Die US-Finanzwelt diskutiert den Bitcoin als mögliche neue Leitwährung. Europa aber will das Vertrauen in den Finanzmarkt nicht mit einer hochspekulativen Kryptowährung unterminieren.

Bitcoin, Ethereum oder $TRUMP – die Liste der Kryptowährungen ist lang. Ebenso lang ist die der Krypto-Millionäre, die im US-Wahlkampf an Trump-nahe Organisationen gespendet haben. Ihr Ziel: ein kryptofreundliches regulatorisches Umfeld. Allen voran die Winklevoss-Zwillinge, die 10,1 Millionen Dollar beisteuerten, ein Großteil davon in Bitcoin. Auch Elon Musk outete sich schon vor mehreren Jahren als Unterstützer. Kritiker sehen in den Spenden weniger politische Überzeugung als Marketing.
Trotzdem: Memecoins wie Trumps eigener $TRUMP-Token, der vor Amtsantritt ausgerollt wurde, sind längst Teil des politischen Entertainments. Während Bitcoin und Ethereum auf technologischen Grundlagen fußen, lebt der $TRUMP allein von der Beliebtheit seines Namensgebers. Der Memecoin spülte Trumps Unternehmen über 350 Millionen Dollar in die Kassen aus Transaktionsgebühren und Tokenverkäufen. Der rechnerische Marktwert der verbliebenen Coins liegt bei zehn Milliarden Dollar.
Trump macht Kasse mit Memecoins
Seit Anfang 2025 diskutiert die Finanzwelt nun eine alte Idee neu: Könnte Bitcoin den Dollar als Weltleitwährung ablösen? Larry Fink, Vorstandschef von BlackRock, brachte die Debatte mit einem offenen Brief ins Rollen. Er warnt vor der steigenden US-Staatsverschuldung, die 120 Prozent des BIP übersteigen wird, und sieht Bitcoins, „digitales Gold“, als möglichen Nachfolger des physischen Goldes. Der Gedanke dahinter: Hohe Schulden in den USA drücken auf den Wert des Dollars, die erratische Zollpolitik des Präsidenten zehrt das Vertrauen in die Währung zusätzlich rasch auf. Finks Kurswechsel ist markant. Lange Krypto-Skeptiker, setzt BlackRock nun auf Expansion: Der neu aufgelegte Bitcoin-ETF des Unternehmens hat ein Volumen von 16,7 Milliarden Dollar erreicht – fast so viel wie der bisherige Marktführer Grayscale.
Trumps gute Instinkte für eine öffentlichkeitswirksame Show sind auch hierbei erkennbar: Am 7. März unterzeichnete er ein Dekret, das Bitcoin als strategische Reserve verankert. Die USA besitzen aktuell rund 200.000 Bitcoins, meist aus beschlagnahmten Beständen, Marktwert: 17 Milliarden Dollar. Auch Staaten wie Großbritannien und China verfügen über nennenswerte Bitcoin-Reserven. Ein zentrales Argument der Befürworter: Inflationsschutz. Es wird nie mehr als 21 Millionen Bitcoins geben – mathematisch limitiert durch die zugrunde liegende Blockchain. Im Gegensatz dazu kann die US-Notenbank die Geldmenge beliebig ausweiten. Bitcoin gilt daher als Absicherung gegen Geldentwertung, besonders in Inflationsphasen. Auch praktisch hat der Bitcoin Vorteile: Er ist dezentral, unabhängig von Staaten, jederzeit transferierbar. Für Länder mit schwacher Währung und hohen Auslandsüberweisungen – sogenannten Remittances – ist das attraktiv. El Salvador etwa hat Bitcoin bereits 2021 als offizielles Zahlungsmittel eingeführt. Doch die Bilanz dort ist gemischt und wird vom IWF explizit als Mahnung gewertet.
Doch wo Licht, da auch Schatten. Denn eine Währung, die binnen Tagen 40 Prozent an Wert gewinnt und kurz darauf wieder abstürzt, eignet sich kaum als stabiles Leitmedium. So stieg der Bitcoin-Kurs nach Trumps Wahlsieg im Oktober 2024 auf 94.000 Dollar – nur um nach dessen wirtschaftspolitischem Irrlichtern auf unter 73.000 zu fallen. Die Volatilität ist ein systemisches Problem. Während der Dollar durch geldpolitische Instrumente wie Leitzinsen oder Offenmarktgeschäfte stabilisiert werden kann, unterliegt Bitcoin allein der Dynamik des Marktes. Eine „unsichtbare Hand“ gibt es, aber kein Korrektiv.
