Das Brandenburger Tor, der Ku’damm und das Berghain werden von Touristen oft als Erstes angesteuert. Dabei hat die Hauptstadt doch so viel mehr zu bieten.
Selbst viele Berliner kennen noch nicht jede Ecke ihrer Stadt. Deshalb haben die Wirtschaftsförderungen von neun Bezirken die Entdeckertage „Ab ins B!“ ins Leben gerufen. Gemeinsam mit dem Wirtschaftssenat und „visit Berlin“, die Tourismusangebote entwickeln und vermarkten, werden 285 Veranstaltungen an 135 Orten vergünstigt oder kostenlos angeboten. Sie alle befinden sich in der Tarifzone rund um den S-Bahnring – dafür steht nämlich das B – und sind mit den Öffentlichen gut zu erreichen.
Sonntagsausflug ganz anders
Die neun Bezirke Spandau, Reinickendorf, Lichtenberg, Pankow, Marzahn-Hellersdorf, Treptow-Köpenick, Neukölln, Tempelhof-Schöneberg und Steglitz-Zehlendorf bieten so manches, was Einheimische und Touristen erst noch entdecken müssen. Die Themenpalette von „Ab ins B!“ ist deshalb breit gefächert: Kunst und Kultur, Führungen, Essen und Trinken, Sport und Natur bis zu Angeboten für Familien. Kurz‑ entschlossene lädt das Freilandlabor im Britzer Garten am 9. April zum großen Osterspaß mit Mitmach-Aktionen und einem Osterzirkus ein. Auf dem Vierfelderhof in Gatow können die Jüngsten die Hoftiere füttern und Eltern die Außengastronomie genießen. Im Schloss Friedrichsfelde im Tierpark Berlin gibt es gratis eine Tasse Kaffee und kostenlose, historische Führungen. Für Familien empfiehlt sich in Europas größtem Landschaftstierpark die neue Dinoworld Berlin. Am Ostermontag zeigt das Parktheater Edelbruch im Jagdschloss Grunewald das Stück „Hase und Igel“ für Kinder ab drei Jahren, die danach auf der Obstwiese Ostereier suchen können. „Berlins größte Eiersuche“ verspricht die „BrewDog Dog Tap Berlin” in Mariendorf, mit Osterbrunch und kleinen Überraschungen für Kinder. Wer es lieber sportlich mag, kann sich im Strandbad Wendenschloss in Köpenick ein Floß ausleihen und über die Dahme schippern, einen Führerschein braucht man nicht.
Die Entdeckertage soll es übrigens nächstes Jahr wieder geben. Bis dahin können sich die Berliner ja selbst auf Erkundungstour an den Stadtrand aufmachen. Also mal den Sonntagsausflug ganz anders planen: von Steglitz nach Marzahn, von Köpenick nach Reinickendorf. Alle teilnehmenden Bezirke haben Tourismusbüros, die beraten gern und geben Tipps. Andere Bezirke bieten touristische Informationen auf eigenen Webseiten. Die Adressen dazu sowie hilfreiche Apps zu verschiedenen Themen gibt es bei visitberlin.de.
Wer sich beispielsweise für Kunst und Kultur interessiert, wird überrascht sein. Während die Museen in der City mit großen Namen locken, punkten die kleineren Häuser am Rande mit der Verbindung von Kunst und Natur. So wie das Haus am Waldsee in Zehlendorf, eine ehemalige Fabrikantenvilla, umgeben von einem Skulpturenpark. Bis 29. Mai ist dort die erste umfassende Retrospektive der Berliner Künstlerin Margaret Raspé zu sehen. Zeitgleich werden Werke von Daniel Knorr in der Schwartzschen Villa in Steglitz ausgestellt. Ein Blick in deren Veranstaltungskalender lohnt sich: Konzerte, Lesungen, Vorträge und Kindertheater.
