Ein 19-Jähriger schießt an einer Highschool in Florida um sich. 17 Menschen sterben, Dutzende werden verletzt. Der Täter wird gefasst. Politiker und Prominente sind fassungslos über das Massaker – eines von so vielen in den USA. Am Waffenrecht ändert dies nichts. Auch nicht, als zwei Monate später ein weiterer Schütze Mitschüler in Texas tötet.
Der Valentinstag ist an den Schulen der USA ein Tag, an dem es besonders nett zugeht in den Klassenräumen. Viele Schüler bringen für ihre Mitschüler Geschenke mit, manche Lehrer organisieren Feiern. In Parkland im Bundesstaat Florida bringt ein 19-Jähriger an diesem 14. Februar eine halbautomatische Waffe mit in die Marjory Stoneman Douglas Highschool – und jede Menge Munition. Er erschießt 17 Menschen und verletzt Dutzende weitere. Entsetzliche Szenen spielen sich ab. Polizei, Ärzte und Politiker sind fassungslos – wieder einmal. Und wieder fordern Prominente über soziale Medien ein schärferes Waffengesetz.
Der Schütze – laut Beschreibungen von Schülern ein Einzelgänger mit Faible für Schusswaffen und Messer – hatte einen Feueralarm ausgelöst, wie Senator Bill Nelson erklärte. Unter einer Gasmaske geschützt, habe er Rauchbomben gezündet und dann das Feuer auf die fliehenden Schüler und Lehrer eröffnet.
129 Lehrer unterrichten an der Schule mehr als 3.000 Schülerinnen und Schüler von der 9. bis zur 12. Jahrgangsstufe. Der Schütze war keiner mehr von ihnen. Er war schon zuvor aus Disziplinargründen von der Schule geflogen, wie Sheriff Israel berichtete.
Viele Schüler lieferten verzweifelte Berichte ab. Sie schilderten, wie sie an Leichen und Blutlachen vorbei die Schule verließen mussten, wie sie in Abstellräumen, Spinden oder unter Schulbänken Schutz suchten. Einige schrieben ihren Eltern via Handy stumme Hilfeschreie: „Was soll ich tun, wo soll ich hin?" Der Täter habe große Mengen Munition bei sich gehabt. Nach Medienberichten benutzte er eine halbautomatische Waffe des Typs AR-15 oder einen Nachbau dieses Modells. Diese Waffe wurde auch bei anderen aufsehenerregenden Bluttaten benutzt – etwa ein Jahr zuvor in Las Vegas, als bei einem Massaker 59 Menschen starben.
Die „Washington Post" fand heraus, dass der junge Mann ein Leben als kleiner Tyrann geführt hat. Cruz habe seinen Hund so abgerichtet, dass er die Meerschweinchen der Nachbarn totbiss, mit dem Luftgewehr habe er Eichhörnchen und Hühner im Nachbarsgarten erlegt. Die Polizei sei viele Male in dem schmucken Haus in der geschniegelten Siedlung mit kurz geschnittenem Rasen und Palmen gewesen. Die Nachbarn sagten der Zeitung, sie seien erleichtert gewesen, als die Familie ihr Haus verkaufte und auszog.
Die USA lernen nichts aus den Massakern
Die Polizei sprach von einem „sehr, sehr verstörenden Online-Profil". Offenbar hatte der junge Mann Gewaltfantasien ins Internet gestellt. Das FBI war vor einigen Monaten einer Spur nachgegangen, die aber doch im Sande verlief. Damals hatte ein Nutzer unter dem Namen „Nikolas Cruz" auf Youtube einen Kommentar veröffentlicht und erklärt: „Ich werde ein professioneller Schul-Schütze sein."
An der Schule galt Cruz Mitschülern zufolge als schwieriger Einzelgänger, ohne Freundeskreis – und als Waffennarr. In sozialen Netzwerken habe er gern Bilder von Messern oder Pistolen gepostet. Ein Lehrer sagte, Cruz war bereits als gefährlich eingestuft, bevor er im vergangenen Jahr von der Schule verwiesen wurde. Es soll zu Schlägereien mit dem „Neuen" der Ex-Freundin gekommen sein. Bis kurz vor der Tat, so berichteten Schüler in US-Sendern, habe man noch gewitzelt: „Wenn hier einer mal Amok läuft, dann ist es wahrscheinlich Nicolas Cruz."
Obwohl überall im Land in der Folge schärfere Waffengesetze gefordert werden, rudert Präsident Donald Trump nach anfänglichen Zugeständnissen schnell wieder zurück. Die mächtige Waffenlobby NRA wendet sich vehement gegen jede Verschärfung der geltenden Waffengesetze. Sie unterstützt aber eine Bewaffnung von Lehrern, die wiederum von der National Education Association, der größten Lehrervereinigung des Landes, und vielen anderen Gruppen abgelehnt wird.
An der Haltung ändert auch eine weitere Schießerei an einer Highschool im texanischen Santa Fee am 18. Mai nichts. Dabei erschießt ein 17-Jähriger zehn Menschen – neun Schüler und einen Lehrer. Außerdem werden zehn weitere Menschen zum Teil schwer verletzt, darunter zwei Polizisten. Der junge Mann hatte eigentlich die Absicht, Selbstmord zu begehen. Aber dann verließ ihn offenbar der Mut. Wie der Florida-Schütze wurde auch er festgenommen.
An den Waffengesetzen in den USA hat all dies nichts geändert – trotz aller Proteste und Versprechen. Die Organisation der Schüler von Parkland in Florida erklärte sich solidarisch mit ihren Mitschülern in Texas und forderte die Politik zum Handeln auf.
Obwohl dies der 22. Schusswaffengebrauch dieses Jahres in einer Schule sei, dürfe es „nicht unter den Teppich gekehrt und vergessen werden", erklärten die Schüler. „Wenn nichts unternommen wird, werden weiter Tragödien wie diese passieren." Appelle, die verhallen – wieder einmal.