Der Applaus ist gerade verklungen, da explodiert die Bombe. Tausende Fans des Popstars Ariana Grande rennen um ihr Leben. Der Anschlag in Manchester ist das blutigste Attentat in Großbritannien seit mehr als zehn Jahren. Die Terrormiliz IS rühmt sich der Tat.
Ein Terroranschlag auf ein Popkonzert in Manchester mit vielen jugendlichen Fans erschüttert am 23. Mai Großbritannien und die ganze Welt. Ein Selbstmordattentäter zündet im Eingang der Konzerthalle eine Bombe und reißt 22 Menschen mit in den Tod, das jüngste Opfer ist gerade einmal acht Jahre alt. 19 Menschen sterben am Ort des Terroranschlags, drei weitere später im Krankenhaus. 116 werden zum Teil schwer verletzt.
Nach der Explosion gehen 240 Notrufe bei der Polizei ein. Es bricht Panik aus. Menschen liegen blutüberströmt auf dem Boden, Augenzeugen berichten später, dass die Konzertbesucher in alle Richtungen davonliefen. Per Alarmaufruf wird das Publikum aufgefordert, Ruhe zu bewahren. Vor der Konzerthalle fordert die Polizei die Menschen auf, sich in Sicherheit zu bringen. „Ich sah ein kleines Mädchen (…) sie hatte keine Beine mehr“, sagt ein Zeuge später dem Sender „Sky News“. Metallteile und Splitter liegen am Boden. Auch Stunden nach dem Anschlag suchen Angehörige noch nach vermissten Konzertbesuchern.
Metallsplitter wie Geschosse
Sofort rasen Krankenwagen zur Manchester Arena. Hubschrauber kreisen über dem Areal. Insgesamt sind 400 Polizeikräfte im Einsatz. Die Verletzten werden in sechs Krankenhäuser im Großraum Manchester gebracht. Notfalldienste und Feuerwehr bitten die Bevölkerung via Twitter, sie wegen des Einsatzes nur bei lebensbedrohlichen Angelegenheiten zu kontaktieren. Rund um die Halle ziehen bewaffnete und maskierte Polizisten auf. Auch Sprengstoffspezialisten sind im Einsatz. Ein Anblick, wie aus einem Kinofilm, aber leider grausame Realität.
Regierungschefin Theresa May nannte die Tat besonders „abstoßend und abscheulich“, da wehrlose Kinder und Jugendliche das Ziel waren. Die Terrormiliz IS behauptet, für die Tat verantwortlich zu sein. Der Täter hatte am späten Abend, am Ende des Popkonzerts von Teenie-Star Ariana Grande, seine selbstgebaute Bombe gezündet. „Er hat Zeit und Ort absichtlich so gewählt, um das größtmögliche Blutbad anzurichten“, sagte May. Den Rettungskräften zufolge waren unter den Verletzten zwölf Kinder und Jugendliche unter 16. Auch die Polizei betonte, dass der Attentäter Salman Abedi, ein Brite libyscher Herkunft, die „größtmögliche Zahl unschuldiger Menschen“ töten wollte. Die in seinem Rucksack mitgeführte Bombe habe eine „riesige Zahl kleiner Metallobjekte enthalten“, die bei der Detonation „mit hoher Geschwindigkeit in alle Richtungen“ geflogen seien, erklärte Kriminalkommissar Jonathan Chadwick später bei einer gerichtlichen Anhörung.
Der IS erklärte, ein „Soldat“ der Terrormiliz habe eine Bombe platzieren können. Anhänger des IS feierten die Tat in sozialen Netzwerken. Der Attentäter war ein stiller Zeitgenosse, der unauffällig und zurückgezogen lebte. Ruhig, respektvoll, freundlich. So lauten zumindest Beschreibungen von Menschen, die ihn von früher kannten. Abedi wurde 1994 in Großbritannien geboren und wuchs in Manchester auf. Als Jugendlicher besuchte er von 2009 bis 2011 das Burnage Media Arts College. Von 2014 bis 2016 studierte Abedi Betriebswirtschaft an der Universität Salford. Er habe sein Studium abgebrochen, hätte eigentlich dieses Jahr seinen Abschluss machen sollen. Seine Eltern waren Berichten zufolge vor dem Gaddafi-Regime aus Libyen geflohen und kamen so ins Vereinigte Königreich. Vor einiger Zeit sollen sie in ihre nordafrikanische Heimat zurückgezogen sein. Dort hat die Polizei den jüngeren Bruder Abedis festgenommen, auch der Vater wurde zwischenzeitlich festgesetzt.
„Abstoßend und abscheulich“
Eine muslimische Stiftung warf den britischen Sicherheitsbehörden vor, Warnungen vor Abedi ignoriert zu haben. Schon vor zwei Jahren habe ein Aktivist der muslimischen Gemeinde die Anti-Terror-Behörde über extremistische Äußerungen informiert, ebenso Familienmitglieder.
Popstar Ariana Grande war angesichts der Ereignisse „am Boden zerstört“. Zwei Wochen nach dem Anschlag trat sie gemeinsam mit anderen Popstars wie Miley Cyrus, Justin Bieber, Robbie Williams, Katy Perry, Pharrell Williams und den Bands Coldplay, Black Eyed Peas und anderen erneut in Manchester bei einem Benefizkonzert für die Opfer des Anschlags auf. 50.000 meist junge Zuschauer kamen – auch, um ein deutliches Zeichen gegen den Terror zu setzen. „Ich habe es geliebt. Ariana war so gut“, schwärmte die 16-jährige Mia aus Manchester nach der Show. „Aber sie waren alle toll heute Abend.“ Weder Mia noch ihre gleichaltrigen Freundinnen waren beim Grande-Konzert zwei Wochen zuvor dabei. Aber es war ihnen wichtig, ein Zeichen zu setzen. „Es ist gut, dass wir mit unserem Leben jetzt weitermachen, aber die Narben bleiben.“