Wir schreiben das Jahr 2029 – Willkommen zum 80. Jahrestag der DDR!
So beginnt das neueste Werk des Technik-Journalisten und inzwischen sehr erfolgreichen Science-Fiction-Autors Brandon Q. Morris. Und nein, es handelt sich nicht um Ostalgie, sondern um eine Dystopie, die zwar an viele wichtige Science-Fiction-Filme des Ostens wie „Solaris“ oder „Der schweigende Stern“ erinnert, doch tatsächlich vor allem eine Reminiszenz an den Roman „Picknick am Wegesrand“ von 1971 ist, der die Vorlage für den Film „Stalker“ war.
Natürlich stellt sich die Frage: Wie konnte sich die DDR nur weitere 40 Jahre unter Egon Krenz halten und zu Wohlstand kommen? Das klärt sich erst gegen Ende, doch zuvor benötigen etliche Protagonisten die Hilfe von Funk-Amateuren, weil sie bewusst oder ungewollt einer Organisation in die Quere kommen, die weit mächtiger geworden ist als das Ministerium für Staatssicherheit. Auch Mandy Neumann, die letzte Kosmonautin in einer eigenen DDR-Raumstation, ist den Mächtigen lästig geworden, und zwar nicht nur denen der DDR.
Brandon Q. Morris, der lediglich angesichts seines Pseudonyms Amerikaner zu sein scheint, geht hier zu seinen realsozialistischen Wurzeln zurück und fabuliert, wie sich das Land seiner Kindheit bis heute weiterentwickelt haben könnte, wenn es länger als 40 Jahre existiert hätte. Manches erscheint zunächst positiv, doch lange nicht alles. So wird klar, dass Freiheit etwas anderes wäre, die Guten auf allen Seiten sehr schwer zu finden sind – und vor allen Dingen nicht da, wo man sie erwartet. Selbst auf Roboter ist kein Verlass, und eine dunkle Wolke schwebt seit Jahren über der Zukunft – das ist durchaus wortwörtlich gemeint.
Während Brandon Q. Morris seine Figuren sonst ins Sonnensystem oder noch weiter weg aufbrechen lässt, entfernt er sich diesmal nicht weiter als einige Hundert Kilometer von der Erdoberfläche. Dennoch weiß man mitunter nicht mehr, wo oben und unten ist. Lesenswert!