CDU und SPD haben sich im Verkehrsbereich viel vorgenommen. Wie aus dem Koalitionsvertrag hervorgeht, sind für E-Autos neue Förderprogramme geplant. Doch es gibt auch Kritik.
Es gab eine Zeit, da meinte es der Staat mit der Förderung der Elektromobilität ernst. Bis Ende 2023 konnten sich Privatpersonen über einen staatlichen Umweltbonus von bis zu 6.750 Euro freuen, wenn sie sich ein neues Elektroauto zulegten. Die Förderung fand ein jähes Ende, nachdem das Bundesverfassungsgericht ein wegweisendes Urteil gefällt hatte. Das Geld für die E-Auto-Subventionen stammte nämlich aus Mitteln, die ursprünglich für die Corona-Pandemie vorgesehen waren. Sie nun für den Klima- und Transformationsfonds umzuwidmen, sei rechtswidrig, entschied das Gericht. Das Ergebnis ist bekannt: Abruptes Ende des Umweltbonus, Einbruch der E-Auto-Verkaufszahlen.
Jetzt möchte die neue Bundesregierung offenbar einen zweiten Anlauf starten. Wie aus dem Koalitionsvertrag hervorgeht, planen CDU und SPD neue Kaufanreize für Elektroautos. Geld genug ist da, denn der Klima- und Transformationsfonds wurde durch die Lockerung der Schuldenbremse mit 100 Milliarden Euro neu befüllt. Dass das Thema der Großen Koalition am Herzen liegt, merkt man schon an der Positionierung. Bereits auf der siebten Seite des 146-seitigen Dokuments heißt es: „Wir werden die E-Mobilität mit Kaufanreizen fördern.“ Ob damit konkret eine Rückkehr zum Umweltbonus gemeint ist, lässt das Papier allerdings offen. Danach werden aber eine Reihe von zusätzlichen Maßnahmen genannt, die in puncto Elektro-Förderung geplant sind.
So sollen elektrische Dienstwagen mit einem Bruttolistenpreis von bis zu 100.000 Euro steuerlich gefördert werden. Schon die Ampel-Regierung hatte das sogenannte Dienstwagenprivileg erhöht. Zuletzt lag die Grenze bei 70.000 Euro. Weiterhin geplant: eine Beibehaltung der Kfz-Steuerbefreiung für E-Autos bis zum Jahr 2035 sowie ein Förderprogramm für Haushalte mit geringem Einkommen. Auch den Ausbau der Ladeinfrastruktur sowie eine Förderung der Batteriezellfertigung nimmt sich die Bundesregierung vor.
Flottengrenzwerte werden aufgeweicht
Der Bundesverband eMobilität (BEM), ein Lobbyverband der Elektrobranche, spricht in einer Stellungnahme dazu von „Licht und Schatten für die Neue Mobilität“. Zwar enthalte das Dokument positive Signale, zum Beispiel in Hinblick auf die Ladeinfrastruktur, die Batterieproduktion und die E-Auto-Förderung.“ Aber: „Der große Wurf bleibt aus. Der Vertrag bleibt vage, die viel zitierte Transformation wird an entscheidenden Stellen verwässert.“ Kritisch sieht der Verband vor allem die sogenannte Technologieoffenheit, zu der sich das Verkehrsministerium bereits unter FDP-Führung bekannt hatte. „Anstatt sich klar zur emissionsfreien Mobilität zu bekennen, verlängert die Politik mit dieser Strategie die Unsicherheit für Industrie und Investoren“, moniert BEM-Vorstand Markus Emmert. Die Förderung von Plug-in-Hybriden werde trotz kritischer Klimabilanz fortgesetzt. „Auch das Ziel, Strafzahlungen bei Flottengrenzwerten zu vermeiden, deutet eher auf Rückzug als auf entschlossene Klimapolitik“, schreibt der Verband.
Aus der Wissenschaft kommen ähnlich verhaltene Stimmen. „Auch wenn der Koalitionsvertrag klare Akzente in Richtung Ausbau der Elektromobilität setzt, bleiben Signale für eine wirkliche Mobilitätswende aus“, sagt Manfred Fischedick, Präsident des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie, im Gespräch mit der „Rheinischen Post“. Neben dem Verzicht auf ein Autobahn-Tempolimit stört sich der Klimaforscher am mangelnden Willen, Verkehr zu vermeiden oder von der Straße zu verlagern. „Damit ist nicht absehbar, dass der ,Problemsektor Verkehr‘ einen adäquaten Beitrag zum Klimaschutz leisten kann“, kritisiert Fischedick.
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) wiederum argumentiert genau in die andere Richtung. „Das klare Bekenntnis zur Technologieoffenheit muss noch mit konkreten Ableitungen unterlegt werden“, beklagt der Lobbyverband in einer Pressemitteilung. Das gelte sowohl im Hinblick auf Plug-in-Hybride als auch hinsichtlich der CO2-Flottenregulierung.
Hintergrund der Debatte sind die sogenannten CO2-Flottengrenzwerte, die Automobilhersteller einhalten müssen. Der einfachste Weg dazu ist es, mehr E-Autos zu verkaufen. Werden die Abgasvorschriften nicht eingehalten, drohen empfindliche Geldbußen. Allerdings hat die EU-Kommission bereits eine Lockerung angekündigt, um der Autoindustrie entgegenzukommen. Die Bundesregierung plant nun offenbar, die Flottengrenzwerte weiter aufzuweichen.
Dass allein die Ankündigung solcher Initiativen unangenehme Nebeneffekte haben könnte, zeigte sich schnell. So hat der Opel-Mutterkonzern Stellantis angekündigt, die Herstellung des E-Kleinwagens „T03“ in Polen vorerst einzustellen. Der Konzern hatte die Produktion in Zusammenarbeit mit seinem chinesischen Partner Leapmotor gerade erst hochgefahren. Gründe für den Produktionsstopp nannte Stellantis nicht, doch die Entscheidung verwundert. Sind es doch gerade Kleinwagen, die im Elektro-Sektor dringend gebraucht werden. Womöglich lag es an der Unsicherheit im zunehmenden Zollstreit mit den USA. Vielleicht spielt aber auch die Aussicht auf gelockerte Vorschriften eine gewisse Rolle. Ganz so eilig müssen sie es mit der Umstellung auf E-Autos ja nun nicht mehr haben – zumindest, wenn es nach dem Koalitionsvertrag geht.