Der Ork-Clan „Baraghai’oschdun“ ist vor allem in Saarland und Pfalz eine Attraktion auf Fantasie- und Mittelaltermärkten und hat gerade im Saltatio-Mortis-Video „Finsterwacht“ mitgespielt. Die Gründer Christian Rohwer und Marc Hamann über ihre kunstvollen Gewandungen und das Ork-Leben.
Könnt Ihr Euch kurz vorstellen – wer gehört alles zum Clan Baraghai’oschdun?
Marc Hamann: Momentan besteht unser Clan aus 15 aktiven Orks und drei Kindern. Hauptsächlich sind wir Familie und Freunde, die sich schon länger kennen. Unsere Mitglieder kommen aus Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und dem Saarland.
Wenn man wirklich alle mitzählt – auch die, die keine Orks verkörpern –, könnte man meinen Sohn miteinbeziehen. Dann hätten wir das Alter von eins bis Mitte 50 in unserer Gruppe vertreten. Unsere Mitglieder sind: Marc Hamann (Rakhattash), Courtney Hamann (Khorkmakk), Cassian Hamann, Katja Rohwer (Rashtarra), Christian Rohwer (Drog’shar), Emilia Siragusano-Rohwer (Hachna), Ben Rohwer, Markus Matriciani (Baghnakh), Cora Matriciani (Dahoara), Mia Matriciani, Fabian Kobel (Pedrok), Johanna Günther (Elfe), David Strauß (Krefkath), Marc Gerhard (Maruk), Anna Peters (Aakha), William Lee, Alexandra Lambert (Baragasch) und Albrecht Lambert (Sa’taok Othrunt).
Was bedeutet „Baraghai’oschdun“?
Marc: Die Bedeutung ist sinngemäß übersetzt „Schlächter der Völker“. Chris hat sich bei der Gründung des Clans eine Hintergrundgeschichte ausgedacht und in dieser Fantasiewelt strebt der Clan nach der alleinigen Herrschaft und will die anderen Völker unterjochen.
Wann und wo begann alles mit den Orks?
Christian Rohwer: Alles begann im Jahr 2007. Ich hatte mir einen Ork zurechtgebastelt und lief in Bayerfeld-Steckweiler (Pfalz) über den Markt. Natürlich lieferte man sich mit dem ein oder anderen Ritter einen Kampf und keiner wusste zu Beginn wirklich, was damit anzufangen war, aber es wurden schnell Freundschaften geschlossen und das Interesse an einem Ork wuchs dann stetig.
Wie ist Eure Begeisterung für Orks und für Live Action Role Play. kurz LARP, entstanden?
Chris: Bei mir waren es Freunde, die auf kleinen LARP-Conventions als Trolle und ähnliche Wesen herumliefen. Durch den Kontakt bin ich dann schnell zum Drachenfest in Diemelstadt gegangen, wo man eine Woche lang 24 Stunden am Tag im LARP ist. Die Masse an Spielern, die dort als unterschiedlichste Fantasiecharaktere herumrennen, vor allem eben die Orks mit ihren martialischen Rüstungen, zogen ihn dann erst recht in den Bann. Ab da war der Entschluss gefasst, eine Ork-Gruppe zu gründen und auf Mittelaltermärkten das LARP näher an die Menschen zu bringen. Der Rest der jetzigen Gruppenmitglieder ist dann entweder als Familienmitglied durch Erzählungen von mir oder als Freunde, die eingeladen wurden, mal auf einem Markt vorbeizukommen, in den Bann gezogen worden.
Habt Ihr die aufwendigen Rüstungen und Masken selbst angefertigt oder arbeitet Ihr dafür mit jemandem zusammen?
Marc: Unsere Outfits sind alle in gewisser Weise selbst gemacht. Klar kauft man sich Rüstungsteile erst einmal als Basics, aber da jeder Ork sich so gestalten kann, wie er möchte, wird dann alles in eigenständiger Handarbeit „verorkt“. Dabei entstehen natürlich auch Dinge aus kompletter Eigenarbeit, da man nicht für alles etwas Passendes zum Verorken findet. Unsere Masken sind so gut wie alle vorgefertigte Rohlinge von Ellen Dinspel alias Ungebil.de. Bei ihr im Shop kann man sich entweder eine Maske nach seinen Wünschen gestalten lassen oder man hat das nötige Können und bestellt sich nur die Rohlinge und gestaltet dann Farbe und Aussehen der Maske komplett selbst. Bei uns kommt beides vor. Einige machen sie lieber selbst und andere nutzen den sehr guten Service von Ellen.
Aus welchen Materialien bestehen Eure Rüstungen?
Marc: Unsere Rüstungen bestehen aus allem, was man so finden kann: Leder, Fell, Stoffe, Knochen, Ketten- und Plattenrüstungen, die nicht unterschiedlicher zusammengestellt sein könnten. Einen Trend kann man aber ausmachen: Die Frauen bevorzugen eher mehr Leder- und Fellrüstungen mit mehreren Lagen Stoff und so weiter, da diese Zusammenstellung weniger wiegt. Mit Platten- oder Kettenrüstungen kann man auch gerne jenseits der 40 Kilo und mehr landen.
