Miroslav Klose war ein Superstar und das ganz ohne Allüren. Diese Werte versucht er als Trainer nun an die Talente weiterzugeben.
Seit Sommer vergangenen Jahres ist Miroslav Klose als Trainer in der Jugend des FC Bayern München aktiv. Dort konnte der 41-Jährige bislang absolut überzeugen. Mit der U17 gewann der Weltmeister von 2014 in seiner Debütsaison überraschend die Meisterschaft in der Staffel Süd/Südwest. Eine Beförderung zum Coach der U19 lehnte Klose – trotz Bitte von Sportdirektor Hasan Salihamidzic – vor wenigen Wochen allerdings ab. Anfang September ist Miroslav Kloses Biografie „Miro" erschienen. Der Weltmeister hat daran mitgearbeitet, vor allem, weil die Chemie zwischen ihm und dem Autor Ronald Reng stimmte. „Ich wurde in der Vergangenheit von vielen Menschen nach meiner Geschichte gefragt, wie ich eigentlich Profi geworden bin. Viele hielten meine Laufbahn für eine sehr spannende, nicht alltägliche Geschichte, an der man sich auch heute noch motivieren kann. So ist die Idee entstanden. Mein Berater Alex Schütt und ich trafen uns dann mit einigen Autoren, um das richtige Gefühl zu entwickeln. Bei Ronald Reng war ich mir sofort sicher, dass er die Lebensgeschichte so erzählen kann, wie sie wirklich passiert ist", erzählte Klose der „Münchner Abendzeitung".
Der Pfälzer absolvierte eine Lehre als Zimmermann, kickte beim FC Homburg und diente sich über die Zweite Mannschaft des 1. FC Kaiserslautern zum Profi hoch. Mit 22 Jahren stand er zum ersten Mal in der Bundesliga auf dem Platz. „Es gab damals ja noch nicht diese ganzen Nachwuchsleistungszentren. Außerdem musste ich noch einen Beruf erlernen, weil meine Eltern gesagt hatten, dass ich vorher nicht auf die Profifußball-Karte setzen darf. Irgendwann spielte ich dann in den Zweiten Mannschaften von Homburg und Kaiserslautern und habe gemerkt, dass der Schritt nicht mehr so groß ist. Ich habe mich schon früh wie ein Profi ernährt und verhalten, aber da hat es mich dann richtig gepackt. Und ich hatte, Gott sei Dank, Trainer, die auf meinen Spielstil standen", sagte Klose.
Eine heutige Karriere ist nach Ansicht des 41-Jährigen kaum noch möglich, wie er gegenüber der „Münchner Abendzeitung" betonte. „Ich kann es mir nicht vorstellen. Mittlerweile sind so viele Scouts unterwegs. Ich glaube nicht, dass hochtalentierte Spieler noch durchs Raster fallen. Aber es ist natürlich nach wie vor möglich, dass sich viele erst spät entwickeln, mit 16 oder 17." Auf die Frage, ob er mehr Talent oder mehr Wille gehabt habe, spricht er von einer gerechten Verteilung. Schnelligkeit und Sprungkraft habe er von seinen Eltern vererbt bekommen. Das andere seien die Einstellung, die Bereitschaft gewesen. Er habe dem Fußball früh alles untergeordnet, sei nicht in die Disco gegangen, sondern habe jedem gesagt: Ich will Fußballprofi werden. Einige hätten ihn dafür belächelt: „Wenn ich jetzt noch mal 17 wäre, dann gehe ich davon aus, dass ich es wieder schaffen würde. Weil ich diese Einstellung habe, diesen unbändigen Willen, das ist irgendwie in mir drin."
„Der Schritt war nicht so groß"
Dies hat sich bis heute nicht geändert. Obwohl der Start in die Trainerlaufbahn erfolgreich war, sieht sich Klose nach wie vor als „Lernender", wird im kommenden Jahr die Fußballlehrer-Lizenz erwerben: „Dank meiner Karriere und dank des Niveaus, auf dem ich gespielt habe, weiß ich, wie sich Spieler in Drucksituationen fühlen, und wie man damit umgehen kann. Ich kann die Spieler sozusagen verstehen. Um ein guter Trainer zu sein, muss man aber viel mehr können, deine Erfahrungen allein qualifizieren dich nicht dafür", sagte er gegenüber der Tageszeitung „Die Welt".
