Seit August kooperiert der Autoclub mit Aral. Mitglieder können an den Ladestationen vergünstigt Strom tanken. Doch das Angebot klingt letztlich besser, als es ist.
Günstig. Schnell. Überall.“ Mit diesen Attributen bewirbt der ADAC auf seiner Homepage den vereinseigenen Ladetarif für Elektroautos. Wer in Deutschlands größtem Autoclub Mitglied ist – im vergangenen Jahr immerhin 21,8 Millionen Menschen –, kann das eigene Elektroauto an öffentlichen Ladestationen zu besonderen Konditionen aufladen.
Konkret geht es um den Ladetarif „e-Charge“. Jahrelang hatte der ADAC mit Deutschlands größtem Ladenetzbetreiber EnBW kooperiert. Mitglieder erhielten auf Wunsch eine eigene Ladekarte, mit der sie an Hunderttausenden Ladestationen im In- und Ausland vergünstigt Strom tanken konnten. Es fiel keine Grundgebühr an, die Netzabdeckung war riesig, und die Preise entpuppten sich als passabel und übersichtlich – insgesamt ein fairer Deal.
Seit dem 1. August dieses Jahres ist der alte Ladetarif nun Geschichte. Nachdem EnBW seine Preise grundlegend umgestellt hat, arbeitet der ADAC fortan mit einem neuen Partner zusammen: Aral Pulse. Bei näherem Hinsehen zeigt sich jedoch: Das neue Angebot ist bei Weitem nicht so gut wie das alte.
Zunächst die positiven Aspekte: Wegen der Lage an den dazugehörigen Tankstellen bieten die „Aral Pulse“-Ladestationen eine attraktive Umgebung. Anders als bei manch anderen Anbietern kann man während der Pause problemlos eine Toilette aufsuchen oder Proviant einkaufen. Darüber hinaus gehört Aral Pulse zu den großen Playern im Schnellladegeschäft. Laut der Website schnellladepark.app belegt das Unternehmen in Deutschland den dritten Platz, was die Anzahl der Ladepunkte angeht – nach Tesla und Marktführer EnBW. Die Technikzeitschrift „Connect“ kürte Aral Pulse im vergangenen Jahr zum Sieger im Ladenetz-Test. Begründung: „Gute Ausstattung (…) sowie problemlose Abwicklung während und nach dem Laden.“
Die Ladekarte ist kostenlos, funktioniert aber nur an deutschen Aral-Pulse-Ladesäulen. An anderen Strom-Tankstellen braucht man die App. Insgesamt ist der e-Charge-Tarif in sieben Ländern nutzbar (Deutschland, Österreich, Italien, Frankreich, Niederlande, Luxemburg, Spanien). Die Preise gliedern sich auf: Wer direkt bei Aral lädt, bezahlt aktuell 51 Cent pro Kilowattstunde. Ab 1. Oktober erhöht sich der Tarif auf 57 Cent pro Kilowattstunde. An „fremden“ Ladestationen kostet es 75 Cent pro Kilowattstunde. Positiv fällt dabei auf, dass es sich nach wie vor um einen Einheitspreis bei Fremdanbietern handelt. Bei EnBW gelten neuerdings flexible Preise. Weiterhin ist keine Grundgebühr fällig. Auch das hebt das ADAC-Angebot positiv von der Konkurrenz ab.
Andere Anbieter teilweise deutlich günstiger
Die Wettbewerber verlangen für spontanes Laden mit ihren jeweiligen Apps ähnliche Preise, die mitunter leicht darüber liegen. Wer ohne Grundgebühr bei EnBW lädt, zahlt 59 Cent pro Kilowattstunde im eigenen Netz und bis zu 89 Cent bei externen Stationen. Wer bereit ist, eine monatliche Grundgebühr zu bezahlen, kann diese Preise jedoch drastisch reduzieren. So sind beim EnBW-Ladetarif „M“ insgesamt 5,99 Euro pro Monat fällig. Dafür kostet die Kilowattstunde an eigenen Stationen dann aber auch nur noch 49 Cent. Im Ladetarif „L“ beträgt die Grundgebühr 17,99 Euro. Strom kostet dann noch 39 Cent pro Kilowattstunde.
Beim Anbieter Ionity sind die Tarife ähnlich: 49 Cent pro Kilowattstunde bei einer Grundgebühr von 5,99 Euro im Monat beziehungsweise 39 Cent bei einer Grundgebühr von 11,99 Euro – jeweils bezogen auf eigene Ladestationen. Bei Tesla wiederum variieren die Preise je nach Tageszeit und Auslastung der einzelnen Standorte. 38 bis 47 Cent sind hier üblich bei einer Grundgebühr von 9,99 Euro.
Füllt man also beispielsweise einen Akku, der eine Kapazität von 64 Kilowattstunden hat, kostet es im ADAC-Tarif 36,48 Euro – sofern man nur an Aral-Pulse-Stationen lädt. Im EnBW-Tarif ohne Grundgebühr wären es 37,76 Euro im EnBW-Netz. Im Tarif „M“ mit Grundgebühr wären es nur noch 31,36 Euro, sodass man die Grundgebühr von 5,99 schon nach einmaligem Laden wieder drin hat. Damit kann man je nach Auto und Fahrweise zwischen 300 und 450 Kilometer fahren.
Der Vergleich zum ADAC zeigt: Schon nach zwei Ladevorgängen ist die Konkurrenz günstiger. Zumal die Angebote in der Regel monatlich kündbar sind. Wer elektrisch in den Urlaub fährt, zahlt beim ADAC also mitunter mehr, als wenn man die Apps der Wettbewerber nutzt. Von einem „Vorteilstarif“ kann man hier eher nicht sprechen.
Ein weiterer Nachteil: Der ADAC berechnet bei Ladestationen von Fremdanbietern bereits nach 45 Minuten eine Blockiergebühr von 15 Cent pro Minute. Auch an langsamen Wechselstrom-Ladestationen ist diese fällig, wenngleich erst nach zwei Stunden. Wer das nicht im Kopf hat und sein Auto zum Beispiel abends vorm Hotel auflädt, erlebt am nächsten Morgen eine teure Überraschung. Als Alternative bietet sich derzeit der Anbieter „EWE go“ an. Dort ist die Ladekarte ebenfalls kostenlos, es gibt weder eine Grund- noch eine Blockiergebühr, und für Ladevorgänge gelten Festpreise: 59 Cent im eigenen Netz und 64 Cent bei Fremdanbietern.
Unterm Strich lohnt sich der e-Charge-Tarif vom ADAC also nur für Kunden, die nicht mehr als einmal im Monat zu einer Schnellladestation fahren. Für alle anderen ist die Konkurrenz günstiger. Extra in den Autoclub einzutreten um zu sparen braucht also niemand.
Wer aufs Geld achten muss, wird also auch in Zukunft mehrere Ladekarten einpacken und immer mal wieder neu rechnen müssen: Welcher Anbieter passt zu mir und meinem Fahrverhalten? Für welche Reise lohnt sich ein Tarif mit Grundgebühr, wann kann ich darauf verzichten? Der Tarif-Dschungel bleibt uns also vorerst erhalten.