Ein Liebesroman, eine Geschichte vom Tod und vom Leben. All das hat Jasmin Schreiber in ihren Erstling gepackt. Überraschend: In der marianengrabentieftraurigen Geschichte finden sich saukomische Momente.
Jasmin Schreiber, Bloggerin mit 35.000 Twitter-Followern und ehrenamtliche Sterbebegleiterin, schreibt in diesem Buch als Ich-Erzählerin Paula eine lange Ansprache an Tim. Tim, das ist ihr kleiner Bruder, und Tim ist tot. Er ist im Meer, das er so liebte, ertrunken. Die Lesenden erfahren das früh. Und auch wie jämmerlich, depressiv und suizidal Paula danach durch ihren Rest Leben schlingert. Geradezu heitere Momente bekommt das Buch dank der Verzweiflungs-Schnoddrigkeit Paulas, oder eben der Autorin, die diese Frauenfigur geschaffen hat.
Paula steigt nachts in den Friedhof ein, um Tims Grab zu besuchen. Dort trifft sie Helmut. Wie der Name vermuten lässt: ein älterer Herr. Der wiederum versucht Helga auszugraben. Zumindest deren Urne. Die beiden sitzen ohnehin im selben Boot und rasch zusammen in einem Wohnmobil. Und so beginnt ein skurriles Roadmovie. Doch obwohl noch Hund und Henne dazustoßen, hat die Geschichte so gar nichts von Van-Life, sondern von einem verzweifelten Trip in die Alpen. Aber eben gemeinsam, was Paulas Leben anschiebt und sie allmählich auftauchen lässt aus dem Marianengraben. Darauf verweisen die Kapitel-Überschriften, Zahlen, die bei der Tiefe von 11.000 Meter beginnen, nach dem Friedhof schon bei 9.720 stehen.
Schreiber hat keine Angst vor den großen Fragen, etwa ob sterben wollen etwas anderes ist als nicht leben zu wollen. Und apropos Liebe: Der Roman erzählt davon, dass es außer der Liebe zwischen Partnern andere, aber gleichwertige Arten von Liebe gibt. Für Paula ist es die Geschwisterliebe. Tieftraurig, schnoddrig ohne sarkastisch zu sein, und die Kitschklippen weiträumig umschiffend – so gelingt es ihr in ihrem Debüt, über Schweres leicht zu erzählen, Tusch!