In der Höhe unerwartet, schlägt der 1. FC Saarbrücken die Münchener „Löwen“ mit 4:0. Deutlich wurde abermals die Bedeutung von Schlüsselspieler Sebastian Vasiliadis.
Es gab sie auch nach dem höchsten Saisonsieg des 1. FC Saarbrücken. Die Miesepeter, die, die seit Wochen und Monaten nur darauf warten, Trainer Rüdiger Ziehl ans Bein pinkeln zu können. Es sind die, die das völlig bedeutungslose Testspiel im Trainingslager gegen die U23 des VfB Stuttgart zum Anlass nahmen, ihr „Trainer-Raus“-Genörgel in den sozialen Netzwerken als Dauerfeuerwerk abzubrennen.
Es mag Social-Media-Manager von Bundesligisten geben, die unter anderem Facebook als zu vernachlässigenden „Lost Place“ bezeichnen, bei einem Drittligisten kann ein derartiges Lamento, so stupide es auch sein mag, Wirkung entfalten.
Der breite Kader zahlt sich aus
Und anstatt sich einfach mal über eine überzeugende Leistung zu freuen, wurde am Samstag flugs das Argument vorgebracht, der ersatzgeschwächte Gegner sei in dieser Form ja kein Maßstab gewesen. „Es empfiehlt sich einen breiten Kader zu haben“, sagte Trainer Ziehl nach dem 4:0-Rückrunden-Auftakt grinsend, „ich glaube, wir haben bei der Kaderzusammenstellung im Sommer nicht so viel verkehrt gemacht.“ Was Ziehl nicht erwähnte, ist die Tatsache, dass er in der „Herbstkrise“ personell auf der letzten Rille ging. Als die Kampagne gegen den teilweise unnahbar wirkenden Coach ihren Höhepunkt erreichte, fehlten ihm mit Kapitän Manuel Zeitz und den Innenverteidigern Sven Sonnenberg, Bjarne Thoelke und Boné Uaferro alle erfahrenen Abwehrspieler. Zum Vergleich: Die angeblich so arg gebeutelten Münchener konnten mit Leroy Kwadwo und Max Rheintaler zwei Innenverteidiger mit Zweitliga-Erfahrung nachschieben. Ziehl musste damals den „Kinderriegel“ mit Joel Bichsel und Lasse Wilhelm ins kalte Wasser werfen. Später rückte auch noch Dominik Becker nach. „Wir haben Vertrauen in jeden einzelnen Spieler. Natürlich haben wir damals vor dem einen oder anderen Spiel in der Trainerkabine gesessen und uns gefragt, was hier gerade passiert. Aber es ist auch eine Chance, die jeder Spieler ergreifen kam“, sagte Ziehl.

Und so vollzog sich eine bemerkenswerte Wachablösung, in deren Verlauf Neuzugang Bichsel im Schnelldurchgang zum Abwehrchef wurde. „Wir wollen aufsteigen“, formulierte der Trainer vor dem 1860-Spiel selbstbewusst, sagte aber auch: „Es muss alles passen. Wir müssen auch ein bisschen mehr Glück mit dem Personal haben.“ Denn gegen die „Löwen“ musste Ziehl kurzfristig auf Dominik Becker, Richard Neudecker und Julian Günther-Schmidt verzichten. „Bei keinem von ihnen ist es eine langwierige Sache. Aber es war schon bitter, weil sie alle von Beginn an gespielt hätten“, sagte der Trainer. Für Becker rutschte Vorbereitungsgewinner Sonnenberg ins Team. Die Karten im Kampf um die Plätze in der Abwehrkette dürften damit wieder neu gemischt werden. Tim Civeja ersetzte Neudecker und blühte an der Seite des überragenden Sebastian Vasiliadis richtig auf, trug sich ebenso in die Torschützenliste ein wie Kasim Rabihic, der Günther-Schmidt ersetzte. „Ich bin ein erfahrener Spieler, ich weiß, wie es laufen kann. Manchmal gibt es Täler, da muss man auf seine Chance warten. Heute habe ich sie genutzt, aber wir kennen alle die Dritte Liga. Am Samstag in Sandhausen geht es wieder von vorne los“, sagte Rabihic.
Als Dosenöffner nach knapp einer halben Stunde betätigte sich Vasiliadis. Der ehemalige Rostocker macht an guten Tagen den Unterschied aus. „Unser Spiel ist mit ihm ein anderes“, sagt Ziehl. Doch in der Hinrunde fiel „Vasi“ ausgerechnet nach dem starken Wiesbaden-Spiel wochenlang aus. „Das brauche ich nicht mehr. Die Hoffnung ist da, dass ich mal mehr Spiele ohne Verletzung machen kann. Mir fehlt natürlich noch die Matchpraxis, und ich kann sicherlich noch ein paar Dinge besser machen. Aber das wird im Laufe der Zeit kommen.“
„Es ist eklig, gegen uns zu spielen“
Nach dem Führungstreffer des Deutsch-Griechen legte Civeja unmittelbar vor dem Pausenpfiff nach. Rabihic erhöhte zehn Minuten nach dem Wechsel und dann durfte sich auch Neuzugang Maurice Multhaup unmittelbar nach seiner Einwechselung zum ersten Mal in die Torschützenliste eintragen. „Das erste Tor für seinen neuen Verein ist immer etwas Besonderes. Die Hinrunde ist für mich natürlich nicht nach Plan gelaufen. Natürlich war ich enttäuscht, dass ich nicht von Beginn an gespielt habe, aber man muss die Dinge annehmen. Es war auch heute noch nicht alles optimal“, sagte der Außenstürmer selbstkritisch.
Das sah auch Coach Ziehl so, der sich vor allem über eine Szene in der zweiten Halbzeit erregte. Beim Stand von 2:0 spielte Civeja eine Umschaltsituation schlampig aus, die Gäste konterten blitzschnell und am Ende scheiterte David Philipp am Pfosten. „Da kann das Spiel noch mal anders laufen. Das sind die Themen, die wir mit Tim besprechen. Er verbessert sich stetig, aber da hat er noch Reserven“, monierte Ziehl. Die Stadionbesucher wählten Civeja dennoch zum Mann des Tages. Am Samstag geht es für die Blau-Schwarzen zum SV Sandhausen. „Ich glaube, es ist eklig, gegen uns zu spielen. So wollen wir weitermachen“, sagt Vasiliadis.