Margit Jungmann ist erneut zur Präsidentin der World Masters Athletics, also des Weltverbands der Leichtathleten über 35 gewählt worden. Die Wahl-Saarländerin blickt mit großen Erwartungen auf ihre kommende letzte Amtszeit.
Vor wenigen Tagen war sie noch zur Berglauf-Meisterschaft in Spanien, nur knapp zwei Wochen zuvor bei der Masters-WM im schwedischen Göteborg. Die „Masters“, das sind die World Masters Athletics (WMA), also der Weltverband der Senioren-Leichtathletik. „Wir sind für alle Athleten über 35 Jahre zuständig“, erklärt Margit Jungmann.
Gute Arbeit in schwierigen Zeiten
Seit 2018 ist die einstige Mehrkämpferin Präsidentin des Verbands, war sogar die erste weibliche Spitze. In Göteborg wurde sie auf weitere vier Jahre gewählt. Nach dem herausragenden Ergebnis 2018 wurde sie dieses Mal sogar einstimmig wiedergewählt. „Das bedeutet für mich zum einen eine Anerkennung der Arbeit, die ich in den letzten sechs Jahren geleistet habe. Man war also offensichtlich mit dem, was ich auch in sehr schwierigen Zeiten geleistet habe, zufrieden“, freut sich Jungmann. Die Corona-Zeit stellte auch die WMA vor große Herausforderungen: Meisterschaften mussten abgesagt werden, finanzielle Einnahmequellen und das wichtige Zusammensein fielen somit aus. „Auf der anderen Seite ist es aber auch eine Verpflichtung, nicht zu enttäuschen, wenn sie so ein uneingeschränktes Vertrauen bekommen“, sagt die 68-Jährige. Den Weg, den sie und ihr Team bereits begonnen haben, wollen sie jedenfalls fortführen, betont Jungmann. Das betrifft insbesondere das Thema Professionalisierung des Verbands. „Wir sind alle ehrenamtlich tätig“, erklärt die WMA-Chefin. „Unsere Haupttätigkeit bei der WMA ist das Durchführen von Meisterschaften, also Großveranstaltungen an denen bis zu 8.000 Menschen aus über 100 Ländern teilnehmen. Da kann man sich vielleicht vorstellen, was das für eine Herausforderung ist. Wir möchten dabei ein professionelles Bild abgeben. Das sind wir der WMA und auch den Gastgeberländern schuldig.“
In Göteborg war das Bild allemal sehr professionell. Sozial wie auch sportlich, sagt Jungmann, sei es eine erfolgreiche Veranstaltung gewesen. „Wir hatten alleine 24 Weltrekorde, die im Rahmen der Masters-WM zu Stande kamen“, erzählt die gebürtige Triererin, die neben den Wettkämpfen insbesondere den persönlichen Kontakt zwischen den Athleten hervorhebt: „Meine Motivation sind die Athleten. Die Begegnung mit den Menschen dort, die sich freuen, einander wiederzusehen. Wer mal dabei war, der merkt schnell, was für eine emotionale Wärme untereinander herrscht und was für schöne Freundschaften dadurch gewachsen sind.“ Passend dazu, erzählt sie, gäbe es auch bei jeder Veranstaltung eine große Zahl Freiwilliger, die vor Ort tatkräftig unterstützen und helfen. „Ich liebe die Arbeit mit den Volunteers. Die wissen oftmals vorher gar nicht, worauf sie sich da eingelassen haben“, lacht sie. „Wenn wir dann aber wieder abreisen, sind sie richtig traurig, weil sie merken, was für eine wundervolle familiäre Gemeinschaft wir sind.“ Allein um die 2.000 dieser Helfer waren bei den Spielen in Göteborg dabei. „Sie haben sich rundum um unsere Athleten gekümmert, seien es Transporte, Verpflegung oder die Organisation von Bussen gewesen“, so Jungmann.