Euer Look ist über die Jahre noch detaillierter und echter geworden. Was habt Ihr alles verändert im Vergleich zur Anfangszeit?
Chris: Was die Gestaltung unserer Rüstungen und Gewandungen angeht, so starteten wir mit allem Möglichen, was wir an Ausrüstung gerade so zu Hause gefunden hatten. Die Masken waren anfangs nur Latexapplikationen, die mit Kleber im Gesicht befestigt wurden, und der Rest wurde dann mit grüner Farbe bemalt. Als das Ganze ein Dauerläufer wurde und wir regelmäßig auf den Märkten anzutreffen waren, suchten wir uns Inspiration in den Filmen oder Games, die es über Orks, Elfen, Zwerge und Co. gab. Des Weiteren holten wir uns Tipps bei den professionellen Orkspielern auf den LARP-Veranstaltungen, die ihre Rollen 24 Stunden rund um die Uhr für eine ganze Woche ausfüllen. Wachsendes handwerkliches Geschick und Fantasie taten den Rest. Es wurden gezielt Materialien für den Rüstungsbau besorgt und Konzepte erstellt. Wir wollten niemanden kopieren und sind daher ein Sammelsurium aus unzähligen Bereichen der Fantasiedarstellung. Dahingehend sind wir heute natürlich professioneller ausgestattet als am Anfang, und es ist kein Ende in Sicht. Es wird immer wieder umgebaut, repariert und verbessert.
Wie lange dauert es, bis Ihr angezogen und gestylt seid?
Marc: Das ist auch bei uns sehr unterschiedlich. Die Frauen sind in der Regel etwas schneller fertig als die Männer, da diese doch gerne mal etwas martialischer aussehen wollen und deswegen auch auf Rüstungsteile zurückgreifen, die man nicht immer alleine anziehen kann. Wenn ich einen Zeitraum angeben müsste, würde ich sagen, benötigt die gesamte Truppe so eine gute Stunde, bis sie fertig ist. Einzelne Personen brauchen dann eventuell nur zehn Minuten, während andere 45 Minuten brauchen.
Wer von Euch ist am schnellsten gestylt und warum?
Marc: Das ist Courtney. Bei ihrem Outfit arbeitet sie viel mit Mänteln und Röcken, die sie sich in Lagen schnell anziehen kann, also eher mit leichten, einfach anziehbaren Dingen. Lediglich bei den Armschienen ist sie dann aufgrund der Ork-Handschuhe, die sie anzieht, auf Hilfe angewiesen. Sie behauptet immer, sie wäre innerhalb von zehn Minuten fertig.
Wie ist es im Sommer mit der schweren, dichten Rüstung und mit Maske – muss man zwischendurch mal alles ablegen und sich abkühlen?
Chris: Kurz und knapp: Es kann auch mal eine Qual sein. Gerade, wenn du vormittags schon anfängst und zwischendurch deine erste oder zweite Pause einlegst, wird es nicht mehr ganz so angenehm, sich wieder in die durchgeschwitzte Maske zu zwängen und die gesamte Rüstung anzuziehen. Wir probieren dann, eine Art leichtere Version anzuziehen, indem wir vielleicht das ein oder andere Rüstungsteil weglassen. Also ohne Pausen und eine Art „Schichtdienst“ wird das nichts im Sommer.
Da die meisten Märkte im Sommer stattfinden, sind wir immer dazu gezwungen, uns etwas Schatten zu verschaffen, zumindest über unserem Thron, der bei unseren Besuchern sehr beliebt ist. In gewisser Weise gewöhnt man sich auch etwas an die Hitze, und der eine verkraftet das dann etwas besser als der andere, aber ohne Abwechseln und Pausen geht das dann auch nicht mehr. Es gab auch schon Märkte, da waren wir bei jenseits der 35-Grad-Marke unterwegs und haben dann beschlossen, unsere Aktionen auf das Fotografieren im Schatten zu reduzieren.
Wo Ihr auftaucht, seid Ihr eine Attraktion und die Besucher wollen Fotos mit Euch machen. Welche Fragen und Komplimente hört Ihr da so?
Chris: Sehr, sehr beliebte Fragen sind: „Ist euch nicht warm?“, „Sind das Kontaktlinsen?“, „Ist das eine Maske oder schminkt ihr euch?“, „Darf ich ein Foto machen?“, „Was stellt ihr dar?“. Es gibt Tage, da beantwortest du gefühlt 20-mal dieselbe Frage.
Der Saarbrücker ist ja ein Phantasie- und Mittelaltermarkt, und da begegnet man dann auch mal solchen Gestalten wie uns, die man auf den reinen Mittelaltermärkten nicht hat. Nenn es Neugier, Faszination, Begeisterung – was dann die Leute dorthin treibt, was man sonst vielleicht nicht sieht. Einige würden wohl gerne selbst mal ein paar Stunden in solch eine Rolle eintauchen und sind dann auch begeistert von unseren Gewandungen und dem Lager.
