Warum die Aufstiegstrainer aus Regensburg, Münster und Ulm in der 2. Liga keine Zukunft hatten. Kritiker sprechen von bedenklichen Tendenzen.

Es sind Geschichten, wie sie nur der Fußball schreibt – und die dennoch immer gleich enden: mit einer Trennung. Drei Aufsteiger, drei Erfolgstrainer, drei Entlassungen noch vor Saisonende. Der SSV Jahn Regensburg, Preußen Münster und der SSV Ulm 1846 feierten im Sommer 2024 emotionale Rückkehrmomente ins Profigeschäft – mit ihren Trainern als Gesicht des Erfolgs. Doch die 2. Liga verzeiht keine Schwächen. Was folgt, ist ein Blick auf drei Entscheidungen, die mehr über das Geschäft aussagen als über die Menschen, die ihnen zum Opfer fielen.
Jahn Regensburg: Früher Bruch
Joe Enochs, einst als Retter geholt, führte den Jahn 2023 direkt zurück in die 2. Bundesliga. Doch die Euphorie währte nicht lange. Zehn Spiele, vier Punkte, Tabellenplatz 18 – die Bilanz Anfang Oktober war desaströs. Eine 3:8-Klatsche beim 1. FC Nürnberg wurde zum Tiefpunkt. „Die gemeinsame Trennung fällt uns und mir persönlich wirklich sehr schwer“, sagte Geschäftsführer Sport Achim Beierlorzer am 27. Oktober. Enochs’ Verdienste wurden betont, seine Entlassung mit einem „notwendigen Impuls“ begründet.

Die Statistik sprach gegen ihn: 30 Gegentore in zehn Spielen, zwischenzeitlich sieben Spiele ohne eigenen Treffer. Dass der Kader offensichtlich nicht zweitligatauglich war, fiel in der öffentlichen Debatte kaum ins Gewicht. Enochs äußerte sich gefasst: „Wir haben es nicht geschafft, die Ergebnisse zu liefern.“ Für ihn übernahm Co-Trainer Andreas Patz – ohne nachhaltige Verbesserung. Regensburg blieb Letzter und droht erneut abzusteigen. Der Trainerwechsel verpuffte.
Beierlorzer, der als Sportgeschäftsführer die Kaderplanung mitverantwortet, vermied dabei eine Selbstkritik. Seine Begründung – der notwendige neue Impuls – wiederholte ein Mantra, das sich durch alle drei Fälle ziehen sollte. Die strukturellen Schwächen im Kader, fehlende Erfahrung, eine fragile Abwehr – all das war augenscheinlich, wurde aber dem Trainer angelastet.

Preußen Münster: Das Ende einer Ära
Fünf Jahre, 218 Pflichtspiele, zwei Aufstiege: Sascha Hildmann hatte sich in Münster längst unsterblich gemacht. Als der SCP 2020 in die Regionalliga abstieg, blieb er. Er baute eine neue Mannschaft auf, führte sie erst zurück in die 3. Liga, dann überraschend in die 2. Bundesliga – nach 33 Jahren. Doch nach einem schwachen Frühling geriet die Lage außer Kontrolle. Fünf sieglose Spiele in Serie, der Absturz auf Rang 17, das 1:1 gegen Darmstadt am 30. Spieltag – und schließlich das Aus.
Am 27. April teilte der Verein mit, man wolle „neue Kräfte freisetzen“. Sportchef Ole Kittner erklärte: „Die Zusammenarbeit mit Sascha Hildmann gehört zu den erfolgreichsten Kapiteln unserer Vereinsgeschichte.“ Der Trainer, so ließ er durchblicken, gehe nicht im Zorn. Dennoch traf die Trennung viele im Verein emotional – auch weil Hildmann stets für Kontinuität und Verbundenheit stand. Die Verantwortung übernahm ein internes Trio um Ex-Profi Christian Pander, mit dem Ziel: Relegationsplatz retten.
Kittner, früher selbst Profi beim SCP, lobte Hildmanns Aufbauarbeit, betonte aber zugleich, es sei „die schwerste Entscheidung seiner Amtszeit“ gewesen. Kritiker werfen der sportlichen Leitung vor, zu spät auf Verstärkungen im Wintertransferfenster gesetzt zu haben. Verpflichtungen wie Florian Pick und David Kinsombi blieben weit hinter den Erwartungen zurück – auch das schwächte den Trainer.

