Ein Pariser Zuckerbäcker konservierte Lebensmittel um 1796 in einer Champagner-Flasche. Wenig später wurden in Großbritannien die ersten Konservendosen hergestellt.
ls Napoleon Bonaparte 1795 zum Befehlshaber der französischen Armee ernannt worden war, machte er sich sogleich Gedanken über die Verpflegung seiner Truppenverbände: „Eine Armee marschiert mit ihrem Magen." Ihm war klar, dass seine Männer bei ihren Feldzügen etwas mehr als nur Kartoffeln und Brotkanten aus geplünderten Dörfern benötigten, weil die Unterernährung seiner Soldaten mehr Opfer forderte als der Kampf auf den Schlachtfeldern. Er benötigte dringend haltbare Lebensmittel und schrieb daher 1795 für die Erfindung eines neuen Konservierungsverfahrens einen mit 12.000 Goldfranken hochprämierten Wettbewerb aus.
Dem aus der Champagne stammenden Nicolas Appert, der nach seiner Ausbildung zum Meisterkoch einige Jahre in Zweibrücken und Forbach gelebt und inzwischen in Paris eine kleine Confiserie aufgebaut hatte, war das zu Ohren gekommen. Kurzerhand schloss er sein Geschäft und zog sich zum Tüfteln in eine Werkstatt in Ivry-sur-Seine zurück. Nach einigem Experimentieren war er auf die Idee gekommen, Lebensmittel durch luftdichtes Abfüllen und anschließendes Erhitzen haltbar zu machen, wofür auch heute noch gelegentlich der Begriff „Appertisieren" verwendet wird. Zunächst benutzte er Champagnerflaschen, deren Korken mit einem Draht festgezurrt und zusätzlich noch versiegelt wurden, um anschließend in einem Wasserbottich erhitzt zu werden. Dass der Inhalt dabei steril wurde, war damals noch unbekannt, das sollte erst Louis Pasteur um 1865 herausfinden. Appert ging davon aus, dass der Luftabschluss der entscheidende Aspekt war, weil dieser vermeintlich die Speisen ähnlich wie beim Wein konservieren sollte. Bevor er seine Erfindung bei Napoleon eingereicht hatte, war er von den Champagnerflaschen auf praktischere Glasbehältnisse umgestiegen. Napoleon ließ die Konservengläser zunächst einige Monate von seinen Soldaten testen und zeigte sich ob der Frische von Fleisch und Gemüse mehr als angetan. Appert wurde zum Wettbewerbs-Sieger erklärt, eröffnete 1802 die erste Konservierungsfabrik der Welt in Massy bei Paris und erhielt 1805 den Goldpreis vom Kaiser persönlich ausgehändigt. Dass leicht zerbrechliche Konservengläser noch nicht der Weisheit letzter Schluss sein konnten, wurde in den Kriegen schnell klar.
Essen aus der Champagner-Flasche
Das hatte auch ein gewisser Philippe Herni de Girard erkannt, der als Erfinder der Flachsspinnmaschine bekannt werden sollte. Er hatte Apperts 1810 veröffentlichte Abhandlung über „Die Kunst des Konservierens" aufmerksam gelesen und ersetzte das Glas durch Blechbehältnisse. Da er nach England geflüchtet war, konnte er dort als Staatsangehöriger eines Kriegsgegners kein Patent für seine Entdeckung anmelden. Daher weihte er den britischen Händler Peter Durand ein, der die Blech-Konservendose am 25. August 1810 patentieren ließ. Da Durant keine Produktionsstätten besaß, verhökerte er sein Patent für 1.000 Pfund an die Briten Bryan Donkin und John Hall, die ab 1813 in London unter dem Namen Donkin, Hall & Gamble eine Konservenfabrik aufbauten und ab 1818 ihre Produkte an die britische Armee verkauften. Wenig später, 1825, ließen sich in den USA Thomas Kensett und Ezra Dagett ihre Konservendosen patentieren. Zwar waren die Blechdosen unzerbrechlich, da sie aber mit Blei verlötet waren, das leicht ins Füllgut eindringen konnte, gab es in den folgenden Jahrzehnten jede Menge schleichende Bleivergiftungen unter den Armeeangehörigen, aber auch bei Mitgliedern bekannter Arktisexpeditionen oder unter Robbenjägern. Da der Dosenöffner noch nicht erfunden war – das sollte erst 1855 geschehen – musste den Lebensmitteln mit Bajonett, Beil, Messer oder Hammer und Meißel zu Leibe gerückt werden. Bis Ende des 19. Jahrhunderts waren die in der Herstellung sehr aufwendigen und daher teuren Konservendosen mehrheitlich dem Militär vorbehalten. Dank der fortschreitenden Technisierung begann um 1900 dann aber auch der Siegeszug der Konserven in den Haushalten, in den USA ab 1892 gepuscht durch den Verkauf in den neuen großen Warenhäusern. 1900 verließen in den USA bereits 700 Millionen Dosen die Fabrikhallen.