Eine Fahrt in einem Rolls-Royce ist nicht einfach ein Transport von A nach B, sondern ein außergewöhnlicher Genuss. Ein extrem teurer zwar, aber die angebotene Leistung ist jeden Cent ihres Gesamtpreises wert, findet unser Autor. Er hat den Rolls-Royce Ghost Series II getestet – aus der Sicht des Beifahrers.
Die Farbe unseres Testwagens ist zartgelb. Die Farbe habe ich mir gewünscht, denn ich hätte den Rolls-Royce auch in Smaragdgrün oder Weinrot bekommen können. Schon lange vorher habe ich mich auf dieses Erlebnis gefreut, denn ich liebe die Farbe Gelb – und ich liebe Rolls-Royce! Ein Rolls-Royce fällt auf – immer. Allerdings fällt er angenehm auf, denn seine imposante, elegante Erscheinung erzeugt Respekt. Und in der Regel auch eine gewisse Distanz, denn es ist auch Laien klar, dass dieses Auto etwas Exklusives ist. Fährt man einen Rolls-Royce in einer gedeckten Farbe, so erzeugt er eine noch größere Distanz, die durchaus gewollt sein kann.
Ein Rolls-Royce ist aber zu sehr viel mehr in der Lage, als sich nur von seiner Umwelt zu distanzieren. Das haben wir mit unserem gelben Rolls-Royce Gost Series II erlebt. Wo wir auch damit auftauchten, waren wir sogleich im Mittelpunkt. Die Menschen haben gewunken und sich gefreut, ein so schönes und farbenfrohes Auto zu sehen. Selbst die Kleinsten winkten uns fröhlich lächelnd zu. Einem etwa Zweijährigen gefiel einfach unser gelbes Auto!
Die Reise beginnt für mich am Münchener Flughafen. Dort hat mich mein Fahrer Micha mit dem Ghost direkt am Terminal abgeholt. Während ich auf ihn warte, beachtet mich in der Menge niemand. Als Micha vorfährt, mir den Kofferraum für mein Gepäck und anschließend die hintere rechte Tür öffnet, werden die Hälse vieler Menschen ganz lang und ein vielfaches Getuschel setzt ein. Welchen Promi haben wir denn da nicht rechtzeitig erkannt?!, fragt sich der ein oder andere. Gar keinen, mich kennt niemand.
Geborgen wie in Abrahams Schoß
Auf dem Rücksitz bleibe ich aber nicht lange sitzen, wenngleich ich mich dort richtig wohl fühle. Trotz des durchzugsstarken Zwölf-Zylinder-Motors dringen keinerlei Fahrgeräusche ins Innere. Die Luftfederung sorgt für ein Fahrgefühl, wie es sich wohl auf einem fliegenden Teppich anfühlen müsste. Auf den Rücksitzen ist das Gefühl, wie auf einer Sänfte zu gleiten, besonders intensiv. Das liegt daran, dass die Rückbank – zusätzlich zur Luftfederung – noch einmal extra gedämpft ist; damit die Fahrgäste in der zweiten Reihe auch wirklich gar nichts von den Vibrationen der Fortbewegung mitbekommen. Das ist sicherlich von Vorteil, wenn man während der Fahrt arbeiten möchte, was dank der elektrisch aufklappbaren Tische an den Rücklehnen der Vordersitze bequem möglich ist. Der ebenfalls an der Rückseite jedes Vordersitzes angebrachte Monitor macht es zudem möglich, dass man fernsieht, Videos genießt oder für den eigenen Komfort sorgt. Hierüber kann ich nämlich auch meine Sitzheizung und Sitzbelüftung auf dem Rücksitz regulieren. Ich habe die Wahl zwischen verschiedenen Regionen des Sitzes, nach Sitz- oder Rückenfläche unterteilt. Zudem kann ich eine von 24 Massagefunktionen wählen und die Musik(quelle) wählen. Die Lautstärke regele ich über einen rollenartigen Drehknopf in der Armlehne der Tür. Um den Einstieg möglichst komfortabel zu gestalten, sind die Türen extrem breit. Die hinteren Türen sind hinten an der C-Säule angeschlagen, damit man bequem auf den Sitz gleiten kann.