Langfristig möchte er aber durchaus in einer höheren Spielklasse trainieren. „Mein Ziel ist es, in der Bundesliga oder in der Serie A eine Spitzenmeisterschaft zu trainieren. Ich werde sehen, ob sich die Gelegenheit ergibt", erklärte Klose gegenüber der italienischen Tageszeitung „La Gazzetta dello Sport": „Wenn ich den Fußballlehrer mache, muss das in gewisser Weise mein Ziel sein. Aber ich bin noch total zufrieden und glücklich mit meiner Jugendmannschaft. Dass der FC Bayern mir das ermöglicht hat, finde ich super. Da kann ich sehr viel mitnehmen." Die Arbeit innerhalb des Nachwuchses des deutschen Rekordmeisters sieht er daher als Pflichtprogramm. „Ich bin überzeugt, dass man Nachwuchsteams trainieren muss, um diesen Job wirklich zu begreifen", sagte Klose gegenüber dem italienischen Medium. Als Coach habe er einen hohen Anspruch an seine Spieler. „Wenn ich sehe, dass ein Spieler talentiert ist, verlange ich, dass er das Beste gibt. Mit jungen Spielern zu arbeiten, ist eine Herausforderung, und ich liebe Herausforderungen", betonte Klose, der klare taktische Vorstellungen hat: „Ich will, dass mein Team offensiv spielt und die Gegner unter Druck setzt." Eine gute Ausbildung sei für Jugendspieler unerlässlich, die Qualität der Trainer allerdings auch. Darum poche er darauf, dass die Jungs komplett ausgebildet werden. Weil er wisse, dass Fußball-Deutschland die Früchte davon fünf, sechs oder sieben Jahre später ernten könne. „Ich will aber jetzt auch nicht alles schwarzmalen. Es ist ja in Deutschland nicht so, dass gar keine Talente nachkommen. Wenn ich mir Spiele der Nationalmannschaft anschaue, macht es einfach Spaß, Spieler wie Joshua Kimmich oder Serge Gnabry zu sehen. Damit wir auch künftig solche Leute haben, brauchen wir gute Jugendtrainer", glaubt der 41-Jährige.
„Brauchen gute Jugendtrainer"
Diese dürften nicht zu ergebnisorientiert denken, sondern einzig und allein im Sinne der Spieler. „Wie stärke ich seine Stärken und arbeite an seinen Schwächen? Ich habe das Gefühl, dass viele Jugendtrainer selbst nach oben in den Profifußball streben, weil sie wissen, dass sie dort mehr Geld verdienen können. Wie gesagt: Das ist nur ein Gefühl. Aber wer im Jugendbereich Titel holt, empfiehlt sich natürlich auch für Höheres, zumindest denken das viele", schildert er seine Eindrücke.
Im Umgang mit dem deutschen Nachwuchs mahnt Klose zur Geduld und warnt davor, alles negativ zu sehen. Auf die Frage, mit welchem aktiven Stürmer er sich am ehesten vergleichen würde, gab er in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung" eine erstaunliche Antwort. „Früher hatte ich mal den Niclas Füllkrug genannt. Den finde ich echt interessant und recht komplett. Der ist schnell und hat einen Instinkt, den man als Stürmer braucht. Ein anderer, der so ein bisschen ist wie ich, aber zehnmal besser, ist Robert Lewandowski." Der Bayern-Star sei demnach „komplett, beidfüßig, kopfballstark" und könne exzellent schießen.
Das Zitat landete über die sozialen Medien auch bei Niclas Füllkrug. „Ich habe es bei Instagram gesehen und ihm dort auch geschrieben, weil ich seine Telefonnummer leider nicht habe", erzählte Füllkrug und musste lachen: „Er hat aber nicht geantwortet. Wahrscheinlich kriegt er so viele Nachrichten oder das landet in irgendeinem Ordner, in den niemand guckt." Schon als Kind sei er ein großer Klose-Fan gewesen, verriet Füllkrug dem „Weser Kurier": „2002 habe ich mir vor der WM sogar als Kind seine Rückennummer in die Haare frisieren lassen. Mein Papa hat mir das gemacht, weil ich das unbedingt haben wollte. Es ist einfach Wahnsinn, dann so etwas von so einem Spieler zu hören. Es ist so ein kleiner Ritterschlag für mich."
Keinen Kontakt zu Füllkrug
Der Hannover-Profi hatte in den vergangenen Jahren mit Rückschlägen zu kämpfen, mehrere Kreuzbandrisse erlitten. „Von daher hat es mich brutal gerührt, dass sich Miro an mich erinnert hat." Diese Anekdote sagt viel über den Charakter des Kuselers aus: Bescheiden und bodenständig war und ist er bis heute. „Man darf sich nie verstellen", sagt er und berichtet auch über schlimme Momente während seiner Karriere. Als Louis van Gaal Trainer bei den Münchnern wurde, änderte sich alles zum Schlechten. Der Niederländer setzte nicht mehr auf Klose und ließ ihn kaum spielen. „Es ist ein komisches Gefühl. Du kannst nichts zum Erfolg beitragen. Aber ich wusste: Es kommen wieder Länderspiele. Das war mein Ventil. Da konnte ich den Druck rauslassen, der sich in mir auf der Ersatzbank bei den Bayern aufgebaut hatte." Dem „Stern" erklärte er, dass er wie ein Tier war, das aus dem Käfig gelassen wurde, wenn er beim DFB war. „In den Länderspielen traf ich. Im weißen Trikot. Die Nationalmannschaft war mein eigentlicher Verein." Nachdem van Gaal ihn bei Bayern links liegen ließ, wechselte Klose 2011 zu Lazio Rom: „Der Schritt ins Ausland hat mich unheimlich geprägt", erzählt er. Mit Deutschland gewann der gebürtige Pole die Weltmeisterschaft und ist mit insgesamt 16 WM-Toren alleiniger Rekordhalter vor Legenden wie Ronaldo, Gerd Müller oder Pelé. „Es fühlte sich erst mal nicht wie ein Sieg an, sondern eher so, dass eine Last von mir gefallen war. Ich war dankbar. Ich habe über all die Jahre so viel investiert, bin oft auch kläglich gescheitert. Endlich hatte ich etwas Greifbares in der Hand." Es war der Abschluss einer großen Karriere als Spieler. Die als Trainer hat gerade erst begonnen.