SSV Ulm: Erfolgsbilanz zählt nicht mehr
Thomas Wörle hatte den SSV Ulm 1846 nach fast zwei Jahrzehnten zurück in den Profifußball geführt. Innerhalb von drei Jahren ging es von der Regionalliga bis in die 2. Bundesliga. 151 Spiele, 1,88 Punkte im Schnitt, modern geführtes Training, klare Handschrift – Ulm war ein Aufsteiger mit Plan. Doch dieser Plan ging im Winter verloren. Zwischen November und März gewann die Mannschaft nur ein Ligaspiel. Am 11. März war Schluss.
„Die Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen“, sagte Aufsichtsratschef Uli Eitle. „Aber wir müssen unsere ambitionierten Ziele – Klassenerhalt – konsequent verfolgen.“ Man dankte Wörle für seine „herausragende Arbeit“, ließ jedoch keine Zweifel daran, dass sportlich die Nerven verloren gingen. Neuer Chef wurde U19-Coach Robert Lechleiter, der prompt für Aufbruch sorgte. Zehn Punkte aus sechs Spielen – der Relegationsrang lebt. Und doch bleibt der Eindruck: In Ulm wurde vor allem aus Angst gehandelt.
Anders als bei vielen Traditionsclubs hatte Ulm wirtschaftlich solide geplant. Das Problem lag weniger im Budget, sondern eher in der Kaderbreite: Verletzungen und ein enger Spielplan offenbarten strukturelle Schwächen. Dass man diese nicht intern moderierte, sondern dem Trainer zurechnete, ist ein Muster, das sich wiederholt.

Ein Muster mit System
Was die drei Fälle eint, ist nicht nur der Zeitpunkt der Trennungen – jeweils vor oder kurz nach dem 30. Spieltag –, sondern vor allem die Art der Argumentation. In allen offiziellen Mitteilungen war von „schwierigen Entscheidungen“ die Rede, von „Dankbarkeit“ für die geleistete Arbeit. Aber eben auch vom „nötigen Impuls“. Es ist ein Sprachmuster, das längst Teil des Geschäfts ist – und doch entlarvt: Wenn selbst langjähriger Erfolg und Aufstieg nicht ausreichen, um Rückhalt in einer sportlich schwierigen Phase zu sichern, dann stellt sich die Frage, wie viel ein Trainer im modernen Profifußball überhaupt noch wert ist.
Denn auffällig ist: In keinem der drei Fälle gab es eine klare Reaktion der Mannschaft nach der Entlassung – keine Serie, keinen Befreiungsschlag. Ulm stabilisierte sich etwas, Regensburg blieb Letzter, Münster ist akut abstiegsgefährdet. Dass das Vertrauen in den bestehenden Trainerstab verloren ging, erscheint aus Sicht der Vereinsführungen verständlich. Doch ebenso berechtigt ist die Frage: Wie viel tragen Kaderplanung, Verletzungspech oder interne Strukturen zum sportlichen Misserfolg bei?
Für die betroffenen Trainer bleibt die Erkenntnis, dass Aufstieg allein nicht mehr als Jobgarantie gilt. Im Gegenteil: Wer Erwartungen weckt, steht früher unter Druck. In einer Liga wie der 2. Bundesliga, in der zwischen Platz 10 und 18 oft nur wenige Punkte liegen, entscheiden Formkurven über Karrieren. Die Härte des Geschäfts ist nicht neu – aber sie trifft inzwischen selbst jene, die Vereine über Jahre geprägt und aufgebaut haben.
Und die Statistik untermauert das: Seit Einführung der eingleisigen 3. Liga 2008/09 stiegen 45 Teams in die 2. Liga auf – mehr als ein Drittel von ihnen (17) mussten direkt wieder runter. In den vergangenen drei Spielzeiten war der direkte Wiederabstieg sogar der Regelfall. Wer aufsteigt, steigt meist wieder ab – trotz oder wegen ambitionierter Planungen. Die aktuelle Saison könnte gar die erste seit Jahrzehnten sein, in der alle drei Aufsteiger gleichzeitig absteigen. Der Fall der drei Aufsteiger ist dafür symptomatisch. In Regensburg, Münster und Ulm war es nicht der große Absturz, sondern der schleichende Verlust der Hoffnung, der zur Entlassung führte. Und so bleibt die bittere Einsicht: Der Lohn des Aufstiegs ist längst kein sicherer Arbeitsplatz mehr – sondern oft nur ein kurzes Gastspiel in einer Liga, die Trainer schneller verschleißt, als Vereine sich selbst retten können.