Gesetzeslage bleibt vage
Auch der regulatorische Flickenteppich ist problematisch. In Deutschland bleibt die Gesetzeslage vage: Der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD erwähnt Kryptowährungen nur am Rande. Eine Kapitalertragssteuer auf Krypto-Gewinne wird diskutiert, ist aber nicht konkretisiert. Stattdessen forciert die EU den digitalen Euro – einen staatlich kontrollierten Gegenentwurf zu Bitcoin. Hinzu kommt der ökologische Fußabdruck. Das sogenannte Mining verbrauchte 2023 laut Cambridge University mehr Energie als ganz Argentinien. In Zeiten der Klimakrise stellt sich die Frage, ob ein solches System zukunftsfähig ist. Auch das Argument der Dezentralität hat zwei Seiten. Die Anonymität vieler Kryptowährungen fördert illegale Aktivitäten: Geldwäsche, Steuerflucht, Darknet-Geschäfte. Zwar bemühen sich Plattformen zunehmend um KYC-Verfahren. Ein global einheitlicher Rahmen fehlt bislang. Zudem ist digitale Währung nicht überall gleich zugänglich. In Regionen ohne Internet oder mit geringer technischer Bildung bleibt sie faktisch unbrauchbar – ein Ausschlusskriterium für eine globale Leitwährung.
Geopolitisch ist der Dollar mehr als nur Zahlungsmittel. Er ist ein Hebel der Diplomatie. Sanktionen wirken, weil das weltweite Finanzsystem auf dem Dollar basiert. Eine dezentrale Alternative wie Bitcoin würde diese Macht untergraben. Kein Wunder, dass etwa Russland Interesse daran hat, den Dollar zu entthronen.

Internationale Institutionen wie der IWF und die EZB begegnen der Krypto-Euphorie mit Skepsis. Der IWF warnte bereits mehrfach vor der Einführung von Bitcoin als gesetzlichem Zahlungsmittel. In einem Papier von 2023 betont er Risiken für makroökonomische Stabilität, Kapitalflüsse und fiskalische Souveränität. El Salvador wird als warnendes Beispiel angeführt. Insbesondere sieht der IWF die geldpolitische Steuerung durch nationale Zentralbanken in Gefahr. Ohne Einflussnahme durch Zinsinstrumente oder Liquiditätshilfen könne in Krisen kaum gegengesteuert werden, denn bis heute sind Kryptowährungen, deren Volatilität Märkte destabilisieren könnte, selbst keinesfalls steuerbar. Auch EZB-Präsidentin Christine Lagarde äußert sich deutlich: Bitcoin sei „hoch spekulativ“ und eigne sich „in keiner Weise“ als Leitwährung. Ende Januar sagte Lagarde, dass die Reserven liquide, sicher und frei von Verdachtsmomenten auf Geldwäsche oder kriminelle Aktivitäten sein müssten. Stattdessen treibt die EZB den digitalen Euro voran – eine digitale Zentralbankwährung, die Vertrauen und Kontrolle verbinden soll. Erste Pilotversuche laufen, 2026 könnte der Roll-out beginnen. Der digitale Euro wäre staatlich garantiert, reguliert und inflationssteuerbar – ein hybrider Kompromiss zwischen Freiheit und Verantwortung.
Auch der IWF sieht in solchen CBDCs (Central Bank Digital Currencies) den besseren Weg zur Digitalisierung der Finanzsysteme. Es gehe nicht um ein Verbot privater Kryptowährungen – sondern um klare Regeln, demokratische Kontrolle und wirtschaftliche Resilienz.
Denn eines ist sicher: Eine Welt, in der ein US-Präsident seine Anhängerschaft mit Memecoins abzockt und Krypto-Miner das Klima anheizen, ist keine, in der reines Vertrauen auf einen nur scheinbar rationalen Markt als Sicherheit taugt. Die Debatte über eine Ablösung des Dollars als Leitwährung wird weitergehen.