Trotz der Forderungen des Bundesverteidigungsministers reicht das Geld nicht: Die Truppe bekommt nur eine knappe Milliarde mehr im nächsten Haushalt. Gefordert waren 6,7 Milliarden Euro.
Noch immer braucht die Bundeswehr moderneres Gerät, mehr Gerät und vor allem mehr Personal, das dieses Gerät bedienen kann – Zeitenwende hin oder her. Dennoch erhält Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) deutlich weniger Geld aus dem Bundeshaushalt als gefordert. Nach der Einigung der Ampel-Spitzen auf einen Haushaltsentwurf kritisierte Pistorius die geringen Steigerungen für die Bundeswehr denn auch deutlich. „Ja, ich habe deutlich weniger bekommen, als ich angemeldet habe. Das ist ärgerlich für mich, weil ich bestimmte Dinge dann nicht in der Geschwindigkeit anstoßen kann, wie es Zeitenwende und Bedrohungslage erforderlich machen“, sagte Pistorius, der dies auf dem Nato-Gipfel in Washington den Partnern erklären muss. Auch Generalinspekteur Carsten Breuer erwartet nun Garantien für eine deutliche Aufstockung in den kommenden Jahren.
Der Verteidigungshaushalt von derzeit rund 52 Milliarden Euro soll demnach nur um etwa 1,2 Milliarden Euro wachsen. Pistorius hatte deutlich mehr gefordert. Auch sollten diese Ausgaben von der Schuldenbremse ausgenommen werden. Daran gibt es deutliche Kritik, auch aus der Ampel-Koalition. Pistorius sagte zu dem Etatentwurf: „Wir werden sehen, was sich in den nächsten Wochen und Monaten ergibt. Ich muss mich darauf einstellen und das Beste daraus machen.“
Bundeswehrverband ist „schockiert“
Vizekanzler Habeck verteidigt den Haushaltsentwurf: Er „hält sich an die Bedingungen, die wir uns in der Verfassung gegeben haben, also die Schuldenbremse. Man kann vielleicht darüber reden, dass die letzten Jahre die Schuldenbremse nur eingehalten werden konnte, weil diese großen Verteidigungsausgaben nicht ausreichend finanziert wurden.“ Das Zwei-Prozent-Ziel habe die Merkel-Regierung nicht erreicht. „Die Konsequenz ist, dass die Bestände der Bundeswehr leer sind.“ Offizielles Ziel der Nato ist es, dass jedes Land jährlich mindestens zwei Prozent seines Bruttoinlandsproduktes (BIP) für die Verteidigung ausgibt. Daher passe die Finanzlage nicht zur Sicherheitslage, so Habeck weiter.
Das 100-Milliarden-Sondervermögen alleine bringt offenbar noch keine Wende zu einer runderneuerten Truppe: Das Geld werde bis Ende des Jahres vertraglich gebunden sein, sagte Generalinspekteur Carsten Breuer. Mit der Anschaffung neuer Waffensysteme stiegen auch die Betriebskosten. „Was nützt neues Gerät, wenn die Soldaten es nicht betreiben können?“ Er warnt, Russland könne sich um das Jahr 2029 auch gegen Nato-Staaten wenden, daher sei die Abschreckung so wichtig. „Die russischen Streitkräfte planen einen Aufwuchs auf 1,5 Millionen Soldaten, das sind mehr Soldatinnen und Soldaten als in der gesamten EU.“
Die Vertretung der Soldaten sieht den Verteidigungsetat der Ampel-Koalition als Beleg dafür, dass keine Erkenntniswende eingetreten ist. Die Truppe sei „schockiert“, so Bundeswehr-Verbandschef André Wüstner. Man habe Pistorius „hängenlassen“.