Das Kontrastprogramm dazu findet sich in Lichtenberg. Statt in Villen wird dort Kunst inmitten eines Industriegebietes geschaffen und ausgestellt. Die Kunstfabrik „HB55“ in einem ehemaligen Margarinewerk stellt Studios, Werkstätten und Hallen für Kreative und Gewerbetreibende zur Verfügung, die zur „Langen Nacht der Bilder“ Anfang September auch besichtigt werden können. Dann öffnet auch die benachbarte „Fahrbereitschaft“ der Haubrok Foundation wieder ihre Türen und Ausstellungsräume. Die „B.L.O.-Ateliers“ auf dem Gelände eines ehemaligen Bahnbetriebswerks am S-Bahnhof Nöldnerplatz sind eine der größten Künstlergemeinschaften in Berlin mit einem einzigartigen Spektrum: Bildhauerei, Bogen- und Bumerangbau, Fotografie, Holzarbeiten, Fahrrad- und Möbelbau, Modedesign, Theater- und Filmausstattung, Musik und mehr. Regelmäßig finden Konzerte, Film- und Theateraufführungen, Vorträge und Ausstellungen statt. Einen künstlerischen Blick auf die Utopie und auf das heutige Leben in einer Großsiedlung ermöglicht das „Studio im Hochhaus“ in Hohenschönhausen mit Ausstellungen, Performances und Filmvorführungen. Das Märkische Viertel in Reinickendorf, um das man früher eher einen Bogen machte, zieht heute mit seiner Konzertreihe „Reinickendorf Classics“ im Fontane-Haus Kulturzentrum Berlin viele Besucher an. Demnächst sind dort Ute Lemper und die Neubrandenburger Philharmonie zu Gast.
2.500 grüne Anlagen in Berlin
Von den bekanntesten preußischen Baumeistern bis hin zu den Ikonen der Moderne – Berlin ist ein Eldorado für Architekturbegeisterte. Aufwendig restauriert und gepflegt werden die Schlösser, die nicht nur schön anzusehen sind, sondern in ihren Mauern auch Kunst und Kultur beherbergen. Schloss Köpenick ist das einzige im Originalzustand erhaltene Barockschloss Berlins und zweiter Standort des Kunstgewerbemuseums. Bis 1. Oktober werden dort Repliken von bedeutenden historischen Goldschmiedewerken gezeigt. Nach dem Museumsbesuch lohnt sich ein Bummel durch die Köpenicker Altstadt und eine Einkehr in Deutschlands kleinster Brauerei auf dem Schlossplatz. Die sechs Siedlungen der Moderne, zu der die Weiße Stadt in Reinickendorf und die Großsiedlung Britz in Neukölln gehören, sind ein Beispiel für wegweisendes Bauen im 20. Jahrhundert. Dazu werden interessante Führungen angeboten, man kann sich aber auch mit der App „About Berlin“ selbst auf Spurensuche begeben.
Berlin gilt mit 2.500 Grünanlagen, rund 16.000 Hektar Wald und 100 Natur- und Landschaftsschutzgebieten als grünste Hauptstadt Europas. Hinzu kommen 50 Seen, drei Flüsse und mehr Brücken als in Venedig. Da bleiben kaum Wünsche offen: Surfen auf dem Wannsee, mit dem Ausflugsdampfer auf dem Müggelsee, mit dem Floß über Spree und Dahme oder Baden an der Bammelecke. Bei visit.de gibt es eine Übersicht der Badeseen und Freibäder. Wer lieber durch die Natur streift, hat die Qual der Wahl zwischen 20 Wanderwegen auf rund 550 Kilometern in Berlin: entlang der Hönower Weiherkette oder an Spree und Panke, auf den Spuren Humboldts oder auf dem Bullengrabenweg durch Spandau. Beim Streifzug durch den grünen Rand von Berlin kann man ab Mai zahlreichen vierbeinigen Landschaftspflegern begegnen: Wasserbüffeln auf den Tiefwerder Wiesen in Spandau, Dülmener Wildpferden im Wuhletal in Marzahn-Hellersdorf oder Galloway-Rinder im größten Waldweideprojekt in Deutschland, dem Hobrechtswald in Pankow.