Vor einem Jahr verkündete der 1. FC Saarbrücken die Zulassung seines Nachwuchsleistungszentrums. Nun ziehen die Verantwortlichen erste Bilanz.
Wenn Fußballlehrer Oliver Schäfer über das Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) des 1. FC Saarbrücken spricht, dann bemüht er einen Vergleich aus der Försterei. „Im Endeffekt ist Jugendarbeit vergleichbar mit der Pflege eines Waldes. Manchmal muss man Stück für Stück aufforsten und dann die Entwicklung begleiten. Das dauert seine Zeit, sieht am Ende aber gut aus." Gemeinsam mit Jugendleiter Nico Weißmann ist der 51-Jährige als Chef des NLZ verantwortlich für die Nachwuchsförderung des FCS. Die Jugend war in den vergangenen Jahren ein Zankapfel. Das erste NLZ, das von 2004 bis 2007 bestand, wurde nach dem vorrübergehenden Abstieg in die Oberliga gestrichen. Danach gab es mehr oder weniger halbherzige Versuche, ein neues zu installieren, bis der heute amtierende Sportdirektor Marcus Mann die Wiederanmeldung zur Chefsache machte. Es galt, die Verantwortlichen des Deutschen Fußball-Bundes davon zu überzeugen, dass der FCS seine neuen Ziele mit Nachhaltigkeit verfolgt. Seit dem 1. Januar 2019 ist das NLZ nun „am Netz". Die Infrastruktur am Sportfeld ist gut, auch wenn Oberligist Röchling Völklingen derzeit zwei Trainingseinheiten dort absolviert. Mit der Fertigstellung des Ludwigsparks im kommenden Sommer wird sich auch dieses Problem erledigt haben. „Die Infrastruktur ist gut, wir müssen unsere Mannschaften nicht übers Land verteilen. Wir haben kurze Wege, auch wenn die Kabinenbelegung manchmal etwas schwierig ist", sagt Weißmann. Der 38-jährige Gymnasiallehrer kann nach knapp einem Jahr eine durchaus positive Bilanz ziehen. „Wir haben einen neuen Kunstrasenplatz, eine gute Ausstattung in Sachen Infrastruktur. Wir können Fitnesseinheiten vor Ort absolvieren, arbeiten mit Psychologen, Fitnesstrainern, Ernährungsberatern und Lehrern zusammen. Es ist uns wichtig, dass die Eltern wissen, dass ihr Kind bei uns in guten Händen ist."
Gute Infrastruktur im Sportfeld
Mit Schäfer sowie den Nachwuchstrainern Karsten Specht und Tobias Eisel verfügt der FCS derzeit über drei hauptamtlich Beschäftigte im NLZ. Nach den modifizierten Regularien des DFB wird im kommenden Jahr ein weiterer hinzukommen. „Die Anforderungen werden höher, daran müssen wir uns messen lassen", sagt Sportdirektor Mann. Das gilt auch für die Ergebnisse. Dort haben die Blau-Schwarzen Nachholbedarf, die letzte Meisterschaft in den Leistungsklassen liegt drei Jahre zurück, die Bundesligajahre von U19 und U17, die 2014 gemeinsam aufstiegen, fast schon Lichtjahre. „Es geht aufwärts, aber es wird immer Rückschläge geben. Aber wir haben uns in den vergangenen Jahren sicherlich verbessert", sagt Weißmann. Prunkstück ist die U19, die von Ex-Profi Schäfer gecoacht wird und die an der Tabellenspitze steht. „Fußball ist ein Leistungssport, und wenn man die Möglichkeit hat, Meister zu werden, dann muss man sie wahrnehmen. Auch wenn die Aufstiegsspiele gegen den Hessenvertreter für die Saar-Vereine traditionell schwierig zu gewinnen sind", sagt Schäfer.
