Dieses Comeback konnte entweder einschlagen oder der größte Flop werden. Gut, dass es Ersteres geworden ist. Seit Linkin Park im September bekanntgab, mit neuer Frontstimme zurückzukehren, steht die Musikwelt Kopf. Wie würde das erste Album seit 2017 werden, als sich Sänger Chester Bennington das Leben nahm und die Band pausierte?
Das Beste vorneweg: Stimme und Präsenz von Emily Armstrong fügen sich bestens in den Kosmos der Band. Und vielleicht noch wichtiger: Rapper, Multiinstrumentalist sowie offensichtlich treibende Kraft Mike Shinoda versprüht so viel ansteckende Lust, dass man „From Zero“ einfach genießen kann.
Bereits die Vorab-Single, „The Emptiness Machine“ war ein Klassiker. Wie es sich für einen ordentlichen Spannungsbogen nach rund siebenjähriger Pause gehört, geht der Track zwar schnell, aber zurückhaltend los. Das ändert sich, wenn Emily Armstrong nach dem ersten Refrain Mikro und Energie übernimmt. Vor ihrem Scream hätte Chester Bennington den Hut gezogen. „Cut the Bridge“ schlägt in eine ähnliche Kerbe, ohne ausgelutscht oder repetitiv zu wirken.
Dass Emily Armstrong auch die ruhigen Töne stilsicher beherrscht, zeigt die Rock-Ballade „Over Each Other“, eine Abrechnung mit der Unfähigkeit, in Beziehungen normal kommunizieren zu können. Beim Growlen in den heavy Brettern „Casualty“, „Two Faced“ sowie „IGYEIH“ bekommt man fast Angst um ihre Stimmbänder, und beim Abschluss „Good Things Go“ schraubt sie ihr Organ noch weiter in die Höhe. Shinoda hat in der Pause seine Rap-Skills nicht verlernt, treibt „Stained“ voran, gibt „Heavy Is the Crown“ das Herz und legt einen zuckersüßen Flow über den schleppenden Beat bei „Overflow“. Das Bandgerüst – neu an den Drums Colin Brittain – liefert musikalische Hochleistung. Schwere Gitarren, treibende Bassläufe, das richtige Maß an Synthesizer-Einschüben und DJ’ing. So kann das gerne weitergehen.
Mit dem starken „Zweitdebüt“ weist das Ensemble alle kritischen Stimmen in die Schranken. Das perfektionierte Crossover zwischen Hard Rock, Nu Metal, Alternative und Electronica bleibt relevant. Und ist vielleicht wichtiger denn je.