Neben all den ganzen Fragen, die immer wieder kommen, gibt es jedoch auch reichlich Komplimente. Es stecken eben auch eine Menge Zeit und finanzieller Aufwand dahinter, um dann mal so weit zu sein, dass man selbst stolz ist auf das, was man trägt. Da sind Komplimente nochmal so eine Art Bestätigung für die Arbeit, die man investiert hat, und tun richtig gut.
Ihr habt im Video „Finsterwacht“ von Saltatio Mortis mitgespielt und hattet auch einen Gastauftritt beim Eröffnungskonzert der Burgentour. Wie ist es dazu gekommen?
Marc: Das Ganze haben Marc Gerhard und Anna eingefädelt. Es hat begonnen, als die beiden noch nicht Teil unserer Gruppe waren und wir sie auf der FARK besucht haben. Jörg beziehungsweise Alea, der Sänger von Saltatio Mortis, ist ja auch ein bekannter Cosplayer und geht auch öfter auf solche Veranstaltungen. So kam es, dass wir, während wir mit Marc und Anna unterwegs waren, auf Alea gestoßen sind. Der war dann erst einmal begeistert von der Arbeit von Marc und Anna, und man hatte Kontaktdaten ausgetauscht. Das ging dann so weit, dass die beiden eine Rüstung für Kratos zu dem Videodreh von „God of War“ angefertigt hatten und selbst in dem Video mitwirken durften. Marc hat dann nebenbei erwähnt, dass er mittlerweile einer Ork-Gruppe angehört, falls Saltatio mal irgendetwas in die Richtung planen sollte. Wie es das Schicksal so wollte, war Saltatio in der Planung zu dem Finsterwacht-Album, und Alea hatte sich dann tatsächlich wieder gemeldet mit einer neuen Auftragsarbeit für eine Rüstung zu dem Video von Finsterwacht und der Frage, ob unsere Gruppe nicht Lust hätte, dort mitzuwirken. Als dann der Videodreh auf der Burg Lichtenberg bei Kusel anstand, hatte jeder von uns noch einmal an seiner Rüstung gearbeitet. Der Dreh ging insgesamt vier Tage, und wir brachten neben unseren Rüstungen auch noch Waffen und Requisiten wie Zelte und Deko mit. Wir hatten eine Menge Spaß beim Videodreh, und es war sehr interessant, einmal zu sehen, wie so etwas abläuft. Wir sind stolz, nun ein kleiner Teil des ganzen Projekts zu sein. Saltatio wollte noch ein „Unboxing-Video“ für die Fanbox zum Album drehen, und da ließen wir es uns nicht nehmen und standen natürlich wieder als Unterstützung parat. Irgendwann hat Luzi uns dann mal ein Video geschickt von Rittern auf einer Kerwe (Kirmes), die in Boxautos kämpften, und gefragt, ob wir auch so durchgeknallt sind, um das zu machen. So was muss man uns nicht zweimal fragen, also ging es im Mai dann als Orks und Alea in Rüstung auf die Kerwe in Kaiserslautern, und wir kämpften in Boxautos. Es sind noch eine Menge anderer lustiger Videos entstanden, die alle auf unseren Social-Media-Seiten angesehen werden können.
Wir wurden dann eingeladen, auf ein Konzert unserer Wahl mitzukommen, und haben dann direkt vorgeschlagen, dass wir auch einen kleinen Auftritt als Orks hinlegen könnten. So kam es dazu, dass wir zum Tourauftakt in Koblenz als Orks ein bisschen mitgemischt haben.
Was steht dieses Jahr noch alles bei Euch an?
Marc: Wir sind jetzt noch in Saarbrücken und auf der Bettinger Mühle in Schmelz als Lager vertreten, bei Letzterem eher als Barbarenlager, wobei nicht auszuschließen ist, dass der ein oder andere auch seinen Ork mitnimmt.
Dann sind wir an Halloween wahrscheinlich wieder im Erlebnisbergwerk in Velsen und das war’s dann eigentlich auch schon.
Durch den Kinderzuwachs können wir auch nicht mehr so frei und so viel planen, wie es vor ein paar Jahren noch war, da natürlich jeder auch mal mit seiner Familie in Urlaub möchte und man sich pro Markt meistens auch eine ganze Woche Urlaub einplant. Demnächst beginnen dann auch schon die Planungen für 2025 bei uns.
Ein großes Thema dabei ist die Gründung eines Vereins für unsere Gruppe, um organisatorisch besser aufgestellt zu sein. Nebenbei erwähnt hat Courtney aus einer Idee heraus einfach einen Fanshop von uns ins Leben gerufen. Wer uns also unterstützen mag, kann sich dort gerne auch ein Kleidungsstück mit dem Ork seiner Wahl drauf bestellen.
Mehr Informationen und Eindrücke: www.instagram.com/dieorks_larp und www.facebook.com/DieOrks