und Arbeitsschutz. Für die dortige Kantine kochten die Gastronomen dreieinhalb Jahre lang einen Mittagstisch.
Mit dem Gedanken, ein Restaurant zu betreiben, trugen sich die beiden schon seit Jahren. Doch alles musste passen. Es dauerte lange, bis sie schließlich genau das fanden, was sie suchten. Dagmara Wozniak bringt es auf den Punkt: „Als Caterer gibt man das, was man geschaffen hat, beim Auftraggeber ab. Wir aber sind Gastgeber. Wir wollen Gäste empfangen, wir wollen mit unseren Gästen zusammen etwas gestalten."
Oft gingen sie in der Zeit, als sie für die Landesbehörde den Mittagstisch kochten, in der Bruchstraße vorbei, denn sie wohnen in St. Arnual. Dieser Laden gefiel ihnen. Und eines Tages konnten sie ihn mieten. Im Februar 2017 wechselten sie dann in die Bruchstraße und nannten ihr neues Restaurant „Auberge Rouge".
Seit vielen Jahren bin ich heute wieder mal dort. Es gibt einige Veränderungen. Vorne, neben der Theke, wo früher der Stammtisch stand, steht heute ein Hochtisch. Bis auf die Vinothek, am Durchgang zum hinteren Raum, hat sich sonst nur wenig verändert. Etwas ganz Besonderes ist der Garten, vor allem die Felsen, die dort im Sommer Kühle und Schatten spenden sind besonders. Im Sommer wollen selbstverständlich die Gäste dort speisen.
Auf der Karte stehen Bistrogerichte, doch allein darauf wollen sich die Betreiber nicht konzentrieren. Gern darf es auch schon mal etwas feiner sein, wie etwa bei der Ente mit Granatäpfeln. Auch andere feinere Gerichte gehören zu ihrem Konzept.
Die Pächter wollen Tanznachmittage veranstalten
Kolin Schult gestaltet die Karte, kocht seine Fonds selbst. Natürlich gibt es auch Klassiker, die das ganze Jahr über gekocht werden. Etwa Froschschenkel in Petersilienbutter, Merguez mit Taboulé, Cordon bleu mit Bratkartoffeln oder Boeuf bourguignon. Letzteres wollten sie eigentlich im Sommer von der Karte nehmen, was von den Gästen aber nicht wohlwollend aufgenommen wurde. Daneben gibt es vier unterschiedliche Salate, vier Vorspeisen, sechs Hauptgänge, drei Desserts und zwei Gerichte für Kinder. Auch für Vegetarier findet sich etwas. Fischgerichte stehen grundsätzlich auf dem Tableau, da sie nach Angebot des Marktes gekauft werden. Die Karte ist wohltuend klein, ergänzt durch aktuelle Tagesgerichte. Dies lässt auf Frische der Produkte schließen und auf eine Küche der Jahreszeiten. Comme il faut – wie es sich gehört!
Unterstützt wird Colin Schult in der Küche von dem jungen Syrer Adham Nasser. Er fing als Küchenhilfe an, hatte in Italien schon mal zwei Jahre in einer Küche gearbeitet. Er kann aber viel mehr, als nur die Spülmaschine zu bedienen. Jetzt übernimmt er im Hause immer mehr Aufgaben in der Küche.
Gern gehen die Betreiber auch auf besondere Wünsche der Gäste ein, und dies nicht nur für Familien- oder Firmenfeiern. Sie wollen mit ihrem Angebot ein breites Publikum ansprechen. Sie möchten sich da auch gar nicht festlegen.
Hört man Schult und Wozniak eine Weile zu, merkt man, dass beide Künstler sind. Und beide haben auch spezielle Ideen. So wollen sie zum Beispiel in ihrem Restaurant eine kosmopolitische Begegnungsstätte schaffen. Geplant sind etwa auch Tanznachmittage wie die in Ballhäusern großer Städte. Weitere Ideen werden sicherlich bald aus ihnen heraussprudeln.
Ein erster Blick auf die Weinkarte macht mich stutzig. Weine von Molitor werden hier glasweise ausgeschenkt. Das ist ungewöhnlich. In Sachen Wein arbeiten sie mit dem Losheimer Handelshaus Spies zusammen. Ohne zu übertreiben, kann man sagen, dass dies eine der besten Adressen im Saarland ist. Als weintrinkender Gast kommt man nicht darumherum, sich die Flaschen in der Vinothek anzusehen. Denn: Diese Flaschen wechseln mit der Speisekarte. Kolin Schult ruft alle paar Wochen in Losheim an, berichtet von den neuen Küchen-Kreationen, und Spies liefert die dazu passenden Weine. Als ich mich in der Vinothek umsah, fand ich dort auch Nic Weis, Van Volxem und Prüm. Auch bei den Rotweinen werden die Gäste ganz besondere Tropfen finden. Viele kommen aus Deutschland, Italien, Frankreich und Spanien. Oft kann man die nur in ganz großen Häusern finden.
Das Pächter-Paar freut sich, dass es in St. Arnual sein Glück gefunden hat. Mit den Kollegen anderer Wirtshäuser wie etwa „Unter der Linde" pflegen sie ein freundschaftliches Verhältnis. Man hilft sich gegenseitig, das fing schon mit Jürgen Becker an und ist nach dessen Tod im vergangenen Winter mit seinem Sohn Sebastian Becker unverändert geblieben.
Dagmara Wozniak sagt dazu: „Wir fanden beide, die Linde und wir, dass es eine Aufwertung des Stadtteils ist, wenn beide Häuser ihr Publikum haben." Dem ist nichts hinzuzufügen.