Regen und Radeln – das passt nicht zusammen? Doch, das geht. Man muss nur richtig ausgerüstet sein. Ein Überblick über Möglichkeiten, sich im Sattel vor dem Nass zu schützen.
Ein beliebtes Argument gegen Radspaß im Regennass lautet: Bei Schönwetter ist Radeln toll, aber was machst du bei Regen? Sobald es tröpfelt, sehen viele Autofahrerinnen und Autofahrer kein Land mehr: Jetzt auf die schützende Karosse verzichten? Wo kämen wir denn da hin!
Hier soll keine Moralkeule geschwungen oder gar irgendjemand in den Sattel gezwungen werden. Nur zwei Hinweise: Zum einen wirkt selbst Nieselregen hinterm Steuer eines Autos viel heftiger, als er ist. Aufgrund der Fahrgeschwindigkeit sammelt sich auf der Windschutzscheibe schnell viel Wasser an. An der Frischluft, ob zu Fuß oder per Fahrrad, nimmt sich jedoch alles halb so wild aus. Zweitens: Regelrechte Regentage mit wässrigem Dauerbeschuss von oben sind selten. Das zeigen Daten des Deutschen Wetterdienstes – das zeigt aber auch die Erfahrung als Berufspendler im Sattel.
Aber dennoch: Obwohl man manchen Schauer mittels Prognosen von Regenradar-Apps auch umschiffen kann, regnet es unterwegs einfach manchmal – auf dem Weg zur Arbeit oder auf der Reise. Regenausrüstung im Gepäck zu haben, kommt dann einer gewissen Mobilitätsgarantie gleich. Statt sich lange irgendwo unterzustellen und zu spät ins Büro zu kommen oder auf Tour vor Einbruch der Dunkelheit eine Zwangspause einlegen zu müssen, radelt man weiter – und bleibt dabei idealerweise trocken.
Doch bei der Ausrüstung gibt es große Unterschiede – in Sachen Qualität und Preis. Auch die Produktvielfalt ist groß und variiert je nach Einsatzzweck. Jedenfalls braucht es Orientierung. Zunächst ein bisschen Theorie. Guter Regenschutz erfordert komplexes Gewebe. Eingearbeitet sind Membranen, die Bezeichnungen wie Sympatex oder Gore-Tex tragen. Im Zusammenwirken mit der äußerlichen Beschichtung sorgen sie für Wasserdichtigkeit und die zugleich gewünschte Wasserdampfdurchlässigkeit, dass also Feuchtigkeit nach außen transportiert wird. Das funktioniert umso besser, je größer der Temperaturunterschied zwischen innen und außen ist. Man spricht davon, dass das Material atmungsaktiv ist.
Außen ist gute Regenkleidung oft mit einer sogenannten DWR-Beschichtung aus Polyurethan versehen. DWR steht für „Durable Water Repellency“, meint also dauerhaft wasserabweisende Eigenschaften. Wenn die Imprägnierung wirksam ist, zeigt sich das daran, dass Tropfen an der Schicht abperlen. Immer mehr Hersteller betonen, beim Imprägnieren nicht mehr umweltschädliche PFC (Perfluorcarbone) einzusetzen.
Allerdings ist die Dauerhaftigkeit der Wasserdichtigkeit relativ, denn die Angaben der sogenannten Wassersäule variieren: Sie wird in Millimetern angegeben und ist ein Maß dafür, wie viel Wasser auf einer bestimmten Fläche über einen bestimmten Zeitraum „gestapelt“ werden kann, ohne dass es die Schichten durchdringt. Laut DIN-Norm gilt in Deutschland eine Wassersäule ab 1.300 Millimetern als wasserdicht, darunter spricht man von wasserabweisend.
Je nach Einsatzzweck werden oftmals höhere Wassersäulen empfohlen. Mit 20.000 Millimetern ist man auch auf längeren Touren auf der sicheren Seite; dauert der Weg ins Büro nur zehn Minuten, genügt geringerer Schutz. Grundsätzlich erkauft man sich höhere Wasserdichtigkeit jedoch mit sinkender Atmungsaktivität. Ebenfalls wichtig: wasserdicht verschweißte Reißverschlüsse und Nähte sowie reflektierende Flächen, um bei Sauwetter die Sichtbarkeit zu erhöhen.
Regenjacke
Vor allem die Regenjacke muss den textiltechnologischen Spagat zwischen Durchlässigkeit und Dichtigkeit leisten, da man am Oberkörper oft am meisten Niederschlag abbekommt und am meisten schwitzt. Ansonsten ist bei Anstrengung schnell Schmoren im eigenen Saft angesagt: Man kommt nass ans Ziel, obwohl kein Regentropfen zur Haut vorgedrungen ist. Gerade bei Jacken kann es also lohnen, etwas tiefer in die Tasche und damit zu Qualitätsware zu greifen. Vielversprechende Regenjacken kosten ab rund 150 Euro, Hightech-Ware gern über 400 Euro.