Auf Kopfhöhe befindet sich in der C-Säule ein Knopf, der dafür sorgt, dass sich die Tür ganz bequem automatisch schließt. Das klingt dekadent, ist aber fantastisch bequem. Bei unserem Test jedenfalls wollen wir diese Funktion nicht mehr missen. Wer nicht arbeiten möchte, kann während der Fahrt auf dem Rücksitz ausgesprochen bequem lümmeln. Dafür lässt sich die Rückenlehne weit nach hinten, die Sitzfläche weit nach vorn fahren; beides auch getrennt voneinander. Die Polster machen eine leicht schräge Sitzposition sehr bequem.
Nach getaner Arbeit gibt es gelegentlich auch schon Mal etwas zu feiern. Dafür befindet sich zwischen den beiden Rücksitzen ein Champagner-Kühlschrank mit zwei passenden Champagnerkelchen. Sollte man Bedarf haben, in dieser Sänfte zu fünft zu reisen, kann auch eine dritte Person in der Mitte der Rückbank Platz nehmen. Aber wirklich vorgesehen ist das vermutlich nicht.
Nach einem langen Tag ist es oft angenehm, seine Schuhe von den Füßen zu streifen, und diese zu entspannen. Das macht man in der Regel zu Hause. Nicht so im Rolls-Royce. Hier liegen Fußmatten mit einem flauschigen Hochflor von mehreren Zentimetern Länge auf dem Boden, die die Füße – auch mit Schuhen– verwöhnen und einem das Gefühl vermitteln, schon längst zu Hause zu sein.
Sternenhimmel im Inneren
Ein weiterer Wohlfühlfaktor ist das geschmeidige Leder. Es ist im Innenraum zweifarbig gestaltet – in einem gebrochenen Weiß, kombiniert mit Hellblau. Eine traumhafte Kombination, die man gesehen haben muss, um sich vorstellen zu können, wie fantastisch dies zum Gesamtbild des Autos passt. Auch die Vordersitze haben diesen enormen Komfort mit Sitzheizung, Sitzbelüftung und vielfältiger Massagefunktion. Die Knöpfe zum Schließen der Türen gibt es natürlich auch, sie befinden sich hier in der Mittelkonsole. Das Armaturenbrett wirkt extrem aufgeräumt. Hier finden sich nur Knöpfe und Bedienelemente, die auch wirklich notwendig erscheinen. Ihre Bedienung ist nahezu intuitiv und auch für mich als „Nicht-Autofahrer“ sofort nachvollziehbar. Alle Materialien sind überaus hochwertig verarbeitet. Hier klappert nichts, nichts raschelt oder klemmt. Alles funktioniert perfekt.
Ein ganz besonderer Genuss ist der Sternenhimmel am Dach des Innenraums. Die Fahrgäste auf der Rückbank können ihn an- oder auch ausschalten. Ist er an, rieseln von Zeit zu Zeit Sternschnuppen über den „Himmel“. Dabei stehen verschiedene einstellbare Sternenbilder zur Wahl. Da der Fahrer und der vordere Beifahrer davon nur am Rande etwas mitbekommen, haben die Konstrukteure dem vorderen Beifahrer eine besondere Freude gemacht. Sobald es um das Auto herum dunkel wird – das kann auch ein Tunnel sein – leuchtet am Armaturenbrett vor dem Beifahrer der Schriftzug „Ghost“, umgeben von einem Sternennebel, auf. Wunderschön!
Als wir in Augsburg an einem Standesamt vorbeifahren, amüsieren wir uns köstlich. Eine große Schar von Gästen blickt strahlend in dessen Richtung – bis wir kommen. Dann haben alle nur noch Augen für unseren gelben Rolls-Royce. Aber nicht alle Zeitgenossen, die uns begegnen, reagieren positiv. Ein Motorradfahrer, der uns auf gerader Strecke entgegenkommt, zeigt uns einen Vogel. Sehr viele andere Verkehrsteilnehmer reagieren hingegen mit einem freundlichen Hupen oder Daumen-hoch-Zeichen, was zweifelsfrei an der außergewöhnlichen Farbe liegt, die die Distanz verringert. Dennoch ist und bleibt dieses Auto ein– für die meisten Menschen – unerfüllbarer Traum! Wer ihn sich allerdings leisten kann, sollte durchaus einmal über die Farbe Gelb nachdenken. Sie macht einfach glücklich und kommt augenscheinlich auch bei anderen sehr gut an.