Mit gerade einmal 21 Jahren ist Marko Grgic Torschützenkönig der stärksten Handball-Liga der Welt. Dabei stellte der frisch gewählte „Nachwuchsspieler der Saison“ sogar Welthandballer Mathias Gidsel in den Schatten.

Jetzt erst mal alles sacken lassen. Vor drei Jahren spielte Marko Grgic noch bei Drittligist HG Saarlouis, seinem Heimatverein. Das, was nach seinem Wechsel zum damaligen Zweitligisten ThSV Eisenach passierte, ist einzigartig: Mit Eisenach gelang Grgic 2023 der Aufstieg in die Bundesliga, ein Jahr später folgte die Berufung in die deutsche A-Nationalmannschaft, mit der er im Sommer 2024 in Paris die olympische Silbermedaille gewann und im Winter 2025 an der Weltmeisterschaft teilnahm. Mit konstant bärenstarken Leistungen in der Bundesliga schraubte er sein Torekonto bis zum Abpfiff am letzten Spieltag auf 301 hoch – ein historisch hoher Wert. Einzig der Südkoreaner Yoon Kyung-shin, den Grgic auch als jüngster Torschützenkönig der Geschichte ablöste, erzielte jemals mehr Treffer in einer Bundesliga-Saison: nämlich 324 in der Saison 2000/2001 für den VfL Gummersbach. Der dänische Welthandballer Mathias Gidsel von den Füchsen Berlin rangiert in der abgelaufenen Saison hinter Grgic auf Platz 2 (275 Tore).
Eigentlich Vertrag bis 2027
Ab der Saison 2026/27 geht Marko Grgic für die SG Flensburg-Handewitt auf Torejagd. Der Traditionsverein aus dem Norden zog eine Kaufoption in Grgics eigentlich bis 2027 datiertem Arbeitspapier mit dem ThSV Eisenach. „Die SG ist einer der größten Vereine im deutschen Handball. Ich finde die Stadt super, da würde ich mich auf jeden Fall wohlfühlen, wenn ich dort wohnen würde. Viel Wasser, viel Ruhe und das in einer handballverrückten Stadt“, freut sich Grgic und ergänzt mit Blick auf die sportliche Perspektive: „Es ist generell sehr interessant, zu einem Top-Verein zu gehen, der gerade nicht den gewünschten Erfolg hat und dem man wieder nach oben helfen kann. Diese Herausforderung reizt mich sehr.“ Was er mit den Flensburgern erreichen will, ist klar: „Ich hoffe, dass wir 2026 in der Champions League spielen werden und dass Flensburg wieder ernsthaft um die deutsche Meisterschaft mitspielen wird“, sagt der Rückraumspieler.
In einer handballverrückten Stadt spielt er allerdings auch jetzt schon. Eisenach ist sogar seine Geburtsstadt. Damals spielte sein Vater Daniel Grgic für den ThSV (2003 bis 2005), seine Mutter Ina in der Oberliga für die TSG Ruhla. Nach einem einjährigen Gastspiel Grgics Seniors in Kroatien folgte 2006 der Wechsel zur HG Saarlouis. Papa „Dado“ erarbeitete sich dort bis zu seinem Karriereende 2014 den Status einer lebenden Legende und zeitgleich lernte Marko das Handballspielen in der HG-Jugend, ehe er mit zarten 16 Jahren den Sprung ins Drittliga-Team schaffte. Wenig später folgte im Sommer 2022 der Wechsel nach Eisenach. Gleich in der ersten Saison gelang der Aufstieg in die Bundesliga, danach dauerte es nur ein Jahr, ehe Grgic Junior am 12. Mai 2024 im schwedischen Växjö sein Debüt in der deutschen A-Nationalmannschaft gab. Auch in den Kader für die Olympischen Spiele, die im gleichen Jahr in Paris stattfanden, wurde er berufen und gewann mit dem Team von Bundestrainer Alfred Gislason überraschend die Silbermedaille. Bei der WM im Winter 2025 durfte Grgic ebenfalls mitmischen, allerdings war da schon im Viertelfinale Schluss.
