Großzügiger als eine Handtasche, langlebig und absolut nachhaltig: Der Jutebeutel vereint Umweltbewusstsein mit Stil und bringt beides mit in den Alltag. Ehemals als Hipster-Accessoire verschrien, ist er längst salonfähig geworden.

Für eine Plastiktüte im Supermarkt müssen Kunden zwischen 15 und 30 Cent bezahlen. Papiertüten gibt es kaum, und wenn, bekommt man sie selten kostenlos zum Einkauf dazu. Bis 2025 soll das Angebot noch weiter reduziert werden. Die Lösung heißt Jutebeutel.
Klimafreundliche Fasern, die ewig halten
Diese liegen mittlerweile in vielen großen Supermärkten unter dem Fließband aus. Die Erstanschaffung kostet unterschiedlich viel und liegt irgendwo zwischen drei und zehn Euro. Danach rentiert sich das Ganze aber schnell, denn die robusten Stofftaschen begleiten jeden Shoppingtrip. Sie lassen sich platzsparend falten und in der Handtasche verstauen. Es gibt sogar welche, die eingerollt in einer eigenen Tasche ruhen und dadurch nahezu unsichtbar sind. Egal, wie schwer der Einkauf wird – der robuste Stoff hält das aus. Hier droht kein Unfall, weil die Henkel abreißen oder Löcher im Material sind, wie es bei Plastiktüten oft der Fall ist. Selbst wenn einmal etwas ausläuft oder der Beutel durch das Abstellen auf dem Boden schmutzig geworden ist – das macht nichts. Er darf einfach in die nächste 40-Grad-Wäsche mit hinein und strahlt danach wieder wie neu. Kein Wunder, dass sich in den vergangenen Jahren ein wahrer Hype um den Einkaufsbegleiter entwickelt hat. Spätestens seit dem Verbot der Plastikbeutel als kostenlose Beigabe zum Einkauf waren Kunden auf der Suche nach praktischem und möglichst schickem Ersatz – der war schnell gefunden. Während das Design der Stoffbeutel nicht jeden überzeugt – meist besteht es aus dem Logo des jeweiligen Discounters oder der Apotheke um die Ecke – gibt es inzwischen ein breit gefächertes Angebot an echten Designerstücken. In den Beutel dürfen natürlich auch Schlüssel, Handy und Geldbörse – und schon erübrigt sich das Mitführen der Handtasche. Wie praktisch!
Wer den Jutebeutel erfunden hat, bleibt bis heute unbekannt. Das Material als solches wurde seit dem 19. Jahrhundert hergestellt und sollte in den 2000er-Jahren das Plastik endlich ablösen. 1970 begann der Popularitätsschub für die praktischen Begleiter, vor allem in Europa. Junge Menschen zeigten sich gerne mit Beuteln, denn die waren handlich und umweltbewusst. Sie eigneten sich ebenso zum Einkaufen wie zum Transport von Schulheften, Unterlagen, Büchern und vielem mehr.
Wer etwas auf sich hielt und ein Statement setzen wollte, schnappte sich ein Exemplar und hängte es sich lässig über die Schulter. Dabei spalteten sich zwei Lager: Die einen liebten den Jutebeutel, die anderen fanden ihn einfach uncool und bezeichneten ihn spöttisch als Hipster-Accessoire. Das tat dem kommerziellen Erfolg jedoch keinen Abbruch.
Von Möbeln bis zu Bodenbelägen

