Seit vier Spielen ohne Sieg, zwei bittere Niederlagen hintereinander. Der 1. FC Saarbrücken taumelt dem Saisonende entgegen.
So was kennt man eigentlich nur von Abstiegskandidaten. Nach dem Schlusspfiff schlichen die Spieler des Drittligisten 1. FC Saarbrücken wie begossene Pudel Richtung Fanblock, wo sie von einem Wortführer in Empfang genommen wurden, der einige Minuten auf die Verlierer von Münster einredete. „Das, was da gesprochen wurde, sollte zwischen Mannschaft und Fans bleiben“, sagte Mittelfeldspieler Luca Kerber, der aus seinem Herzen keine Mördergrube machte: „Wir haben da weitergemacht, wo wir gegen Halle aufgehört haben. Es war ein richtiges Scheißspiel“, sagte der 22-Jährige. Es war bezeichnend, dass es Eigengewächs Kerber war, der sich noch am intensivsten gegen die Niederlage stemmte. 1:4 hieß es am Ende bei Preußen Münster. Es war das Spiegelbild einer Saison, von der das Gefühl bleiben wird, dass wesentlich mehr drin war.
„Es war ein richtiges Scheißspiel“
Dass mit Ulm und Münster zwei Spieltage vor Schluss zwei Aufsteiger auf den ersten beiden Plätzen stehen, sollte den Arrivierten zu denken geben. „Es zeigt, dass es sich in dieser Liga lohnt, auf Kontinuität zu setzen. Es sind Mannschaften, die über einen gewissen Zeitraum zusammen sind“, sagte Trainer Rüdiger Ziehl vor dem Spiel. Es klang ein wenig wie eine Bewerbungsrede. Noch vor zwei Wochen waren die Blau-Schwarzen dick drin im Aufstiegsrennen. In vier Spielen wurde dann alles verspielt. Man durfte und konnte dem Team über weite Teile der Saison zugutehalten, dass auch bei schlechten Ergebnissen der Einsatz stets stimmte. Nach den beiden desolaten Auftritten gegen Halle und in Münster bekommt auch diese Einschätzung Schrammen ab. „Wir sind Fußballer, wir wollen gewinnen. Wir haben jetzt noch zwei Spiele, und die verdammte Pflicht, uns den Arsch aufzureißen. So dürfen wir uns nicht von den Fans verabschieden“, sagte Kerber, der in der kommenden Saison beim Bundesligisten FC Heidenheim spielen wird. Es passt ins Bild, dass es Kerber ist, der trotz feststehenden Wechsels auf dem Platz vorangeht.
Zum wiederholten Male hängen ungeklärte Personalentscheidungen wie ein Damoklesschwert über Mannschaft und Verein. In Münster präsentierte sich Torwart Tim Schreiber fahrig, unkonzentriert und in keiner guten Verfassung. Die Leihe des 22-Jährigen läuft aus, er hat im Laufe der Saison die Berater-Agentur gewechselt, was selten ein gutes Zeichen ist, und im FCS-Umfeld hält sich hartnäckig das Gerücht, der Transfer von Philipp Menzel (Austria Klagenfurt) sei längst vollzogen. Belastet Schreiber die Aussicht, am Ende gar mit leeren Händen dastehen zu können? Auf der anderen Seite hat „Trainer-Manager“ Rüdiger Ziehl auch schon während der Winterpause mit „Bestandsspielern“ gesprochen und ihnen ein Vertragsangebot gemacht. Doch manch einer träumte da noch von der 2. Liga und stellt jetzt überrascht fest, dass der FCS womöglich andere Pläne hat. Ziehl selbst ist über die Saison hinaus an den FCS gebunden, ob er weiterhin in der Doppel-Funktion tätig sein wird, wollte er bisher nicht kommentieren: „Ich bin Angestellter des Vereins und werde dies mit dem Präsidenten besprechen“, sagte er vor dem Münster-Spiel.
Heimspiel gegen abgestiegene Freiburger
Nach dem 1:4 am vergangenen Sonntag kochte die Volksseele über. Zur bitteren Wahrheit im Frühjahr 2024 gehört aber auch, dass der FCS für potenzielle Trainer nicht so attraktiv ist, wie dies viele Fans gerne hätten. Der Fakt, dass sich Profis und Nachwuchsleistungszentrum ein Kabinen-Gebäude teilen, ist für viele ambitionierte Trainer ebenso ein Ausschlusskriterium wie die Tatsache, dass die Profimannschaft taktische Varianten nie unter Ausschluss der Öffentlichkeit einstudieren kann. In Zeiten, in denen Vereine auch das Training des Gegners scouten, ist dies ein absoluter Anachronismus. Mitch Kniat, im Vorjahr in Verl sehr erfolgreich, weilte vor einem Jahr zu Gesprächen in Saarbrücken. Am Ende entschied er sich für Arminia Bielefeld. Warum wohl? Der FCS hatte zuletzt angekündigt, einen Teil der im Pokal erwirtschafteten Gelder, in die Infrastruktur zu investieren. Die Vereine, die derzeit für ambitionierte Trainer interessant sind, haben alle den Vorteil, in den vergangenen Jahren in der 2. Liga gespielt zu haben. Entsprechend weiter sind sie in Sachen „Drumherum“. Auf der anderen Seite stehen mit Thomas Wörle (Ulm) und Sascha Hildmann (Münster) zwei Trainer an der Seitenlinie, die man kaum als Schwergewichte bezeichnen kann. Wörle trainierte zuvor die Bayern-Damen, Hildmann war in Kaiserslautern gescheitert. Übrigens: Als westfälische Zeitungen vor einem Jahr spekulierten, Hildmann könnte ein Thema beim FCS werden, fielen die Reaktionen im Fan-Kreisen durchweg negativ aus. Zwölf Monate später steht er vor einem Doppel-Aufstieg. Auch das ist der Fußball. Dem FCS bleiben noch zwei Spiele und der Auftrag, dass der letzte Eindruck in Erinnerung bleibt. Am Sonntag um 19.30 Uhr kommt die bereits abgestiegene Freiburger Reserve zum letzten Heimspiel in den Ludwigspark.