Von Trainer Gislason gab es nach der WM Lob, aber auch Kritik am Jungspund – vor allem an dessen Abwehrarbeit. Grgic wünschte sich trotzdem mehr Vertrauen in seine Stärke und gab sich trotzig: „Ich zeige jedes Wochenende in der stärksten Liga der Welt, dass ich auch Abwehr spielen kann und dass ich auch ein guter Abwehrspieler bin. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen“, sagte er damals. Inzwischen hat er etwas mehr dazu zu sagen: „Als Mannschaftssportler ist man generell nicht zufrieden, wenn man nicht spielt. Das ist auch logisch. Aber vielleicht muss man sich dann erst mal an die eigene Nase packen und schauen, was man selbst verbessern kann, um zu mehr Spielzeit zu kommen. Zu hoffen, dass es vom Himmel fällt, reicht nicht“, sagt er heute und beweist, dass er sich die Kritik zu Herzen genommen hat: „Dem Bundestrainer ist das Abwehrspiel sehr wichtig. Und da habe ich viel Zeit investiert, zusätzliche individuelle Trainingseinheiten absolviert, um mich weiter zu verbessern. Ich denke, das ist mir ganz gut gelungen.“ Jedenfalls sehen das auch die Trainer und Geschäftsführer der 18 Bundesliga-Clubs so, die ihn mit großer Mehrheit zum „Nachwuchsspieler des Jahres“ gewählt haben.
Lang ersehnter Wiederaufstieg

Was die Nationalmannschaft angeht, so ist Marko Grgic optimistisch. Nicht nur mit Blick auf seine eigene Abwehrleistung. „Allgemein als Mannschaft sah unser Spiel in der Nationalmannschaft so statisch aus, ohne viel Geschwindigkeit. Es gibt noch viel zu tun, aber wir machen uns da keinen Stress“, sagt er und weiß: „Es ist noch genug Zeit für eine gute Vorbereitung für die EM im Januar, und ich bin sicher, dass bis dahin alles besser wird.“ Ähnlich zuversichtlich schaut Grgic in seine Heimat, das Saarland. Dort lässt „seine“ HG Saarlouis durch prominente Verpflichtungen und die Kooperation mit einem großen Sponsor aufhorchen. Nach der Verpflichtung von 2007er-Weltmeister Markus Baur als Sportdirektor und Jörg Lützelberger als Trainer will der Verein mit dem neuen Hauptsponsor Ursapharm den lang ersehnten Wiederaufstieg in die 2. Bundesliga angehen. „Markus Baur ist absolut eine Identifikationsfigur des deutschen Handballs. Allein dadurch, dass er ist, wer er nun einmal ist, wird man wahrscheinlich schon den einen oder anderen überzeugen können, nach Saarlouis zu wechseln“, sagt Grgic und verrät: „Ich durfte Jörg schon kennenlernen, der hat bei unserem Trainer hospitiert. Ein sehr cooler Typ, sehr angenehm und auch ein guter Trainer. Den frischen Wind, den die Neuen mitbringen, hat der Verein gebraucht. Ich bin gespannt, wie sich die Dinge dort entwickeln.“
Interessieren wird das sicher auch Markos Vater Danijel Grgic. Seit 2024 ist er Jugendkoordinator des ThSV Eisenach und damit nah dran an seinem Sohn. Im Sommer dieses Jahres wechselt „Dado“ aber als Co-Trainer zu Ligakonkurrent TVB Stuttgart. „Privat gesehen ist das schon ein bisschen schade, dass wir wieder so weit auseinander sind. Aber auf die Spiele freue ich mich tatsächlich riesig“, sagt Marko Grgic und kündigt an, dass es „professionell zur Sache“ gehen wird: „Das könnte cool werden, wir werden uns bestimmt im Vorfeld ein paar Sätze um die Ohren schmeißen.“