Mit elf Grand-Slam-Titeln, fünf Wimbledon-Siegen und 109 Wochen auf Platz eins der Weltrangliste wurde er in den 70ern zur Tennis-Legende. Nach seinem frühen Karriereende brachte er ein Mode-Label auf den Markt. Heute vermarktet der 67-Jährige Unterwäsche.
Eis-Borg laute damals Björn Borgs Spitzname, weil der Schwede in der Regel stoisch und immer cool seine Tennis-Matches bestritt. Die „Eiseskälte“ sei oft aber auch ein wenig Fassade gewesen, gestand Borg 2021 der „Welt“. Manchmal sei man als Spieler so frustriert, dass man gerne schreien möchte: „Aber trotzdem musst du das drinnen lassen.“ Ihm habe da besonders eine dreimonatige Sperre geholfen, die er als Dreizehnjähriger wegen eines Wutausbruches auf dem Court bekommen habe. Später gab Borg zu, dass er hinter den Kulissen durchaus zart besaitet war. Er habe manchmal nach Spielende in der Kabine geweint und vor Matches oft nächtelang kaum geschlafen. Anfang der 80er-Jahre habe er sogar eine Art Burn-out entwickelt, der letztlich zu seinem ersten Rückzug 1983 führte.
Eine Art Burn-out Anfang der 80er
Besonders Borgs Rivalität mit dem US-Amerikaner John McEnroe, die 1980 in dem spektakulären Wimbledon-Finale gipfelte, sorgte damals für viel Aufmerksamkeit in der Tenniswelt und hat 2017 sogar zum Kinofilm „Borg/McEnroe – Das Duell zweier Gladiatoren“ geführt. Heute sind die beiden „Streithähne“ längst ausgesöhnt und der Amerikaner bezeichnete den ehemaligen Gegner als „meinen besten Rivalen, meinen großartigen Freund Björn Borg“. Er profitiere inzwischen sogar von dessen Herrenwäsche-Marke: „Er gibt mir immer kostenlose Unterwäsche, wenn ich nach Stockholm komme.“ Der Schwede, der in seinen besten Tagen jährlich rund 650 Tennisschläger verschlissen haben soll, begründete seinen unerwartet frühen Ausstieg damit, dass er nicht mehr 100 Prozent geben und deshalb ein Weitermachen vor sich selbst nicht mehr vertreten konnte. Auch habe er den Spaß am Tennis verloren. Zudem seien ihm die vielen Autogrammjäger nach und nach „unerträglich“ geworden, gestand Borg kürzlich dem Tennis-Magazin „Clay“. Er wollte „endlich wieder sein normales Leben zurück“. Heute seien die Champions trotz ähnlicher Fan-Begeisterung viel besser geschützt. Mit Borgs Rückzug verlor dieser Sport eine Kultfigur, einen Popstar, einen Mythos, über den Kollege Ilie Nastase bewundernd sagte: „Wir spielten Tennis. Er hat irgendwas anderes gespielt.“ Borg hatte ein großes Talent, eine vielfältige Schlagtechnik und eine enorme mentale Stärke. Er war immer voll auf Tennis fokussiert und soll sogar seine Ehefrau vor wichtigen Matches aus dem gemeinsamen Schlafzimmer ausquartiert haben.
1991 versuchte Borg ein Comeback, weil ihm langweilig war: „Ich habe andere Dinge ausprobiert, einige erfolgreich, andere nicht. Aber ich wollte mich wieder mit Tennis beschäftigen“, was bei den ersten Matches aber nicht sehr erfolgreich gelang, sodass er sich zwei Jahre danach endgültig von der Tour verabschiedete. Dann habe zum Glück Jimmy Connors seine Senior-Tour in den USA gestartet. „Und das war ideal für mich, wieder bei Connors, McEnroe, Vilas, Gómez und den anderen zu sein. Ich war glücklich. Ich habe meinen Platz gefunden“, betonte der Schwede, der eine Zeit lang auch als TV-Experte und Nachwuchstrainer tätig war. Seine vielen geschäftlichen Aktivitäten waren nicht immer von Erfolg gekrönt, 1996 musste er mit seiner „Björn Borg Design Group“ sogar Insolvenz anmelden. Heute macht das nach ihm benannte Wäsche- und Modelabel sehr erfolgreich hohe Millionenumsätze mit Sneaker-Schuhen, Parfüm und Accessoires, vor allem aber mit innovativen modischen Slips und Boxershorts. Das Label hat laut Unternehmens-Homepage seine Mission gestartet, „die Nummer-eins-Sportbekleidungsmarke für Aktive und Attraktive“ zu werden.
Ehrenamtlich für den Kinderschutz
In den vergangenen fünf Jahren hat Borg sich nach längerer Abstinenz wieder stärker in der Tennisszene engagiert und ist heute Kapitän des europäischen Laver-Cup-Teams.
In dieser Funktion verfolgt er auch die heutigen Tenniscracks sehr aufmerksam und kann neidlos anerkennen, dass er manchen seiner Rekorde an sie hat abtreten müssen: „Roger (Federer) und Rafa (Nadal) sind unglaublich, wahrscheinlich die beiden besten aller Zeiten“, bekannte er kürzlich bei „Clay“. „Es ist für mich eine Freude, Zeit mit ihnen zu verbringen.“ Verbundenheit mit dem aktuellen Tennissport hat Borg auch durch seinen 21-jährigen Sohn Leo, der sich als Profi 2021 erstmals in der Weltrangliste platzieren konnte: „Aber ich trainiere ihn nicht. Er hat sein eigenes Team“, betont Borg Senior. Manchmal, jedoch aber eher selten, frage Leo aber mal um seinen Rat.
Björn Borg gibt zu, dass er heute ein bisschen Angst vorm Älterwerden hat: „Nein, ich bin nicht glücklich, fast 70 zu sein. Aber ich habe ein großartiges Leben, eine großartige Familie, tolle Kinder.“
Presseberichten zufolge hat Borg vor fünf Jahren seine zu groß gewordene schwedische Villa verkauft und wohnt seitdem in einer Stockholmer Stadtwohnung und im Winter in seinem im Jahr 2021 angeschafften Haus auf den Kapverden. Ehrenamtlich engagiert Borg sich als Botschafter der World Childhood Foundation für den Kinderschutz.