Doch was ist Jute eigentlich, und warum bestehen die Taschen gerade daraus? Hierbei handelt es sich um eine Naturfaser, gewonnen aus den Corchorus-Pflanzen, speziell aus den beiden Gattungen Corchorus capsularis und Corchorus olitorius. Diese Sträucher gehören zur Familie der Malvengewächse und wachsen in tropischen und subtropischen Gebieten der Erde, wie zum Beispiel in Pakistan oder Indien. Die Fasern liegen im mittleren Bereich des Stängels und bestehen aus Lignin und Zellulose. Es gibt zwei Arten von Fasern: die weiße Jute, die weniger robust ist, und die braune Jute, die überall zum Einsatz kommt. Ihre weichen, langen und goldschimmernden Fasern lassen sich zu robustem Garn spinnen. Dieses erfreut sich weltweit großer Beliebtheit und wird zur Herstellung von Taschen, Bodenbelägen, Möbeln und vielem mehr verwendet. Wegen ihres Glanzes wird Jute auch als „Goldene Faser“ bezeichnet. Und die hat viele Vorteile: Sie ist sehr robust, vielseitig einsetzbar, antistatisch, atmungsaktiv und umweltfreundlich. Außerdem ist Jute flexibel und lässt sich problemlos mit anderen Fasern mischen und einfärben. Deshalb sind viele Beutel heute gar nicht mehr goldbraun, sondern kunterbunt. Und da Geschmäcker bekanntlich verschieden sind, gibt es sie wahlweise mit kreativen Prints, frechen Sprüchen oder Poesie bedruckt – auch bekannte Disneyfiguren oder Schauspieler sind darauf zu finden. Wer mag, kreiert sich auf den zahlreichen virtuellen Verkaufsplattformen sein eigenes Lieblingsstück. Farbe, Motiv und Text können individuell gestaltet und hochgeladen werden. Das macht den praktischen Einkaufsbegleiter absolut einzigartig und zu einer begehrten Geschenkidee für alle, die augenscheinlich schon (fast) alles haben.
Soll es besonders exklusiv sein, gibt es auch für gehobene Ansprüche genau das Richtige: Designer-Jutebeutel. Selbst auf die Laufstege dieser Welt haben es die Stücke schon geschafft und wurden Teil von Kollektionen – oft in limitierter Auflage. Stella McCartney zum Beispiel gilt als Verfechterin nachhaltiger Mode. Aus diesem Grund verwendet sie immer wieder Beutel mit minimalistischen Prints. Vivienne Westwood setzte ebenfalls ihren Schwerpunkt auf klimafreundliche Kollektionen und hatte deshalb wie selbstverständlich die Jutebeutel in ihre Entwürfe integriert. Diese trugen auffällige Designs und waren überwiegend mit Umweltslogans bedruckt. Auf diese Weise schafft es ihre Überzeugung hinaus auf die Straße.
Für jeden Stil den passenden Beutel

Ganz so strikt hält man es bei Balenciaga nicht mit dem Umweltaktivismus. Hier legen die Designer den Schwerpunkt auf die Verbindung typischer Alltagsgegenstände mit luxuriösem Design. Hochwertigkeit und Individualität hat sich auch Loewe auf die Fahne geschrieben und machte erst kürzlich mit seiner Paula’s-Ibiza-Kollektion von sich reden. Das Ziel war es, die verspielte und entspannte Ästhetik der Baleareninsel einzufangen und auf die Jutebeutel zu projizieren. Heraus kamen robuste Modelle aus einem Materialmix von Jute und Canvas, die mit Lederbesätzen aufgewertet wurden und durch ihre farbenfrohen Designs überzeugten. Die Motivwahl war typisch nautisch mit tropischen Einflüssen – perfekt also, um den Trend für das nächste Jahr, Ocean Girl, gleich noch mit dem passenden Accessoire zu küren. Wem das Thema nicht zusagt, der findet bei Maison Margiela einen schönen Ersatz. Hier verfolgt man einen avantgardistischen Ansatz und probiert sich daran, die Klassiker komplett neu zu interpretieren. Heraus kommen echte Kunstwerke zum Umhängen mit sehr unkonventionellen Designs. Diese können in Form und Beschaffenheit von den Vorbildern abweichen, doch sie sind trotzdem praktisch nutzbar und werten jedes Outfit auf. Neben diesen Beispielen für höchste Designerkunst gibt es Labels wie Local Heroes, die sich an der Kunst des perfekten Jutebeutels versuchen. Neben stilsicheren Modellen sind auch schrille und humorvolle Prints zu haben. Wie wunderbar, dass sich daraus eine so große Auswahl ergibt und es für jeden Style den passenden Jutebeutel gibt.
Die Preisspanne reicht hier von wenigen bis zu mehreren Hundert Euro für die Luxusbrands. Damit dürfte das Hipster-Image endgültig von der Tasche abfallen. Neben der praktischen Handhabung, dem geringen Gewicht und der Robustheit überwiegt vor allem der Umweltaspekt. Jute ist eine äußerst klimafreundliche Faser, die ewig hält und dadurch selten ersetzt werden muss. Höchste Zeit also, die Schränke entsprechend aufzurüsten und ausreichend Beutel einziehen zu lassen. Wer mag, verwandelt den Gebrauchsgegenstand in ein echtes Statement-Piece. Die Auswahl in den Geschäften ist schließlich riesig.