In diesem Bereich hat beim FCS ein Umdenken stattgefunden. Entschied man sich vor einigen Jahren dafür, die Kräfte auf die U19 zu konzentrieren und dafür auf eine U23 zu verzichten, ist die Junioren-Bundesliga nun nicht mehr das allem untergeordnete Ziel. „Ein Verein wie der FCS tritt in der Bundesliga gegen Mannschaften wie Bayern München oder die TSG Hoffenheim an. Das ist einerseits eine tolle Sache, andererseits sind das Clubs, die meilenweit von uns entfernt sind", sagt Sportchef Mann. Und Schäfer fügt hinzu: „Die Regionalliga ist für uns im Jugendbereich keine schlechte Klasse, wir können den Spielern fußballerische Dinge vermitteln und sie ganzheitlich ausbilden. In der Bundesliga musst Du dich an jedem Spieltag strecken und schauen, dass Du nicht abgeschossen wirst. Da kann die Ausbildung auf der Strecke bleiben."
Ohnehin wird viel vom Abschneiden der ersten Mannschaft abhängen. Steigt diese auf, wird der Verein auch für den Nachwuchs attraktiver. „Und natürlich ist es so, dass ein Trainer in der Dritten Liga auch mal die Möglichkeit hat, einen jungen Spieler ins kalte Wasser zu werfen. Im Moment sind wir in der Situation, dass wir Woche für Woche zum Siegen verdammt sind. Da entscheidet sich der Trainer dann doch eher für einen erfahrenen Spieler, der im Endeffekt vielleicht einen Fehler weniger macht", sagt Mann. Die Kritik des Elversberger NLZ-Leiters Jens Kiefer, der saarländischen Fußball-Jugend fehle die letzte Gier, können die FCS-Verantwortlichen nur bedingt teilen. „Ich will das nicht pauschalisieren. Der Fußball hat Konkurrenz bekommen, das Freizeitangebot für Kinder ist groß. Um ganz nach oben zu kommen, braucht man sehr viel Talent, eine sehr gute Ausbildung und ein hohes Maß an Eigenmotivation. Nicht jeder ist dafür geschaffen", sagt Schäfer. Und Weißmann pflichtet bei: „Der Prozentsatz an Spielern, die später mit Fußball Geld verdienen, ist sehr gering. Das wissen auch die Eltern, und es gibt eben auch welche, die dann entscheiden, dass der Aufwand, den wir betreiben, zu hoch ist."
Zusammenarbeit mit SVE unrealistisch
Dass es dem FCS seit Jahren nicht mehr gelungen ist, ein Eigengewächs zum Stammspieler in der Ersten Mannschaft zu machen, führt Mann übrigens nicht auf Fehler der Vergangenheit zurück. „Man muss die Dinge realistisch sehen. Gerade die Erstligisten haben Millionen in die Infrastruktur und ins Scouting investiert. Wenn ein 14-Jähriger richtig gut ist, fällt der nicht mehr durchs Sichtungsraster. Den können wir einfach nicht halten." Immerhin: Durch die Zertifizierung des NLZ ist die Abwanderungsquote gesunken, zudem erhält der FCS bei einem Wechsel eine Ausbildungsentschädigung. „Wir haben mit Ivan Sachanenko und Lukas Quirin zwei Jungs aus dem eigenen Nachwuchs gegen Ablöse zu Bundesligavereinen abgegeben. Damit haben wir bereits ein Stück weit unsere Zielsetzung erreicht", sagt Mann. Und in einem weiteren Punkt sind sich die FCS-Verantwortlichen einig. Eine immer mal wieder angedachte Zusammenarbeit mit der SV Elversberg wäre wohl nur schwierig zu bewerkstelligen. „Die Frage, ob es sinnvoll wäre, die Kräfte im Jugendbereich zu bündeln, ist legitim, aber ich halte das in der Praxis für nicht durchführbar. Ein gesundes Konkurrenzverhältnis ist vielleicht sogar besser als eine krampfhafte Zusammenarbeit, in der am Ende der Ärger vorprogrammiert ist", sagt Weißmann. Schäfer ergänzt: „Selbst eine Zusammenlegung beider NLZ ist keine Garantie, dass wir eine Jugendmannschaft dauerhaft in der Bundesliga etablieren. Das Saarland ist ein kleines Land, und wir sollten keine Wunderdinge erwarten. Es ist wichtig, dass wir uns Schritt für Schritt entwickeln."