Sie dominieren nicht nur Social Media, sondern zunehmend auch das Marketing: Influencerinnen und Influencer werden immer wichtiger – und verdienen aus verschiedenen Gründen Beachtung.
Sie sind die Stars des 21. Jahrhunderts: Influencer. Für viele junge Menschen sind sie Vorbilder geworden, für immer mehr Unternehmen wichtige Werbeträger. Die Branche rund um Content Creator auf Instagram, TikTok, YouTube oder Twitch wächst zunehmend. Mit geschätzt 82 Millionen US-Dollar ist MrBeast, bürgerlich Jimmy Donaldson, der bestverdienende YouTuber der Welt. Rund 383 Millionen Menschen haben seinen Kanal abonniert – kein anderer Kanal hat eine so große Followerschaft. Kein Wunder also, dass neben Werbedeals auch seine eigene Schokoladen-Marke durch die Decke geht. Für die 60-Gramm-Tafel darf da mal gerne ein Preis von um die 3,71 Euro gezahlt werden.
MrBeast ist nicht allein mit seinem Erfolg. Die deutschen Streamer Knossi und Trymacs haben im Frühling 2023 ihre eigene Pizzeria-Kette „Happy Slice“ an den Markt gebracht, Dagi Bee hat im selben Jahr gar ihre dritte eigene Marke aufgelegt. Bei einer Studie von Statista Global Consumer Survey mit Teilnehmern der „Generation Z“, also den zwischen 1995 und 2010 Geborenen, gaben 36 Prozent an, Content Creator als Inspirationsquelle für neue Produkte zu sehen, über die Hälfte der rund 1.000 Befragten gab an, bereits ein Produkt gekauft zu haben, dass sie bei einem Influencer sahen.
Das sind nicht nur eigene Brands. Werbekooperationen sind die größte Einnahmequelle von Influencerinnen und Influencern. Und immer mehr Firmen entdecken den Wert der Netz-Bekanntheiten. Firmen wie die Fast Fashion Brand Shein oder der Fitness-Supply-Hersteller ESN setzen beispielsweise fast ausschließlich auf Influencer-Marketing. Die Quality Group, zu der neben ESN auch More Nutrition gehört, hat laut eigenen Angaben rund 900 Influencer unter Vertrag. Im Jahr 2023 konnte das Unternehmen seinen Umsatz um etwa 50 Prozent steigern und setzte knapp 700 Millionen Euro um.
Kein Wunder also, dass Unternehmen immer mehr Geld in Influencer-Marketing stecken. Wo 2016 gerade einmal 1,7 Milliarden US-Dollar weltweit in diesen Bereich investiert wurden, wird für das Jahr 2025 mit etwa 32,6 Milliarden US-Dollar gerechnet. Dabei können selbst kleinere Influencer, sogenannte Micro-Influencer mit 10.000 bis 50.000 Followern pro Posting auf TikTok zwischen 25 und 125 US-Dollar einnehmen. Auf Instagram sind sogar zwischen 100 und 500 US-Dollar drin. Mit einer Reichweite zwischen 500.000 und einer Million Follower sind sogar zwischen 1.250 und 2.500 US-Dollar auf TikTok und 5.000 bis 10.000 US-Dollar auf Instagram möglich. Der Erfolg durch Influencer-Marketing ist schnell erklärt: Der Content ist persönlicher, wirkt weniger wie Werbung, eher wie die Empfehlung eines guten Freundes.

Durch den täglichen Konsum der Inhalte eines gewissen Content Creator entsteht eine Bindung – eine sogenannte parasoziale Beziehung, also eine Verbindung zu einer Person, die man nicht persönlich kennt, zu der man aber dennoch eine gewisse Nähe verspürt. Influencer nutzen genau das. Durch Einblicke in ihren Alltag, persönliche Ansprache ihrer Follower und das Schaffen einer Community erschaffen sie ein Vertrauensverhältnis.
Über 60 Prozent der zwischen 15- und 28-Jährigen und 45 Prozent der 29- bis 43-Jährigen verfolgen regelmäßig Influencer in den sozialen Medien. Besonders beliebt ist die Kategorie Comedy. Mit 225 Millionen Followern ist der in Italien lebende Khaby Lame mit seinen Parodien der TikToker mit der größten Reichweite weltweit. Eine seiner größten Kooperationen hatte der Sohn senegalesischer Einwanderer mit der Modemarke Hugo Boss, die Lame 450.000 US-Dollar zahlte, um bei der Mailänder Fashionweek für sie zu laufen und diesen Gang auf TikTok zu begleiten.
Schaffen eines Vertrauensverhältnisses
Doch nicht alles, was glänzt, ist Gold. Denn der Einfluss von Influencern kann missbraucht werden: Versteckte Werbung, Manipulation, politische Desinformation und idealisierte Körperbilder sind nur einige der Problemfelder, die in Bezug auf Influencer und Social Media weltweit immer wieder aufkommen. Die idealisierte Welt von Instagram und Co. kann gerade auf die Psyche junger Zuschauerinnen und Zuschauer großen Einfluss haben. Eine Erhebung des World-Health-Organization-Regionalbüros für Europa zeigt, dass eine häufige Nutzung sozialer Medien mit einem erhöhten Risiko für psychische Erkrankungen wie Angststörungen und Depressionen verbunden ist. Auch Essstörungen würden durch häufigen Konsum sozialer Medien begünstigt.
In dieser Welt bekommt Medienkompetenz einen immer höheren Stellenwert. Initiativen wie „Klicksafe“ haben es sich zur Aufgabe gemacht, Kinder, Jugendliche und ihre Eltern fit fürs Netz zu machen. In einer Bitkom-Umfrage gaben 75 Prozent der Befragten im Alter von zehn bis zwölf Jahren an, ein Smartphone zu besitzen. Auch wenn viele Social-Media-Plattformen erst ab 13 Jahren genutzt werden dürfen, tummeln sich etwa 44 Prozent dieser Kinder bereits auf Social Media – wenn man YouTube mit einrechnet, sind es sogar 80 Prozent.
Einige Akteure diskutieren über eine generelle Anhebung des Mindestalters auf 16 Jahre. In Australien wurde ein solches Gesetz Anfang 2025 beschlossen. Jugendschützer auch hier in Deutschland werben schon länger für strengere Regulierungen sogenannter jugendbeeinträchtigender Inhalte, die zwar nicht strafbar sind, aber dennoch einen negativen Einfluss auf Kinder und Jugendliche haben können. Dazu gehört neben Verherrlichung von Essstörungen zum Beispiel auch stark sexualisierte Selbstdarstellung – nicht zuletzt auf Plattformen wie OnlyFans, die selbst erst ab 18 Jahren genutzt werden dürfen, weshalb Creator für ihren dortigen Content teils offensiv Werbung auf anderen Plattformen machen, die auch von Minderjährigen genutzt werden können. Werbung und Werbende sprechen insbesondere eine Gruppe an: Teenager.
So müssen sich am Ende nicht nur Wirtschaft und Eltern, sondern insbesondere auch die Gesetzgebung auf das immer größer werdende Thema Influencer und Social Media einstellen. Denn verschwinden wird es definitiv nicht mehr.