Bei der Kaufentscheidung spielen eine Rolle: eine verlängerte Rückenpartie, da Menschen im Sattel meist nach vorn gebeugt unterwegs sind. Kapuze? Passt sie nicht über den Helm oder verdeckt beim Schulterblick die Augen, kann ein wasserdichtes Helmcover die Alternative sein. Dann aber sollte die Jacke einen nackenschützenden Stehkragen haben.
Mit all dem müssen Radler, die nur kurze Etappen bewältigen wollen, sich nicht unbedingt beschäftigen. Dann reicht oft ein guter Poncho, der Oberkörper und Oberschenkel schützt, viel preisgünstiger und schnell übergezogen ist, aber bei Wind oft heftig flattert.
Regenhose und Rainlegs
Wie Jacken sollten auch Regenhosen anprobiert werden. Kostenpunkt: ab etwa 80 Euro für Qualitätsware, selten weniger. Hauptproblem: Oft passen sie nicht über die eigenen Schuhe. Lange Reißverschlüsse an den Hosenbeinen sind also ratsam, damit man die Hose schnell anbekommt, wenn ein Schauer losbricht.
Weil Regenhosen in der Regel zum Überziehen gedacht sind, sind sie relativ weit geschnitten. Deshalb sind Klettverschlüsse an den Beinen Pflicht, um die Hose unten eng zu machen. Durchdachte Rainpants besitzen einen verstärkten Gesäßbereich, wo das Gewebe am ehesten durchscheuern kann, sowie vorgeformte Kniebereiche, damit der Sitz beim Strampeln erhalten bleibt.
Auch für die Beine gibt es eine Kurzstreckenlösung, die zugleich das Portemonnaie schützt: Rainlegs, auch Chaps genannt. Sie sehen aus wie die Vorderseite einer knielangen Hose, werden mit Gurten um Hüfte und Beine befestigt und schützen die Oberschenkel.
Weitere Regenkleidung
Wer den Regenschutz im Sattel perfektionieren möchte, dem bietet sich mit weiteren Lösungen reichlich Gelegenheit. Weil Hosen die Füße vor Spritzwasser nicht schützen und Wasser auch entlang enger Hosenbeine von oben in die Schuhe gelangen kann, wurden Überschuhe erfunden. Sie bestehen oft aus wärmendem, aber undurchlässigem Neopren oder, für sportlichere Radler, aus dünnem Latex. Preislich beginnen sie bei etwa 20 Euro.
In der Regel lassen die Shoecover die Sohlen frei. Verschlossen werden sie per Reiß- oder Klettverschluss. Aufgrund der Kurbelbewegung steigt die Sichtbarkeit ihrer Reflektoren enorm. Auch wasserdichte Socken gibt es im Handel sowie Überhandschuhe, die ebenfalls ein Sicherheitsplus versprechen, wenn sie dank Gummibesatz mehr Grip auf regennass-rutschigen Griffen bieten.
Etwas für absolute Regentage sind Einteiler, die man meist schon vor der Fahrt überzieht, wenn klar ist, dass es ziemlich nass wird. Vermarktet werden wasserdichte Overalls für Pendler oder in robusterer Ausführung für den Mountainbike-Einsatz, um auf dem Trail auch hochspritzendem Schlamm und Dreck standzuhalten – daher auch der in der Szene geläufige Name: Dirtsuit. Regentrikots für Rennradpiloten sind sehr eng geschnitten, um die Windschnittigkeit möglichst wenig zu beeinträchtigen.
Accessoires für Rad
Regenschutz ist nicht auf den eigenen Körper begrenzt, auch fürs Bike lässt sich viel Zubehör anschaffen. Für Sattel und Griffe gibt es wasserdichte Überzieher aus Silikon oder Nylon, selbst Hüllen für den ganzen Lenker sind im Angebot, die aber eher dem Schutz von elektronischen Komponenten an E-Bikes beim Pkw-Transport dienen.
Als Schutzblechverlängerung fungieren alternativ zu längeren Blechen Spritzlappen für vorn und hinten. Sie halten Nässe und Schmutz von den Knöcheln und dem rückwärtigen Radler sowie Anhänger fern. Für den Nachwuchs im Hänger oder der Lastenradkiste werden von Fahrzeugherstellern auch passgenaue Kinderverdecke als Zubehör angeboten. In wasserdichten Kisten fährt die sonstige Ladung mit, auch Fahrradkörbe mit Deckel machen regenfest. Wen der Sturzregen erwischt, freut sich über gute Regenkluft und über wasserdichte Taschen. So muss man sich später im Zelt oder in der Unterkunft nicht mit durchnässtem Gepäck abmühen und hat noch eine trockene Montur in petto, falls man doch nass geworden ist. Eher für Berufspendler wurde auch schon die Kombination aus Rucksack und Regenjacke zur Produktreife gebracht. Und kommt das Smartphone in einer wasserdichten Lenker- oder Oberrohrtasche mit Sichtfenster fürs Display unter, geht mit der Navigation nichts schief. Eine Dauerlösung, um das Fahrrad vor Umwelteinflüssen zu bewahren, sind Fahrradgaragen.