Zwar nicht mit über tausend, aber immerhin mit stolzen neun Personen war in der schwedischen Großstadt Jungmanns Heimatbundesland, das Saarland, vertreten. Und das überaus erfolgreich. Gleich neunmal Edelmetall konnten die Athleten erkämpfen, darunter zweimal Gold, fünfmal Silber und zweimal Bronze. „Das macht mich natürlich besonders stolz“, sagt Jungmann. „Ich bin selbst Saarländerin und habe mich auch viel im saarländischen Sport engagiert. Das macht dann natürlich stolz, zu sehen, wie gut unsere Sportler uns dort vor Ort vertreten haben. Es ist ja auch Werbung für die Masters wie auch für das Saarland.“ Besonders schön: Jungmanns enge Freundin Margret Klein-Raber vom LC Rehlingen konnte gleich drei Medaillen mit nach Hause nehmen. „Als sie die Goldmedaille im Gewichtswurf– und dazu noch mit einem deutschen Rekord– geholt hat, war ich im Stadion dabei“, erinnert sie sich zufrieden.
„Spannende und reizvolle Aufgabe“
Denn wirklich viele Wettbewerbe konnte die frisch wiedergewählte Präsidentin nicht mitansehen. „Ich muss die Zeit dort vor Ort nutzen, um mich mit anderen Funktionsträgern zu besprechen, Sitzungen zu leiten und die nächste Meisterschaft vorzubereiten“, erklärt sie. In einem halben Jahr findet beispielsweise die Hallen-Weltmeisterschaft in Florida statt, für die die Planungen bereits auf Hochtouren laufen. „Das ist wirklich eine Vollzeitbeschäftigung“, sagt sie.
Und zwar eine, die sie mit Herzblut ausführt. „Es ist eine wahnsinnig spannende und reizvolle Aufgabe“, sagt sie. „Sie haben dort mit vollkommen unterschiedlichen Charakteren zu tun. Die haben häufig eine andere Motivation, eine andere berufliche Laufbahn. Das sind alles vollkommen verschiedene Menschen und wenn sie am Start stehen, dann sind doch alle noch mal gleich.“ Besonders die Arbeit mit den unterschiedlichen Kulturen bereite ihr große Freude. Die WMA hat insgesamt 186 Mitgliedsverbände über alle sechs Kontinente verteilt. „Das ist sehr spannend. Im Laufe der Jahre lernt man, nicht immer alles durch die europäische Brille zu sehen. Man muss die unterschiedlichen Kulturen kennenlernen, um sie zu verstehen und mögliche Probleme dann gemeinsam lösen zu können.“ Dass sie die erste Frau im WMA-Chefsessel ist, sei aber beispielsweise nie ein Problem gewesen. „Der Umgang mit mir ist von allen Seiten sehr respektvoll“, sagt sie. „Ich mache da eher sehr positive Erfahrungen, beispielsweise mit dem Team aus Saudi-Arabien, bei dem ich vor ein paar Jahren einmal den Wunsch geäußert habe, gerne mehr Frauen in ihren Reihen zu sehen. Jedes Mal begrüßen sie mich seither und erzählen mir, dass wieder mehr weibliche Athleten dabei sind.“
Mit der aktuellen Amtszeit beginnt aber auch Margit Jungmanns letzte. „Wir haben im Verband eine Limitierung“, sagt sie, ein bisschen mit einem lachenden und einem weinenden Auge. „Deshalb möchte ich die Zukunft des Verbandes so gestalten, dass ich das Ganze in vier Jahren in gute Hände übergeben kann.“ Bis dahin hat die engagierte Saarländerin aber noch einiges auf dem Zettel: „Es wird nicht einfacher, Ausrichter für große Sportveranstaltungen zu finden. Die öffentlichen Gelder sind knapper geworden. Wir müssen also dringend schauen, dass wir uns weiterhin finanziell so aufstellen können, dass der Verband gesund bleibt und wir unsere wirklich tolle Arbeit weiter fortführen können“, so Jungmann.