Das Cover ist ziemlich bezaubernd. Aber gibt es auch Auskunft über den musikalischen Inhalt von „Sterner Stuff“? Vermuten ließe sich beim pastellfarbenen Anblick folgendes: Ist es Kuschel-Folk? Oder vielleicht Dream-Pop? Könnte es auch rosaroter Tanz-Pop sein? Oder etwa radikal experimenteller Stoff? Nun, die beiden ersten Optionen fallen definitiv weg. Die letzten beiden wiederum kommen der Angelegenheit in der Tat schon näher. Doch auch sie greifen dabei zu kurz.
Über Soft Violet ist nicht allzu viel bekannt. Höchstens wer in der Münchner Subkultur umtriebig unterwegs ist, wird Veronica Burnuthian alias Soft Violet als Multi-Instrumentalistin kennen – und womöglich auch eine ihrer extrem tanzbaren Live-Shows erlebt haben. Auch in diversen Band-Projekten (Spinnen, TAF) partizipiert die Künstlerin.
„Sterner Stuff“ ist nun ihr allererstes Solo-Projekt. Aber was erwartet denn nun den Hörer? Eine Wundertüte! Es pluckert, klackert, swingt, pocht, peitscht, kreiselt, schabt. So fließt ein wirklich ziemlich berauschendes Sound-Gebräu in die Ohren. Das Herz macht bumm, das Tanzbein zuckt, das Hirn staunt. Und das ist fürwahr keine geringe Kunst.
Wie macht sie das alles? Angeblich sind lediglich Synthesizer, Bass und Stimme involviert. Mag sein, gekoppelt sind diese Drei aber an überbordende Inspiration und einen unbedingten Stilwillen.
Man höre nur das extrem hypnotisierende, sechsminütige „Soft Violence“. Wie Soft Violet dieses feine Wortspiel inszeniert, ist kraftvollster, elegantester, auch dunkelster Elektro-Pop. Französische und englische Wörter geben sich raffiniert die Klinke in die Hand.
Der Gesang ist dabei klar und mystisch zugleich. Eine Menge Laurie-Anderson-Eigensinn steckt da drin, auch musikalisch. Manchmal grüßen Kraftwerk und Depeche Mode, bisweilen ertönen Techno-Beats. Sprich: Tanzen und Träumen wird mit „Sterner Stuff“ in ganz erstaunlicher, grenzenloser Eintracht ermöglicht. Der Schmerz, den Soft Violet während dieser berückenden 40 Minuten textlich verhandelt, wird so mühelos in Freude verwandelt.