Jenen Regionen der Welt, die von Politik und Wirtschaft vergessen zu sein scheinen, hat sich der britische Wirtschaftswissenschaftler Paul Collier verschrieben. In seinem Buch „Aufstieg der Abgehängten“ führt er Beispiele für gelungene und misslungene Transformationen an. Vielfach sind schon Geburtsort, ethnische Herkunft und Geschlecht natürliche Startvorteile, weshalb Collier das Bildungswesen als naheliegenden Kandidaten für politisches Versagen ausmacht.
Selbst Colliers Heimat bietet Anschauungsmaterial für seine Thesen: London prosperiert, die Provinz darbt. Dem britischen Schatzamt wirft er vor, allzu willfährig und kompromisslos die These seines Berufskollegen Milton Friedman nachzubeten, wonach der Markt alles richten werde.
Keineswegs, ruft Collier in seinem Buch immer wieder aus. Es brauche andere Mechanismen, um Städte oder Regionen aus ihrem Tief zu holen. Als Beispiele für eine Aufwärtsspirale nennt er Tansania und Singapur, wo charismatische Staatsmänner ihre Staaten aus der Schlusslichtposition herausgeführt haben. Sogar das einst durch Völkermord zwischen den Bevölkerungsgruppen der Hutus und Tutsis zerrissene Ruanda gehört heute laut Collier zu den wohlhabenden und stabilen Ländern Afrikas.
Botswana konnte zu einer der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt werden. Und China unter Deng Xiao Ping bezeichnet der Autor als bedeutendstes Beispiel einer transformativen Führung in der Menschheitsgeschichte. Gibt es allerdings weder Hilfe noch Selbsthilfe, versinken abgehängte Territorien weiter in ihrem Unglück, die Menschen verzweifeln oder rebellieren.
Nicht alles an Colliers Analysen ist neu, etwa dass schlechtes Regieren und Zentralismus den Niedergang beschleunigen können. Dennoch bleibt sein Buch interessant, weil es neue Einblicke in Staaten gibt, deren Auf- oder Abwärtsentwicklung man so noch nicht kannte.